
Impflücken „können gravierende Folgen für die einzelnen Menschen wie auch für die gesamte Bevölkerung haben“, warnt das RKI. Das Masernvirus kann sogar noch viele Jahre nach einer Infektion tödlich endende Komplikationen hervorrufen. Und die potenziell lebensbedrohliche Poliomyelitis (Kinderlähmung) kann zu irreversiblen Lähmungen führen – dabei ließe sich diese Krankheit durch konsequentes Impfen ausrotten. Foto: Azeemud-Deen Jacobs/peopleimages.com/stock.adobe.com
Impflücken in Deutschland: Menschen aller Altersgruppen laut RKI „unzureichend geschützt“
Bei Kleinkindern werden Impfserien oft zu spät oder gar nicht abgeschlossen. Bei Jugendlichen stagnieren die HPV-Impfquoten auf eher niedrigem Niveau. Und auch bei Erwachsenen-Impfungen ist Luft nach oben, so das Robert Koch-Institut (RKI).
Zu spät oder auch gar nicht: Vielen Kindern in Deutschland fehlt „der vollständige Impfschutz vor Erkrankungen wie Poliomyelitis (Kinderlähmung), Pertussis (Keuchhusten) oder Masern“, konstatiert das RKI. Auf Basis von Abrechnungsdaten der Kassenärztlichen Vereinigungen veröffentlicht das Institut regelmäßig bundesweite Impfquoten, wie Pharma-Fakten.de berichtet.
Verspätete zweite Masernimpfung gefährdet die kleinen Kinder
Demnach haben bis zum Ende des zweiten Lebensjahres nur 77 Prozent der Kinder die zweite Masern-Impfdosis erhalten – mehr als jedem Fünften fehlt somit ein kompletter Schutz gegen diese potenziell tödliche Viruserkrankung. Zwar wird die zweite Dosis oftmals bis zur Schule nachgeholt – im Alter von 72 Monaten liegt die Impfquote bei 92 Prozent; doch die Kleinen sind dadurch lange Zeit nicht ausreichend immunisiert.
Ähnliches gilt zum Beispiel für Diphtherie-Tetanus-Pertussis (DTP): „Seit dem Geburtsjahrgang 2020 ist ein Absinken der DTP3-Impfquote auf zuletzt 64 Prozent mit 15 Monaten zu beobachten“. Mehr als ein Drittel der Kinder hat im empfohlenen Alter also noch keine dritte Dosis erhalten. Zwar könne das teilweise durch eine Umstellung des von der Ständigen Impfkommission (STIKO) empfohlenen Impfschemas in 2020 erklärt werden. „Doch fehlten zuletzt 23 Prozent aller Kinder auch noch mit 24 Monaten die 3. Impfstoffdosis der in der Sechsfachimpfung enthaltenen Komponenten.“
HPV-Impfung: Nur die Hälfte will gegen Krebs vorbeugen
Nicht nur bei Kleinkindern ist Luft nach oben: Am besten im Alter von 9 bis 14 Jahren sollte gegen Humane Papillomviren (HPV) geimpft werden. Denn sie zählen zu den häufigsten sexuell übertragbaren Erregern – eine Infektion kann langfristig Krebs verursachen. „Die Impfung gegen HPV für Mädchen wird seit 2007 in Deutschland empfohlen.“ Seitdem stieg die Impfquote kontinuierlich an. Seit 2021 hat sie „jedoch ein Plateau erreicht und liegt aktuell bei 55 Prozent“ bei den 15-Jährigen. Für Jungen wird die Vakzine seit 2018 empfohlen.
Zuletzt waren jedoch nur 34 Prozent der männlichen 15-Jährigen vollständig geimpft. „Diese Zahlen verdeutlichen, dass ein Großteil der Jugendlichen ohne ausreichenden Schutz vor HPV-assoziierten Krebserkrankungen ins Erwachsenenleben startet“, so das RKI.

Regionale Unterschiede beim Impfen
Und bei den Erwachsenen? Die Impfungen, die ab 60 Jahren angedacht sind, „werden überwiegend nicht in Anspruch genommen“ – so erreicht Deutschland bei der Grippe nur eine Quote von 38 Prozent.
„Menschen in Deutschland in allen Altersgruppen“ sind laut RKI „unzureichend vor impfpräventablen Erkrankungen und deren Folgen geschützt. Zudem bestehen bei den Impfquoten große regionale Unterschiede.“ Besonders deutlich zeigt sich das an der zweiten Dosis gegen Masern im Alter von 24 Monaten: Die Spannweite liegt hier zwischen 55 Prozent (Sachsen) und 84 Prozent (Schleswig-Holstein).
Impflücken „können gravierende Folgen für die einzelnen Menschen wie auch für die gesamte Bevölkerung haben“, warnt das RKI. Die sogenannten „Kinderkrankheiten“ heißen nicht etwa so, weil sie wenig bedrohlich wären – sondern weil sie in der Regel so ansteckend sind, sodass die meisten Menschen bereits jung daran erkranken. Das Masernvirus kann sogar noch viele Jahre nach einer Infektion Komplikationen in Form von schweren Gehirnentzündungen hervorrufen, die tödlich enden. Und die potenziell lebensbedrohliche Poliomyelitis kann zu irreversiblen Lähmungen führen – dabei ließe sich diese Krankheit ausrotten. pm