2021 waren laut KKH-Statistik dreimal so viele Frauen wie Männer von einer Laktoseintoleranz-Diagnose betroffen. Foto: KomootP/stock.adobe.com

Laktoseintoleranz auf dem Vormarsch – Pflanzendrinks als Milchersatz mit Abstrichen

Immer mehr Menschen vertragen keine Kuhmilch. Nach dem Verzehr von Milch, Joghurt, Quark oder Käse leiden sie unter Übelkeit, Bauchkrämpfen, Völlegefühl, Durchfall oder auch Erbrechen. Ursache kann eine Unverträglichkeit gegen Milchzucker (Laktose) sein, sogenannte Laktoseintoleranz.

Enzym-Mangel bereitet Probleme im Darm

So erhielten rund 61 Prozent mehr Versicherte der KKH Kaufmännische Krankenkasse im Jahr 2021 diese Diagnose als noch 2011. Dabei waren 2021 dreimal so viele Frauen wie Männer betroffen. Laktoseintoleranz zählt zu den häufigsten Lebensmittelunverträglichkeiten in Deutschland. Sie kann sich im Lauf des Lebens entwickeln, zum Beispiel durch Darmerkrankungen oder Veränderungen der Darmflora, oder angeboren sein.

Ursache ist ein Mangel des körpereigenen Enzyms Laktase. Dies ist nötig, um den Milchzucker im Dünndarm aufzuspalten und zu verarbeiten. Geschieht das nicht, gelangt dieser unverdaut in den Dickdarm und kann zu Magen-Darm-Beschwerden führen. Eine Laktoseintoleranz sollte ärztlich abgeklärt werden. Wer mögliche Signale seines Körpers nicht ernst nimmt, riskiert, dass die Magen- und Darmschleimhaut geschädigt wird und es in der Folge zu Entzündungen oder Infektanfälligkeit kommen kann.

Laktose kommt in vielen Lebensmitteln vor

Vorbeugen lässt sich einer Milchzucker-Unverträglichkeit nicht. Im Gegensatz zu einer Milcheiweiß-Allergie ist sie jedoch nicht lebensbedrohlich. „Wer darunter leidet, sollte den Konsum von laktosehaltigen Produkten reduzieren oder sogar komplett darauf verzichten“, rät KKH-Ernährungswissenschaftlerin Dr. Anja Luci. „Anders als beispielsweise Sahne, Schmand oder Quark enthalten eine Reihe von Milcherzeugnissen wie Hartkäse oder Butter nur wenig Milchzucker, sind daher besser bekömmlich. Betroffene checken am besten selbst die jeweiligen Inhaltsstoffe und testen, ob sie bestimmte laktosearme Lebensmittel vertragen.“

Wichtig ist es, beim Lebensmitteleinkauf genau hinzuschauen. Denn Laktose kommt in etlichen Lebensmitteln vor, die das auf den ersten Blick nicht vermuten lassen. Suppen, Saucen, Fleisch- und Wurstwaren zählen ebenso dazu wie Brot, Backwaren, Gewürz- und Kräutermischungen, Tütensuppen und Pizzen, Schokolade und Speiseeis. Auch Medikamente können Milchzucker enthalten.

Milchersatz boomt, hat aber wenig Nähr- und oft viel Zusatzstoffe

Alternativen zu Kuh-, Schaf- oder auch Ziegenmilch sind laktosefreie pflanzliche Getränke. „Ob aus Hafer, Mandeln, Soja oder Reis, aus Kokos, Pistazien oder Erbsen: Pflanzendrinks sind nicht mehr nur bei Veganern beliebt, sondern bei der breiten Bevölkerung, gelten als nachhaltig und stehen für bewusste Ernährung“, sagt Expertin Luci.

Stellt sich die Frage, ob Milchersatzgetränke so gesund sind wie herkömmliche Milch. „Außer für Menschen mit Laktoseintoleranz oder einer Allergie auf Milcheiweiß haben sie keinen klaren Gesundheitsvorteil, im Gegenteil“, so Expertin Luci. „Kuhmilch ist reich an Vitaminen und Mineralien wie B12 und Calcium. Die meisten veganen Drinks enthalten hingegen viel Wasser und liefern kaum Nährstoffe. Teils werden allerdings künstlich Vitamine und Calcium hinzugesetzt. Ferner haben sie häufig einen hohen natürlichen Zuckergehalt, und nicht selten wird industriell sogar noch Zucker zugesetzt.“ Einige Milchalternativen enthalten zudem Stabilisatoren, Emulgatoren und Aromen, was sie zu hochverarbeiteten Produkten macht.

Der Expertentipp

„Ich empfehle den Sojadrink. Er enthält alle essenziellen Aminosäuren, ist sehr kalorienarm sowie reich an ungesättigten Fettsäuren, Folsäure und sogenannten Isoflavonen, die in geringer Zufuhr gegen Wechseljahrs-Beschwerden und Osteoporose helfen können. Eine gute Wahl ist auch Mandelmilch wegen ihres geringen Kaloriengehalts und des fehlenden Glutens“, so Ernährungswissenschaftlerin Luci.

Für Säuglinge und Kinder sind Sojadrinks jedoch ungeeignet. Denn ihr Nährstoff- und Energiegehalt ist wesentlich geringer als in Mutter- oder Kuhmilch. Zudem enthält Soja hormonähnlich wirkende Isoflavone. Auch Allergiker sollten Pflanzendrinks mit Inhaltsstoffen meiden, die sie nicht vertragen.

Wissenswertes

Milch darf nur heißen, was aus einem Euter von Kuh, Schaf oder auch Ziege kommt. Milchersatz muss daher klar erkennbar sein, zum Beispiel durch den Zusatz „Drink“.