
Frauen, die ab der 13. Schwangerschaftswoche eine Fehlgeburt erleiden, haben nun Anspruch auf einen gestaffelten Mutterschutz. Foto: fizkes/stock.adobe.com
Gestaffelter Mutterschutz: Das ändert sich jetzt bei einer Fehlgeburt
Frauen, denen es nicht möglich ist, eine Schwangerschaft bis zum Ende auszutragen, erhalten nun die Chance, sich vom Verlust zu erholen. Sie haben ab der 13. Schwangerschaftswoche ein Anrecht auf gestaffelten Mutterschutz. Der Bundestag hat das Mutterschutzgesetz entsprechend geändert. Bevor es voraussichtlich im April in Kraft tritt, muss es noch den Bundesrat passieren.
Mutterschutz bis zu acht Wochen
Künftig richten sich die Schutzfristen für Frauen nach der Dauer der Schwangerschaft. Wer zwischen der 13. und 16. Schwangerschaftswoche eine Fehlgeburt erleidet, hat zwei Wochen Anspruch. Von der 17. bis einschließlich 19. Schwangerschaftswoche sind es sechs Wochen. Der Schutz erhöht sich auf acht Wochen bis zur 23. Schwangerschaftswoche.
„Endlich wurde die Schutzlücke geschlossen,“ sagt Andrea Galle, Vorständin der mkk – meine krankenkasse. Bislang mussten sich Frauen, die vor der 24. Schwangerschaftswoche eine Fehlgeburt erlitten, aktiv um eine Krankschreibung bemühen – oftmals ohne Garantie, diese auch zu bekommen. Der gestaffelte Mutterschutz bietet betroffenen Frauen die Möglichkeit, sich zu erholen und so auch mögliche gesundheitliche Komplikationen zu vermeiden.
Große Mehrheit der Bevölkerung für gestaffelten Mutterschutz
Über mehrere Jahre hatten sich Aktivisten für die Gesetzesänderung eingesetzt. Den Bundestag erreichten mehrere Petitionen und eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht. Die parteiübergreifende Initiative zum gestaffelten Mutterschutz erhielt Unterstützung vom Bundesrat. Auch Krankenkassen engagierten sich öffentlich. Laut einer repräsentativen Forsa-Umfrage der mkk – meine krankenkasse unterstützen 9 von 10 Befragten den gestaffelten Mutterschutz.
Die Inanspruchnahme des gestaffelten Mutterschutzes beruht auf Freiwilligkeit. Das heißt, Betroffene können sich im Fall der Fälle entweder auf den neu geregelten gesetzlich vorgegebenen Mutterschutz berufen. Sie haben aber auch weiterhin die Möglichkeit, sich krankschreiben zu lassen.
„Es ist enorm wichtig, dass sich Frauen freiwillig entscheiden können“, sagt Andrea Galle. „Denn auch die durch eine frühe Fehlgeburt erlebten physischen und psychischen Beeinträchtigungen müssen verarbeitet werden. Das neue Gesetz ermöglicht nun, selbst über die Frage zu bestimmen, ob man schnell wieder arbeiten geht oder zu Hause bleibt.“ pm
Info
Einen Ratgeber zum Thema Fehlgeburt finden Sie unter https://meine-krankenkasse.de/fehlgeburt.
Seit ihrer Errichtung 1993 setzt sich die mkk – meine krankenkasse als gesetzliche Krankenkasse dafür ein, Gesundheitsversorgung zu verbessern und weiterzuentwickeln. Die Förderung von Innovationen und geschlechtsspezifischer Versorgung spielen dabei eine zentrale Rolle. Weitere Informationen unter www.meine-krankenkasse.de
„Eine Sternenstunde der Demokratie“
„Eine Sternstunde der Demokratie“, bezeichnete Leni Breymaier von der SPD die Abstimmung zum gestaffelten Mutterschutz nach Fehlgeburten. Dr. Franziska Krumwiede-Steiner von den Grünen betonte die Macht von Petitionen und dass demokratische Mehrheiten möglich sind, wenn miteinander gesprochen und verhandelt wird. Die Bundestagsvizepräsidentin Aydan Özoguz beendete die Aussprache mit einem Dank des ganzen Hauses an Natascha Sagorski: „Es werden viele Frauen davon profitieren, dass Sie den Mut hatten, diese Initiative anzustoßen“.
Initiatorin und Betroffene Natascha Sagorski bekam im Bundestag Standing Ovations und war tief gerührt: „Nachdem ich meine Petition vor fast genau drei Jahren gestartet und genau so lange gekämpft habe, war es ein unbeschreibliches Gefühl letzte Nacht im Bundestag dabei sein zu können, als der gestaffelte Mutterschutz Gesetz wurde. Ich bin den demokratischen Parteien sehr dankbar, dass sie gezeigt haben, dass die demokratische Mitte auch jetzt noch funktionieren kann.“
Kampagne „Leere Wiege – Volle Arbeitskraft“
Sie erlitt selbst eine Fehlgeburt und bekam von der behandelnden Ärztin, statt einer Krankschreibung die Aufforderung am nächsten Tag wieder arbeiten zu gehen. Seit 2022 setzt sich die Autorin und zweifache Mutter nun für eine Gesetzesänderung ein, sprach mehrfach im Bundestag und in verschiedenen Landesparlamenten, war sehr präsent in den bundesweiten Medien, startete die Kampagne „Leere Wiege – Volle Arbeitskraft“ und platzierte eine 2,5 Meter hohe leere Wiege vor dem Bundestag, zog mit anderen Frauen vors Bundesverfassungsgericht und fuhr monatlich von München nach Berlin.
Trotz des Regierungs-Aus ließ Sagorski nicht locker und konnte letztlich alle demokratischen Parteien von einem Ja zum gestaffelten Mutterschutz überzeugen. Mehrmals wurde vor der Entscheidung im Bundestag betont, dass Fehlgeburten leider normal sind. Jede dritte Frau erleidet einmal in ihrem Leben eine Fehlgeburt. Die Abgeordneten hoffen, dass nicht viele Frauen diese Regelung in Anspruch nehmen müssen, aber wenn sie sie brauchen, sind jetzt gute Verhältnisse geschaffen. Dank Natascha Sagorski. pm
