Beim Social Freezing werden der Frau reife Eizellen entnommen und tiefstgekühlt gelagert. Diese können dann Jahre später mittels künstlicher Befruchtung (Foto) im Körper der Frau zu einem Baby heranreifen. Foto: ATRPhoto/stock.adobe.com

Social Freezing: Fruchtbarkeit bewahren für eine entspanntere Familienplanung

Immer mehr junge Frauen schieben ihren Kinderwunsch auf, weil sie Karriereschritte machen möchten oder – sogar noch häufiger – noch nicht den richtigen Partner gefunden haben. Das Einfrieren von reifen unbefruchteten Eizellen stellt für junge Frauen eine Möglichkeit dar, die Realisierung ihres Kinderwunsches auf eine spätere Lebensphase zu verlegen. Ohne medizinische Indikation nennt man diese Methode Social Freezing.

Junge Patientinnen, die von einer schwerwiegenden Erkrankung betroffen sind und sich zum Beispiel einer Chemotherapie unterziehen müssen, bietet die Methode als sogenanntes Medical Freezing wiederum die Chance auf eine Schwangerschaft nach überstandener Therapie. Auch hier unterstützt die Kinderwunschambulanz der Frauenklinik am Universitätsklinikum Heidelberg (UKHD) im Rahmen des Netzwerks FertiPROTEKT Netzwerk e.V., wie das DeutschesGesundheitsPortal (DGP) berichtet.

Professor Dr. Ariane Germeyer, Ärztliche Leitung der Kinderwunschambulanz der Frauenklinik am UKHD, spricht im Interview über Social Freezing und Altersgrenzen. 

In welchem Alter interessieren sich Frauen für das Einfrieren der Eizellen?

Ariane Germeyer: Oftmals kommen die Frauen erst relativ spät zu uns, was die Optionen und Chancen des Fruchtbarkeitserhalts zum Teil einschränkt. Die Behandlung und Entnahme der Eizellen sollte möglichst bis zum 36. Lebensjahr abgeschlossen sein. Bei Frauen ohne Erkrankung, also ohne medizinische Indikation, kann das Social Freezing als eine Art „Berufsunfähigkeitsversicherung für die Fruchtbarkeit“ genutzt werden. Man investiert und legt etwas an, was man potenziell zur Verfügung hat. Das bedeutet nicht, dass man die Zellen für eine künstliche Befruchtung jemals in Anspruch nehmen muss. Aber wir bieten am UKHD gerne den Rahmen für Menschen, die das in Erwägung ziehen.

Wann wird so eine Erwägung besonders wichtig?

Ariane Germeyer: Eine Frau mit normaler ovarieller Reserve, also genügend Eizellen, kann tendenziell mit bis zu 40 oder 42 Jahren problemlos schwanger werden. Es gibt aber auch Frauen, die zum Teil auch schon mit Anfang 20 eine eher schlechte Eizellreserve aufweisen. Das Anti-Müller-Hormon (AMH) spielt hier als Marker eine Rolle. Meine Empfehlung wäre, als junge Frau den Spiegel dieses Hormons feststellen zu lassen. Bei einem eher niedrigen AMH-Spiegel kann das Social Freezing den Druck aus der Familienplanung nehmen.

Wie lange sollte man sich mit der Familienplanung Zeit lassen?  

Ariane Germeyer: Grundsätzlich gilt natürlich, je früher, desto besser. Nach Möglichkeit sollten die Zellen aber spätestens bis zum 50. Lebensjahr übertragen werden.

Wie viele Eizellen werden entnommen?

Ariane Germeyer: So viele Eizellen, wie der Körper mitbringt. Der Körper wird auf die Entnahme vorbereitet, das heißt medikamentös stimuliert, damit möglichst viele Eizellen heranreifen. Die Stimulation dauert 10 bis 12 Tage. Dazu gibt sich die Frau ab dem dritten Zyklustag selbst Spritzen. Dann folgt die Entnahme. Allerdings können wir nicht alle entnommen Zellen aufbewahren. Nur reife Eizellen sind später für die Umsetzung des Kinderwunsches nutzbar und sollten daher eingefroren werden. Daher fallen per se ein paar weg. Dazu kommt noch, dass jeder Körper anders reagiert. Das führt auch dazu, dass die Behandlung eventuell 2- oder 3-mal durchgeführt wird, bis eine Patientin eine ausreichende Zahl an Eizellen – optimaler Weise mindestens 15 Eizellen – zur Lagerung zur Verfügung hat.

Wie verläuft der Weg bis zum Social Freezing?

Ariane Germeyer: Eine Frau, die an Social Freezing interessiert ist, bespricht das am besten erst einmal mit ihrem Gynäkologen oder ihrer Gynäkologin. Der oder die stellt dann eine Überweisung für die Kinderwunschsprechstunde am UKHD aus. Beim ausführlichen Beratungsgespräch bei uns werden Risiken abgewogen und aufgeklärt. Bis dorthin ist auch alles erst einmal kostenlos. Die Behandlung an sich und die Medikamente zur Stimulation werden in Krankheitsfällen, beispielsweise bei einem Medical Freezing bei einer Krebserkrankung, von wenigen Ausnahmen abgesehen, von der Krankenkasse bezahlt. Jede Frau, die sich aber für Social Freezing entscheidet, sollte bedenken, dass sie für die Kosten ab circa 4000 Euro selbst aufkommen muss. DGP