Im weiteren Verlauf einer durch Spitzmäuse übertragenen Bornavirus-Infektion treten beim Menschen neurologische Symptome wie Sprach- und Gangstörungen auf, die rasch in ein Koma übergehen können. Die Sterblichkeitsrate dieser schweren Gehirnentzündung (Enzephalitis) liegt bei über 80 Prozent. Foto: Berit Kessler/stock.adobe.com

Infektionsherd Spitzmaus: Für Menschen endet eine Bornavirus-Infektion meistens tödlich

Kaum jemand hat hierzulande schon vom Bornavirus gehört. Dabei ist das Borna Disease Virus 1 (BoDV-1) ein zoonotischer Erreger, der beim Menschen eine schwere, meist tödlich verlaufende Gehirnentzündung (Enzephalitis) verursachen kann. Früherkennung und Impfung? Fehlanzeige. Therapie? Nicht spezifisch. Obwohl solche Infektionen durch Übertragung von Tieren auf den Menschen selten sind, sind sie aufgrund der sehr hohen Sterberate eine ernstzunehmende Gesundheitsgefahr.

Bis zu zehn Todesfälle durch das Bornavirus pro Jahr in Deutschland

Besonders betroffen sind ländliche Regionen in Bayern, Thüringen, Sachsen-Anhalt, Sachsen und benachbarten Landesteilen, in denen das Virus endemisch vorkommt. Seit der ersten Identifikation von BoDV-1 als Ursache für schwere Hirnentzündungen beim Menschen im Jahr 2018 wurden in Deutschland über 55 Infektionen nachgewiesen, von denen die Mehrheit tödlich verlief. Jährlich sterben fünf bis zehn Menschen in Deutschland an einer Bornavirus-Infektion.

Im Frühsommer 2025 wurden gleich zwei Todesfälle im Landkreis Pfaffenhofen an der Ilm in Bayern gemeldet. Beide Patienten stammten aus dem Stadtgebiet von Pfaffenhofen; die genauen Infektionswege wurden vom Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) untersucht.

Spitzmäuse sind Bornavirus-Überträger

Das Hauptreservoir von BoDV-1 ist die Feldspitzmaus (Crocidura leucodon), die das Virus über Urin, Kot und Speichel ausscheidet, selbst jedoch keine Krankheitssymptome zeigt. Die Übertragung auf den Menschen erfolgt vermutlich durch indirekten Kontakt mit kontaminierten Materialien oder Aerosolen, beispielsweise beim Reinigen von Schuppen oder Gartenhütten. Ein direkter Kontakt mit den Tieren ist nicht erforderlich. Eine Mensch-zu-Mensch-Übertragung wurde bisher nicht nachgewiesen.  

Aber: Nicht nur der Mensch ist ein Fehlwirt von BoDV-1. Es können auch andere Tiere infiziert werden. Bei Igeln, Schafen und Pferden zum Beispiel endet die Infektion ebenfalls oft tödlich. Katzenhalter sind in der Vergangenheit immer wieder an den Folgen der Bornavirus-Attacken erkrankt und verstorben. Aber hier ist wohl nicht die Katze selbst der Überträger, sondern die tote Spitzmaus, die der Schmusetiger ins Haus geschleppt hat. Nur ein kleiner Trost: Fehlwirte scheiden das Virus nach bisherigem Wissen nicht aus, eine Übertragung des Virus auf diesem Wege ist bisher nicht nachgewiesen.

Die exotischen Bunthörnchen gelten ebenfalls als Überträger einer Bornavirus-Variante. Deren Variegated Squirrel Bornavirus 1 (VSBV-1) ist auf den Menschen übertragbar. Im Frühjahr 2015 hatte Sachsen-Anhalts Umweltministerium die Tötung dutzender Bunthörnchen angeordnet. Drei Züchter der exotischen, aus Mittelamerika stammenden Nagetiere waren zuvor an einer tödlich verlaufenden Hirnhaut-Entzündung gestorben.

Lange Inkubationszeit, schwer und spät zu stellende Diagnose

Die Inkubationszeit von BoDV-1 ist nicht exakt bekannt, wird jedoch auf mehrere Wochen bis wenige Monate geschätzt. Die Erkrankung beginnt meist mit unspezifischen Symptomen wie Fieber, Kopfschmerzen und allgemeinem Krankheitsgefühl. Im weiteren Verlauf treten neurologische Symptome wie Sprach- und Gangstörungen auf, die rasch in ein Koma übergehen können. Die Letalität liegt bei über 80 Prozent, wobei die meisten Patienten innerhalb weniger Wochen nach Symptombeginn versterben. Dem Robert-Koch-Institut wurden seit Einführung einer Meldepflicht im Jahr 2020 bis zu sechs Fälle pro Jahr gemeldet. Der Schwerpunkt der Bornavirus-Infektionen liegt in Bayern.

Die Diagnose einer BoDV-1-Infektion ist aufgrund der unspezifischen Anfangssymptome schwierig. Ein sicherer Nachweis ist meist erst in fortgeschrittenen Stadien durch PCR-Tests von Hirnwasser oder Hirngewebe möglich. Es existieren weder ein Frühtest noch eine spezifische Therapie oder Impfung gegen BoDV-1. Behandlungsansätze beschränken sich auf antivirale und immunsuppressive Therapien, deren Wirksamkeit jedoch nicht belegt ist. Die hohe Letalität und die fehlenden spezifischen Therapieoptionen unterstreichen die Notwendigkeit weiterer Forschung und präventiver Maßnahmen. Eine erhöhte Aufmerksamkeit für die Erkrankung und ihre Symptome kann dazu beitragen, Infektionen frühzeitig zu erkennen und die Ausbreitung des Virus zu verhindern.

Kein direkter Kontakt zu Spitzmäusen

In Endemiegebieten wird empfohlen, den Kontakt mit Feldspitzmäusen und deren Ausscheidungen zu vermeiden. Beim Reinigen von potenziell kontaminierten Bereichen sollten Schutzhandschuhe und FFP2-Masken getragen werden. Lebende oder tote Spitzmäuse sollten nicht mit bloßen Händen berührt werden. Katzenbesitzer sollten darauf achten, dass ihre Tiere keine Spitzmäuse ins Haus bringen. Hat man eine gut schließende Plastiktüte zur Hand, kann man die tote Maus auch im Hausmüll entsorgen. Lag die tote Spitzmaus in einer staubigen Umgebung, sollte man zur Sicherheit die Kleidung waschen und sich selbst duschen und dabei die Haare gründlich waschen. tok