Wem gehört das Bett? Und wie bin ich hierhergekommen? Wer sich am Morgen nach einer durchzechten Nacht diese Fragen stellt und keine Antworten parat hat, leidet wohl unter einem Filmriss oder Blackout. Diese Art von Gedächtnisverlust tritt nach starkem Alkoholkonsum auf. Foto: Elnur/stock.adobe.com

Was war da gestern eigentlich los? Was ein Filmriss nach Alkoholkonsum mit unserem Gehirn macht

Jetzt noch schnell die fünfte Jahreszeit genießen. Die Fans von Fasching, Fasnet, Karneval & Co. sind schon in Hochform und haben ihre Wochenenden fest verplant. Spätestens am Aschermittwoch ist nämlich Schluss mit lustig. Bis dahin muss man auf Prunksitzungen, Faschingsbällen und den diversen närrischen Partys in Fest- und Turnhallen ausgelassen feiern. Das ist Stress nicht nur für die Leber, sondern auch für das vom Alkohol benebelte Gehirn, das zuweilen mit einem Filmriss reagiert und allzu peinliche Momente aus dem Gedächtnis löscht.

Was ist da bloß passiert?

Wie bin ich heimgekommen? Und wer ist die Person neben mir? Wer sich am Morgen nach einer durchzechten Nacht diese Fragen stellt, hat wahrscheinlich einen entscheidenden Teil der Faschingsparty nicht mehr auf der Festplatte im Gehirn präsent. Die Begriffe Filmriss oder Blackout beschreiben eine Form des Gedächtnisverlusts, der nach starkem Alkoholkonsum auftritt.

Menschen, die einen Filmriss erleben, können sich an bestimmte Ereignisse einer bestimmten Zeitspanne nicht erinnern, obwohl sie in diesem Zeitraum noch ansprechbar und handlungsfähig waren. Dieses Phänomen wird medizinisch als alkoholinduzierte Amnesie bezeichnet und betrifft primär das episodische Gedächtnis, in dem persönliche Erlebnisse gespeichert werden.

Auswirkungen von Alkohol auf das Gedächtnis

Damit Erinnerungen entstehen, müssen drei zentrale Prozesse im Gehirn reibungslos ablaufen:

  1. Enkodierung: Informationen werden wahrgenommen und verarbeitet.
  2. Speicherung: Die Informationen werden im Langzeitgedächtnis abgelegt.
  3. Abruf: Die gespeicherten Informationen können bei Bedarf abgerufen werden.
    Alkohol beeinträchtigt besonders den Prozess der Enkodierung und Speicherung, indem er die Aktivität im Hippocampus, einer wichtigen Gehirnregion für die Gedächtnisbildung, stört. Dabei hemmt Alkohol die sogenannte Langzeitpotenzierung (LTP) – ein Mechanismus, der für die Stärkung neuronaler Verbindungen und damit für das Lernen und Erinnern entscheidend ist.

Es gibt zwei Hauptformen des Blackouts:

  1. „En-bloc“-Blackout: Bei dieser extremen Form gehen Erinnerungen an eine gesamte Zeitspanne vollständig verloren. Es gibt keine Möglichkeit, sich später daran zu erinnern, da die Gedächtnisspeicherung in diesem Zeitraum völlig unterbrochen war.
  2. Fragmentarischer Blackout: Hierbei bleiben einzelne Bruchstücke der Erinnerung erhalten. In vielen Fällen können sich Betroffene durch äußere Reize (zum Beispiel Erzählungen oder Besuch des Erinnerungsortes) teilweise wieder an bestimmte Ereignisse erinnern.

Wie entsteht ein Filmriss?

Die Wahrscheinlichkeit eines Blackouts steigt mit mehreren Faktoren:

  • Alkoholmenge: Je mehr Alkohol konsumiert wird, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit eines Gedächtnisverlusts.
  • Trinkgeschwindigkeit: Schnelles Trinken, insbesondere von hochprozentigem Alkohol, erhöht das Risiko.
  • Alkoholart: Hochprozentige Getränke wie Schnaps oder Cocktails mit hoher Alkoholkonzentration führen schneller zu einem Blackout als Bier oder Wein.
  • Nüchterner Magen: Alkohol wird schneller aufgenommen, wenn nicht gegessen wurde.
  • Individuelle Toleranz: Menschen mit geringerer Alkoholtoleranz sind anfälliger für Blackouts.

Ab welcher Alkoholmenge tritt ein Blackout auf?

Es gibt keine exakt definierte Menge, ab der ein Blackout garantiert eintritt, doch einige Studien haben Schwellenwerte identifiziert. Dabei wird von einem Standardglas gesprochen, das zwischen 10 und 12 Gramm Alkohol enthält.

In der Praxis heißt das: Bei Bier wäre ein Standardglas dann ein gefülltes 0,3-Liter-Glas, bei Wein genügt ein „Achtele“-Glas mit 0,125 Liter Inhalt, bei Sekt reicht schon 0,1 Liter Schampus für die Alkoholmenge des Standardglases. Beim hochprozentigen Schnaps genügt ein 4-cl-Gläslein, um den Wert eines Standardglases zu beschreiben.

Das sind die möglichen Schwellenwerte, die jedoch individuell verschieden sind, weil regelmäßiger Alkoholkonsum, ein ausgiebiges Essen, der aktuelle Gesundheitszustand oder andere Faktoren eine gewichtige Rolle spielen können:

  • Frauen: Ein erhöhtes Risiko für Blackouts tritt ab etwa 7 Standardgläsern Alkohol auf.
  • Männer: Das Risiko steigt ab etwa 8 Standardgläsern.
  • Jugendliche: Aufgrund der empfindlicheren Gehirnstruktur kann bereits eine geringere Menge zu Gedächtnisverlusten führen.

Wer ist besonders für eine alkoholinduzierte Amnesie empfänglich?

  • Junge Menschen: Das jugendliche Gehirn ist besonders empfindlich gegenüber Alkohol, und Rauschtrinken kann bleibende Schäden verursachen.
  • Frauen: Aufgrund eines höheren Fettanteils und eines geringeren Wasseranteils im Körper haben Frauen eine langsamere Alkoholabbaurate als Männer und sind damit anfälliger für Blackouts.
  • Genetische Veranlagung: Studien zeigen, dass Menschen mit einer familiären Vorgeschichte von Alkoholabhängigkeit häufiger Blackouts erleben.
  • Erfahrungen mit früheren Blackouts: Wer bereits einen Blackout hatte, hat ein erhöhtes Risiko, erneut einen zu erleben, da das Gehirn möglicherweise empfindlicher auf Alkohol reagiert.

Wie hängen Filmrisse und Alkoholabhängigkeit zusammen?

Früher galt ein Filmriss als Zeichen einer manifesten Alkoholabhängigkeit. Heute weiß man, dass Blackouts bereits bei gelegentlichem Rauschtrinken auftreten können. Allerdings sind wiederholte Blackouts ein ernstzunehmendes Warnsignal für problematischen Alkoholkonsum und erhöhen das Risiko einer Abhängigkeitsentwicklung.

Studien zeigen, dass Menschen, die in jungen Jahren häufig Blackouts erleben, später ein höheres Risiko haben, alkoholabhängig zu werden.

Schädigen Filmrisse das Gehirn dauerhaft?

Häufige Filmrisse sind nicht nur ein vorübergehendes Problem, sondern können langfristige Folgen haben:

  • Schädigung des Hippocampus: Wiederholter übermäßiger Alkoholkonsum kann zu einer Schrumpfung dieser Hirnregion führen, was das Lern- und Erinnerungsvermögen dauerhaft beeinträchtigt.
  • Schädigung des Corpus callosum: Diese Gehirnstruktur, die beide Hirnhälften verbindet, kann durch Alkoholkonsum in Mitleidenschaft gezogen werden, was sich auf die Informationsverarbeitung auswirkt.
  • Erhöhtes Unfallrisiko: Studien zeigen, dass Menschen mit wiederholten Blackouts ein dreifach erhöhtes Risiko für alkoholbedingte Verletzungen haben.

Was sollten Alkoholkonsumenten bedenken?

Filmrisse sind ein ernstzunehmendes Zeichen für exzessiven Alkoholkonsum. Sie treten auf, wenn Alkohol die Gedächtnisbildung im Hippocampus stört und können langfristige Schäden im Gehirn verursachen. Besonders gefährlich ist schnelles Trinken großer Mengen Hochprozentigen. Auch wenn nicht jeder, der Blackouts erlebt, alkoholabhängig ist, sollten häufige Gedächtnislücken als Warnsignal betrachtet werden. Ein bewusster und maßvoller Umgang mit Alkohol ist entscheidend, um das Risiko für Filmrisse und langfristige gesundheitliche Folgen zu minimieren.     tok