Drei von vier Krankheiten, die unter Menschen neu auftreten, entstammen aus dem Tierreich. Bei Krankheiten wie Vogel- oder Schweinegrippe und Affenpocken verrät der Name der Krankheit schon einen tierischen Überträger. Aber wer denkt bei Tuberkulose oder SARS oder COVID-19 sofort daran? Beispiele gibt es viele – und in der aktuellen Klimakrise könnten noch viele neue und gefährliche Krankheiten dazukommen. Foto: TarikVision/stock.adobe.com

Gesundheitsgefahr Zoonosen: 2,4 Milliarden Erkrankte und 2,2 Millionen Todesfälle pro Jahr

Evolutionär betrachtet stammen wir Menschen aus dem Tierreich. Deshalb ist es nicht überraschend, dass es Krankheitserreger gibt, die sowohl den Menschen als auch das Tier infizieren können. Das sind die so genannten Zoonosen. Über Fachkreise hinaus wurde der Begriff bekannt durch die COVID-19-Pandemie (auch eine Zoonose), aber verantwortlich sind sie für Krankheiten schon immer: Tollwut? Pest? Tuberkulose und Malaria? Alles Zoonosen.

Auch die Creutzfeld-Jakob-Krankheit (BSE), SARS oder Borreliose entstehen, weil wir uns mit Tieren eine Welt teilen. Als Erreger kommen Bakterien, Viren, Parasiten, Pilze oder andere biologische Einheiten wie Prionen (Proteine) in Frage.

Quelle: Bundesverband für Tiergesundheit e.V./Grafik: Pharma-Fakten.de

Zoonosen: 2,2 Millionen Tote jedes Jahr

Drei von vier Krankheiten, die unter Menschen neu auftreten, entstammen aus dem Tierreich. Auf 2,4 Milliarden Krankheitsfälle aufgrund von Zoonosen belaufen sich die Schätzungen – das ist fast jeder dritte menschliche Erdenbewohner. 2,2 Millionen von ihnen überleben die Erkrankung nicht. Auch in der Tierhaltung entstehen enorme Kosten: Beim Bundesverband für Tiergesundheit rechnet man mit über 20 Milliarden Euro an Verlusten durch Tiersterblichkeit – pro Jahr.

Dass die Gesundheitsrisiken durch zoonotische Erreger nicht nur abstrakt sind, zeigt das Projekt SpillOver; es ist gleichzeitig der Beleg dafür, dass Infektiologen die Arbeit in den kommenden Jahren nicht ausgehen wird. SpillOver ist eine „lebende“ Plattform auf der zurzeit 889 Viren nach ihrem Übertragungsrisiko gelistet und bewertet sind. Auf Platz 1: Ein Betacoronavirus mit einem „risk score“ von 97 (von 155). Die Plattform wurde entwickelt, um der Wissenschaft, aber auch der Politik Informationen an die Hand zu geben, um sich auf mögliche Erreger einer potenziellen nächsten Pandemie besser vorbereiten zu können.

One-Health: Gesund in einer gesunden Welt

Die Covid-19-Pandemie hat dem One-Health-Gedanken Auftrieb gegeben. Dahinter steht die Erkenntnis, dass Menschen nur gesund sein können, wenn sie mit den Tieren, mit denen oder von denen sie leben, auf einer gesunden Erde zusammenleben. Das bedeutet: Humanmedizin, Tiergesundheit und Klimaschutz müssen enger vernetzt werden – angesichts der Zahlen eigentlich ein logisches Muss.

Die One-Health-Forschung wird in Deutschland über das Bundesforschungsministerium koordiniert; mittlerweile sind sechs Ministerien involviert. Die Forschungsplattform setzt darauf, die Zoonosen-Forschung zu koordinieren und auch international zu verankern.

Denn auf die Forschung kommt es an: Nur sie kann die Antworten liefern, um die Entstehung und Verbreitung von Krankheiten zu antizipieren beziehungsweise deren Folgen rasch unter Kontrolle zu bringen: Die Erfolgskriterien? Vernetzt, interdisziplinär, grenzübergreifend – ganzheitlich halt. Denn eines ist sicher – auch wenn es keiner mehr hören will: Nach der Pandemie ist vor der Pandemie.

Weiterführende Links:
Nationale Forschungsplattform für Zoonosen
Bundesverband für Tiergesundheit (BfT): One Health