Viele Wollteppiche sind gegen Motten behandelt, zum Beispiel mit Pyrethroiden, also Nervengiften, die Haut und Augen reizen und zu Kopfweh, Schwindel und Übelkeit führen können. Foto: Bluedesign/stock.adobe.com

Besser und giftfrei atmen: In Innenräumen konsequent Schadstoffe vermeiden

Besser leben – nur wie? Rund 90 Prozent unseres Lebens verbringen wir in Räumen. In der Raumluft reichern sich oft Schadstoffe an. Achten Sie darum bei Innenausbau und Einrichtung auf Ihre Gesundheit und lüften Sie regelmäßig. Wer nicht regelmäßig und ausgiebig lüftet, atmet daheim oft eine Luft ein, die richtiggehend krank machen kann.

Leiden Sie oft unter Müdigkeit, gereizten Schleimhäuten oder Kopfschmerzen? Dann könnten Teppich oder Tapete die Ursache sein. Vielleicht haben Sie erst kürzlich gestrichen, geklebt oder lackiert? Riecht die neue Schrankwand oder der Fernseher komisch? Hat Ihnen die unsachgemäße Dämmung Ihres Altbaus zu einer Luftfeuchte verholfen, die Schimmelpilze magisch anzieht? Gehen Sie den Symptomen auf den Grund.

Der Bodenbelag prägt die Raumluft

Die Wahl des Bodenbelags hat große Bedeutung für die Qualität Ihrer Raumluft. Grundsätzlich gilt: In Räumen mit glattem Boden ist die Luft doppelt so stark mit Feinstaub belastet wie dort, wo Teppichböden den Staub binden.

Doch viele Wollteppiche sind gegen Motten mit Bioziden behandelt. Dazu zählen Pyrethroide: Nervengifte, die Haut und Augen reizen und zu Kopfweh, Schwindel und Übelkeit führen können. Auch Teppichrücken und Kleber können Schadstoffe emittieren.

Weichmacher im Boden und im Blut von Kindern

PVC-Böden können Phthalate als Weichmacher enthalten, oft zu mehr als einem Drittel des Materials. Einige Phthalate wirken wie Hormone und können die Fortpflanzung schädigen. Sie sind nicht fest ans PVC gebunden und können in die Umgebung entweichen.

Im Hausstaub finden sich oft hohe Konzentrationen. Kinder sind besonders gefährdet, weil ihr Nervensystem noch nicht ausgereift ist und sie größere Mengen direkt über die Haut, die Atmung oder die Nahrung aufnehmen. Phthalat-Weichmacher lassen sich im Blut praktisch aller Kinder nachweisen.

Asbest in alten PVC-Belägen

Der BUND rät grundsätzlich von PVC ab. Sollten Sie noch alte PVC-Beläge aus den 70er und 80er Jahren ausliegen haben, können diese Asbestfasern enthalten. Lassen Sie zur Entsorgung Fachleute kommen – sonst könnten krebserregende Fasern frei werden.

Empfehlenswerte Alternativen sind Parkett, Fliesen, Linoleum oder Kork. Holzböden sollten wie alle Oberflächen aus Holz umweltfreundlich veredelt und versiegelt sein. Emissionsarme Öle, Lacke und Lasuren sind entsprechend gekennzeichnet.

Schwangere sollten nicht direkt vor der Geburt das Kinderzimmer streichen und neu einrichten. Föten reagieren besonders sensibel auf Schadstoffe. Foto: Stephanie Eichler/stock.adobe.com

Papiertapeten vorziehen, auf Farbinhalte achten

Auch bei Tapeten sollten Sie auf weichmacher- und chlorfreies Material achten. Vlies- oder Vinyltapeten bestehen aus aufgeschäumtem PVC. Für ein besseres Raumklima sorgen Sie, wenn Sie die Wände einfach streichen oder Papiertapeten verwenden (mit dem „Blauen Engel“).

Als Bestandteil von Lacken, Farben, Verdünnern, Klebstoffen, aber auch Tabakrauch oder Reinigungsmitteln atmen wir Lösemittel auf Schritt und Tritt ein. Das Umweltbundesamt hält sie für sehr bedenklich. Vor allem in Neubauten oder während und nach Umbauten und Renovierungen können sie die Raumluft stark belasten.

Leiden Sie trotz häufigem Lüften unter Müdigkeit oder gereizten Schleimhäuten, empfiehlt sich der Kontakt zu einer Expertin, die Ihre Raumluft misst. Der BUND rät zu lösemittelfreien Produkten. Achten Sie aber darauf, die Lösemittel nicht durch andere schädliche Substanzen zu ersetzen. Farben und Lacke auf der Basis natürlicher Rohstoffe bieten sich als Alternative an. Sie sind aber nicht automatisch emissionsärmer und für Allergiker*innen zum Teil sogar besonders problematisch.

Brom in Möbeln und Elektrogeräten

Möbel und Elektrogeräte können eine Fülle bedenklicher Chemikalien enthalten. Viele sind flüchtig und reichern sich ebenfalls in schlecht gelüfteten Räumen an. Der BUND warnt vor bromierten Flammschutzmitteln, die in älteren Polstermöbeln oder Computer- und Fernsehgehäusen enthalten sind. Diese Bromverbindungen stehen unter anderem im Verdacht, Krebs auszulösen.

Das Gleiche gilt für perfluorierte Tenside in Möbelpolituren (oder auch Wandfarben). Sie werden in der Natur schlecht abgebaut und reichern sich im Körper an. Polituren enthalten nicht selten auch synthetische Duftstoffe wie Lyral, das Allergien auslösen und die Fortpflanzungsfähigkeit einschränken kann.

Überhaupt Duftstoffe: Riecht Ihr neues Sofa auch nach Wochen noch unangenehm, sollten Sie es zu reklamieren versuchen. Behandeln Sie es nie mit anderen Duftstoffen, die ihrerseits Allergien auslösen können! Und natürlich können auch Alltagsdinge aus Weich-PVC wie Duschvorhänge, Tischdecken und sogar Spielzeug Weichmacher ausgasen und die Raumluft belasten.

Erst einmal durchlüften – Gefahr für Schwangere

Vor dem Einzug in einen Neubau oder renovierten Altbau sollten Sie gründlich lüften und frisch gestrichene Räume mindestens eine Woche, besser vier Wochen „ausstinken“ lassen.

Erwarten Sie ein Kind, sollten Sie nicht direkt vor der Geburt das Kinderzimmer streichen und neu einrichten. Gerade Schwangere sollten sich beim Renovieren zurückhalten. Föten reagieren besonders sensibel auf Schadstoffe.   pm

Informieren und auf Gütezeichen achten

Achten Sie zudem auf Gütezeichen. Vor allem: Informieren Sie sich: Das Chemikalienrecht REACH beinhaltet ein Informationsrecht zu besorgniserregenden Stoffen wie Weichmachern und Flammschutzmitteln. Hersteller sind verpflichtet, Ihnen binnen 45 Tagen Auskunft zu geben, ob diese Stoffe im Produkt enthalten sind. Nutzen Sie Ihr Recht, damit die Schadstoffe vom Markt kommen.

Der BUND hat eine App entwickelt, die Ihnen hilft, Kosmetika und andere Alltagsprodukte auf Schadstoffe zu überprüfen: www.bund.net/toxfox