Vogelgrippe-Gefahr aus dem Kuhstall: Der Nachweis des Genotyps D1.1 des H5N1-Virus in Kuhmilch in den USA und dessen offenbar erhöhte Gesundheitsgefahr für den Menschen erfordern eine verstärkte Überwachung und Forschung. Einen Impfstoff gibt es aktuell noch nicht. Foto: Parilov/stock.adobe.com

Wie gefährlich ist die Vogelgrippe und der neue Genotyp D1.1 aus den USA?

Ausgerechnet jetzt könnte von den USA eine neue Pandemie ausgehen. Während US-Präsident Donald Trump wichtige Regierungsposten nicht nur im Gesundheitsbereich mit Impfgegnern und Wissenschaftsverweigerern besetzt und staatlichen Organisationen Maulkörben verteilt und damit den internationalen wissenschaftlichen Austausch behindert, gibt es neue Meldungen von der Vogelgrippe. Und die bereiten durchaus Sorgen.

Die Vogelgrippe, verursacht durch das Influenza-A-Virus H5N1, hat in den vergangenen Jahrzehnten weltweit immer wieder Ausbrüche verursacht. Während das Virus primär Vögel betrifft, sind auch Zoonosen, also Übertragungen auf den Menschen, dokumentiert. Jüngste Entwicklungen in den USA sorgen nun für erhöhte Aufmerksamkeit: Ein neuer Genotyp des H5N1-Virus, D1.1, wurde erstmals in Kuhmilch nachgewiesen. Dieser Fund wirft Fragen zur Gefährdungslage, möglichen Schutzmaßnahmen und Impfstrategien auf. Der Nachweis des Genotyps D1.1 stellt eine ernstzunehmende Entwicklung dar.

Der neue Genotyp D1.1 und seine Bedeutung

Im US-Bundesstaat Nevada wurde der Genotyp D1.1 in Kuhmilchproben identifiziert. Bisher war H5N1 bei Kühen nur in Form des Genotyps B3.13 nachgewiesen worden. Der Genotyp D1.1 war zuvor ausschließlich bei Wildvögeln festgestellt worden und scheint für den Menschen gefährlicher zu sein. Erste Berichte deuten darauf hin, dass Infektionen mit D1.1 schwerere Krankheitsverläufe verursachen können: In Louisiana starb eine ältere Person an Lungenversagen, und in Kanada musste ein 13-jähriges Mädchen wochenlang beatmet werden. Die erhöhte Pathogenität für den Menschen und das Potenzial zur weiteren Verbreitung erfordern eine verstärkte Überwachung und Forschung. Aktuell scheint das in den USA aus verschiedenen Gründen nicht so einfach möglich zu sein.

Mögliche Ausbreitung nach Deutschland

Die Wahrscheinlichkeit, dass D1.1 nach Deutschland gelangt, hängt von mehreren Faktoren ab. Der internationale Handel mit Vieh und Milchprodukten, insbesondere Rohmilch, stellt ein mögliches Risiko dar. Zudem könnten Zugvögel als Überträger fungieren, da D1.1 bereits bei Wildvögeln auf nordamerikanischen Flugrouten nachgewiesen wurde. Deutschland liegt auf mehreren Zugrouten von Vögeln, die über den Atlantik migrieren, was ein potenzielles Einfallstor für das Virus darstellen könnte.

Schutzmaßnahmen für die Bevölkerung

Noch ist in Deutschland keine neue Pandemie in Sicht. Dass es neue Masseninfektionen mit bislang bekannten, mutierten oder gänzlich neuen Erregern geben wird, ist allerdings durch die Klimakatastrophe und die Globalisierung in Zukunft eher möglich. Das hat das Coronavirus mit seinen Millionen Todesopfern bewiesen. Und so wie das Coronavirus weiterhin seine Opfer unter geschwächten Menschen mit Vorerkrankungen und Ungeimpften finden wird, so könnten auch neue Viren unseren Alltag nachhaltig prägen. Im Falle der Vogelgrippe und dem neuen Genotyp D1.1 kann man diverse Vorsichtsmaßnahmen treffen, an die COVID19-Prävention erinnern.

  1. Vermeidung von Rohmilchprodukten: Da das Virus in Rohmilch nachgewiesen wurde, sollten Verbraucher pasteurisierte Milchprodukte bevorzugen. Pasteurisierung zerstört das Virus effektiv.
  2. Kontaktvermeidung mit erkrankten Tieren: Personen, die in der Landwirtschaft arbeiten, sollten strenge Hygienemaßnahmen einhalten und den Kontakt mit offensichtlich kranken Tieren meiden.
  3. Persönliche Schutzmaßnahmen: Das Tragen von Schutzkleidung, Masken und Handschuhen in Risikobereichen kann das Ansteckungsrisiko verringern.
  4. Information und Aufklärung: Die Bevölkerung sollte über Symptome und Ansteckungswege informiert werden, um eine frühzeitige Erkennung von Infektionen zu ermöglichen.

Impfstoffentwicklung und Verfügbarkeit

Aktuell gibt es keinen spezifischen Impfstoff gegen den Genotyp D1.1. Die Entwicklung eines neuen Impfstoffs basiert auf der Verfügbarkeit der Gensequenz des Virus, die das US-Landwirtschaftsministerium bald veröffentlichen will. Die Impfstoffentwicklung durchläuft mehrere Phasen:

  1. Präklinische Forschung: Identifizierung der immunogenen Bestandteile des Virus.
  2. Klinische Studien (Phasen I-III): Testung auf Sicherheit, Immunogenität und Wirksamkeit.
  3. Zulassungsverfahren: Behördliche Prüfung und Freigabe.
  4. Massenproduktion: Herstellung in großem Umfang.

Dieser Prozess kann, selbst bei beschleunigten Verfahren, mehrere Monate bis Jahre in Anspruch nehmen. Die Produktionskapazitäten hängen von der Verfügbarkeit spezialisierter Produktionsanlagen und der Lieferkette für notwendige Rohstoffe ab. In einer pandemischen Situation könnten bestehende Influenza-Impfstoffplattformen angepasst werden, um die Herstellung zu beschleunigen.

Die deutschen Gesundheitsbehörden haben die Vogelgrippe bereits auf dem Schirm. Gründe für ein panisches Verhalten gibt es noch keine. Aber die Impfstoffentwicklung könnte schon einmal priorisiert werden, um eine potenzielle Pandemie zu verhindern oder deren gefährliche Folgen zu mildern. Aber das geht am schnellsten durch eine enge, transparente Zusammenarbeit internationaler Gesundheitsbehörden, die jenseits von politischen Ideologien auf wissenschaftlich fundierter Basis und aktuellen rationalen Erkenntnissen beruht. tok