
Ein Viertel der Kinder in Deutschland hat gesundheitliche Probleme durch Luftverschmutzung. Kinder aus Großstädten sind häufiger betroffen. Hier konzentrieren sich Feinstaub und Autoabgase. Foto: Nueng/stock.adobe.com
Luftverschmutzung: Ein Viertel der Kinder in Deutschland hat gesundheitliche Beschwerden
Ein Viertel der Kinder in Deutschland hat gesundheitliche Probleme durch Luftverschmutzung. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Forsa-Umfrage von Eltern und Kindern für den DAK-Kinder- und Jugendreport. Häufige Beschwerden sind Kopfschmerzen, Husten und Konzentrationsschwierigkeiten. Kinder aus Großstädten sind häufiger betroffen.
Mehr Aufmerksamkeit für Themenkreis Gesundheit und Klima
Für DAK-Chef Storm sind diese Zahlen und die aktuell hohen Feinstaubkonzentrationen in vielen Regionen Deutschlands ein deutliches Zeichen: Es braucht eine höhere Aufmerksamkeit für die Themen Gesundheit und Klima.
„Die aktuell schlechte Luftqualität in vielen Regionen Deutschlands und unsere Forsa-Befragung zeigen, dass die Thematik der Luftverschmutzung nicht unterschätzt werden darf“, sagt DAK-Vorstandschef Andreas Storm. „Wir brauchen mehr Aufmerksamkeit für die Themen Gesundheit und Klima – hier muss auch die Politik Akzente nach der Bundestagswahl setzen. Es geht um die Zukunft unserer Kinder.“
Kinder und Jugendliche in Großstädten mit deutlich mehr Gesundheitsproblemen
Laut Forsa-Umfrage geben 23 Prozent der befragten Eltern an, dass ihr Kind aufgrund schlechter Luftqualität beziehungsweise durch Luftverschmutzung in den letzten sechs Jahren gesundheitliche Probleme hatte. In der Selbstauskunft der Kinder waren es 32 Prozent. Zu den häufigsten Beschwerden zählen Kopfschmerzen, Husten, Konzentrationsschwierigkeiten, Allergien, Schlafprobleme und Kreislaufbeschwerden. Kinder und Jugendliche aus Großstädten berichten deutlich häufiger von gesundheitlichen Problemen durch Luftverschmutzung als Mädchen und Jungen als Kleinstädten.
Insgesamt aber stellen Eltern und Kinder der Luftqualität in Deutschland ein gutes Zeugnis aus. 87 Prozent der Eltern und 83 Prozent der Kinder bewerten die Luftqualität als sehr gut oder eher gut.
Kinder sind viel heftiger den Autoabgasen ausgesetzt
„Kinder sind gegenüber Luftverschmutzungen besonders exponiert, da sie proportional zu ihrem Körpergewicht mehr Luft und damit auch potenziell mehr Schadstoffe als Erwachsene einatmen. Da sich Kinder häufiger im Freien aufhalten und ihre Nasen und Münder sich häufig auf Höhe von Auspuffrohren von Fahrzeugen befinden, sind sie den Abgasen von Verbrennungsmotoren stärker ausgesetzt als Erwachsene“, erklärt die DAK auf ihrer Webseite zum „DAK Kinder- und Jugendreport 2024: Gesundheitsrisiko Luftbelastung“.
Föten und Kinder seien während ihrer ersten Lebensjahre gegenüber Luftbelastungen besonders vulnerabel, da sich neben den Lungen auch der gesamte Körper in der Entwicklung befinde und Schadstoffe im Vergleich zu Erwachsenen weniger effizient abgebaut werden könnten. Diese Personengruppe sei Luftbelastungen insbesondere in geschlossenen Räumen, etwa durch Zigarettenrauch, stark ausgesetzt.
Passives Rauchen birgt hohe Risiken für Kinder
Die in Zigaretten enthaltenen Substanzen reizen die Atemwege kontinuierlich. Besonders während der Pollensaison ist dies für Menschen mit Heuschnupfen problematisch, da das Atmen ohnehin schon erschwert ist. Zudem führt der Zigarettenrauch zu einer verstärkten Schleimproduktion im Nasen- und Rachenraum. Weiters kann bei Pollenallergikern Passivrauchen die Symptome wie Niesattacken, Fließschnupfen und Augenjucken deutlich verschlimmern. Unter anderem entwickelt etwa ein Drittel der in Raucherhaushalt lebenden Menschen mit Heuschnupfen später zusätzlich allergisches Asthma.
Und damit nicht genug: Bei Kindern, die bereits an besagter Allergie leiden, ist Tabakrauch einer der Hauptauslöser für Asthmaanfälle. „Daher sollten besonders Eltern von betroffenen Kindern darauf achten, sie vor dem schädlichen Rauch zu schützen. Denn: Schon wenige Minuten Passivrauchen können schlimmstenfalls solch einen Anfall auslösen“, klärt Markus Lindblad, Deutschland-Sprecher des Online-Händlers Haypp auf. Zur Risikogruppe zählen außerdem auch Kinder mit Neurodermitis, die genetisch bedingt ein höheres Risiko für die Entwicklung weiterer Allergien haben.
„Luftverschmutzung ist das größte umweltbedingte Risiko für die Gesundheit der Menschen in Deutschland und in Europa und ein Risikofaktor für alle großen Volkskrankheiten – Herz-Kreislauferkrankungen, Atemwegserkrankungen und Krebs. Studien zeigen außerdem, dass das Risiko für Kinder besonders ausgeprägt ist, da sie noch in der Entwicklung sind. Die Gesundheit wird schon im frühen Kindesalter, selbst schon im Mutterleib, durch Luftverschmutzung beeinträchtigt, mit lebenslangen Folgen.“
Dr. Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer
Zehntausende vorzeitige Todesfälle in Deutschland durch Luftverschmutzung
Zahlen der Europäischen Umweltagentur (EEA) belegen die gravierenden Folgen der unzureichenden Luftreinhaltung in Deutschland. Insgesamt gab es im Jahr 2022 in Deutschland 69.865 Todesfälle durch Luftverschmutzung aufgrund von Feinstaub (PM2,5) und 28.464 aufgrund des Dieselabgasgifts Stickstoffdioxid (NO2). Durch die Einhaltung der Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation hätten davon 32.628 beziehungsweise 9442 Todesfälle vermieden werden können.
Laut EEA sind im Jahr 2022 zudem 22.924 Todesfälle auf die Ozon-Belastung in Deutschland zurückzuführen. Um die Belastung der Atemluft mit Ozon zu reduzieren, muss vor allem der Ausstoß von Methan, dem wichtigsten Vorläuferstoff von Ozon, konsequent reduziert werden.
Junge Spitzensportler durch Luftverschmutzung gefährdet
Eine in Belgien durchgeführte Studie hat die potenziellen Auswirkungen der Luftverschmutzung auf die Atemwege von Spitzensportlern in ihrer Frühkarriere aufgezeigt. Während körperliche Betätigung bekanntermaßen die allgemeine Gesundheit verbessert, deutet die Studie darauf hin, dass intensive körperliche Aktivität in einer verschmutzten Umgebung als Stressfaktor für die Atemwegsbarriere wirken kann. Die Zusammenfassung wurde auf dem Jahreskongress der Europäischen Akademie für Allergologie und klinische Immunologie (EAACI) in Hamburg vorgestellt. Die Studie konzentrierte sich auf junge Elitesportler im Alter von 12 bis 18 Jahren und zielte darauf ab, die Exposition und Auswirkungen von Luftschadstoffen auf ihre Atemwege zu untersuchen.
„Unsere Studie unterstreicht die möglichen Auswirkungen der Luftverschmutzung auf die Atemwege von Spitzensportlern im frühen Stadium ihrer Karriere. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass intensives Training in verschmutzten Gebieten eine Herausforderung für die Gesundheit der Atemwege darstellen kann und zu einer erhöhten Hyperreaktivität und Dysfunktion der Atemwege führt. Es ist von entscheidender Bedeutung, das Bewusstsein für die potenziellen Risiken im Zusammenhang mit hoher Luftverschmutzung zu schärfen und Maßnahmen zum Schutz der Atemwege von Sportlern zu ergreifen“, kommentiert Janne Goossens, Doktorandin an der KU Leuven. pm/tok
Info
Im Rahmen der Studie wurden vom 8. bis zum 25. Juli 2024 insgesamt 1219 Elternteile oder Erziehungsberechtigte und jeweils ein zugehöriges Kind im Alter von 10 bis 17 Jahren nacheinander von Forsa mithilfe eines Online-Panels befragt. Die DAK-Gesundheit ist mit 5,5 Millionen Versicherten die drittgrößte Krankenkasse Deutschlands und engagiert sich besonders für Kinder- und Jugendgesundheit.
Weitere Informationen zum Thema Gesundheitsrisiko Luftbelastung gibt es auf der DAK-Website unter: DAK Kinder- und Jugendreport 2024: Gesundheitsrisiko Luftbelastung