Ein auffälliger Befund in den Blutgefäßen, die die Gebärmutter und damit auch den Mutterkuchen und das Kind versorgen, kann bedeuten, dass das Kind im Laufe der Schwangerschaft nicht mehr ausreichend versorgt wird. Eine Studie zeigt, dass Frauen, die Pentalong genommen haben, weniger schwer von einer folgenreichen Wachstumsverzögerung ihres Kindes betroffen waren. Foto: ViDi Studio/stock.adobe.com

Folgestudie: Profitieren Kinder aus Risikoschwangerschaften vom besseren Start mit PETN?

In einer multizentrischen Studie konnte ein Forschungsteam des Universitätsklinikums Jena zeigen, dass der Wirkstoff PETN das Risiko für Frühgeburten und Bluthochdruck in der Schwangerschaft senkt. Zum Nachweis der Sicherheit und des langfristigen Nutzens des Medikamentes setzt das Team jetzt die Untersuchung fort und verfolgt die Entwicklung der in der Studie geborenen Kinder bis zum 6. Geburtstag.

Im Jahr 2017 startete ein Forschungsteam um Prof. Dr. Tanja Groten vom Universitätsklinikum Jena ein groß angelegtes Studienprojekt: In einer randomisierten Doppelblindstudie in 14 Zentren untersuchte die Gruppe, ob der Wirkstoff Pentaerythrityltetranitrat (PETN) bei Schwangeren mit einer unzureichenden Durchblutung von Gebärmutter und Plazenta einer Mangelversorgung des Ungeborenen entgegenwirken kann. Über 300 werdende Mütter nahmen an der von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Studie teil. Sie zeigte, dass PETN das Risiko für Frühgeburten und Bluthochdruck in der Schwangerschaft senkt und auch die Versorgungssituation des Kindes leicht verbessert. Denn auch beim Geburtsgewicht, das in beiden Gruppen häufig sehr niedrig war, zeigten sich durch PETN Vorteile, die jedoch nicht signifikant waren.

Vorteile von PETN auch nach dem ersten Lebensjahr

Inzwischen sind die ersten Studienkinder im Vorschulalter und die Kinder sollen nun erneut untersucht werden „Eine interventionelle Studie in der Schwangerschaft erfordert immer die Nachbeobachtung der Kinder über eine längere Zeit, bevor eine medikamentöse Behandlung in der Schwangerschaft empfohlen werden kann“, so die Geburtsmedizinerin Tanja Groten. Die Nachuntersuchungen zwölf Monate nach der Geburt hatten bereits gezeigt, dass die Kinder der PETN-Gruppe durch die längere Reifezeit im Mutterleib und das etwas höhere Geburtsgewicht einen Entwicklungsvorteil im Vergleich zu den Kindern der Placebogruppe hatten.

„Wir laden alle im Rahmen der Studie geborenen Kinder rund um den sechsten Geburtstag zur Nachuntersuchung ein,“ sagt Dr. Carolin Ligges. Die Kinderpsychologin an der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Jenaer Uniklinikums leitet gemeinsam mit Tanja Groten die Folgestudie, die ebenfalls von der DFG gefördert wird. „Die Erhebung gibt uns die Möglichkeit, die kurz- und langfristigen Folgen der vorgeburtlichen Versorgungsbedingungen für die körperliche und neurokognitive Entwicklung der Kinder zu analysieren.“

Ist der Entwicklungsstand altersgerecht?

Das Studienteam wird die Familien anschreiben und neben den Ergebnissen der kinderärztlichen Vorsorgeuntersuchungen U7 bis U9 in einem Fragebogen um Angaben zu ihrem Kind erbitten, die ein möglichst detailliertes Bild des gesamten Entwicklungsstandes des Kindes erfassen. Wie steht es um Auffassungsgabe, Konzentrationsfähigkeit, Gedächtnis, Sprachvermögen und Motorik? Wie gehen die Kinder mit Gleichaltrigen, mit Bezugspersonen in Familie und Kindergarten oder mit ihren Gefühlen um?

Zusätzlich lädt das Studienteam zu Untersuchungen nach Jena ein, um in speziellen Analysen und Messungen weitere detailliertere Daten zu erheben, zum Beispiel zur Hirnreifung, der Motorik und der Konzentrationsfähigkeit. Allen teilnehmenden Familien bietet das Studienteam ein ausführliches Auswertegespräch an, gegebenenfalls mit Hinweisen auf weitere Untersuchungsmöglichkeiten oder etwaigen Förderbedarf.

Wie sicher ist PETN?

Das wichtigste Ziel der Studie ist die Prüfung, ob die Gabe von PETN in der Schwangerschaft sicher ist. Dass sich also auch nach mehreren Jahren kein Nachteil für die in der PETN-Gruppe geborenen Kinder zeigt, sie sich mindestens genauso gut entwickeln wie die Kinder der Kontrollgruppe. Darüber hinaus will das Studienteam testen, ob sich die im ersten Lebensjahr der PETN-Kinder abzeichnenden Entwicklungsvorteile im Vorschulalter manifestieren. Tanja Groten: „Das würde die positiven Langzeiterfahrungen bei den Müttern, bei denen wir weniger Herz-Kreislauf-Probleme sehen, ergänzen und wäre ein Argument, diese Medikation bei einer unzureichenden Durchblutung der Plazenta zu empfehlen.“

Welche Nachsorge ist nötig?

Unabhängig von dieser klinischen Prüfung will das Studienteam der Frage nachgehen, welche Nachsorge und Unterstützung Kinder mit einem sehr geringen Geburtsgewicht benötigen. Carolin Ligges: „Wir wissen, dass die vorgeburtliche Wachstumsverzögerung ein Risiko für körperliche und kognitive Entwicklungsstörungen darstellt, es gibt jedoch kein spezielles Nachsorge- oder Frühförderprogramm für diese Kinder. Unsere Erhebung kann aufzeigen, ob es hier eine Versorgungslücke gibt, und welche zusätzlichen Diagnose- und Fördermaßnahmen diesen Kindern zugutekommen könnten.“

Warum und wann wird PETN empfohlen?

Wird im Rahmen der Feindiagnostik eine unzureichende Durchblutung der Blutgefäße festgestellt, die die Gebärmutter versorgen, spricht man von einem pathologischen Dopplerbefund. Ein auffälliger Befund in den die Gebärmutter und damit auch den Mutterkuchen und das Kind versorgenden Blutgefäßen kann bedeuten, dass das Kind im Laufe der Schwangerschaft nicht mehr ausreichend versorgt wird. Dadurch verlangsamt sich im Laufe der Schwangerschaft das Wachstum des Kindes, manchmal wächst es gar nicht mehr.

Dann spricht man von einer intrauterinen Wachstumsverzögerung, deren Risiko in diesem Stadium zu rund 30% wahrscheinlich ist. Je nachdem, wie früh diese in der Schwangerschaft auftritt und wie stark sie ausgeprägt ist, kann dies für das Kind schwerwiegende Folgen haben. Oft müssen diese Kinder früher geboren werden. In vielen Fällen müssen die Ärzte hierbei sogar einen Kaiserschnitt empfehlen, da das Kind als Folge der Mangelversorgung dem Stress einer natürlichen Geburt nicht mehr Stand hält. In ganz seltenen, sehr schlimmen Fällen kann das Kind sogar im Mutterleib versterben.

Pentalong wirksam – keine Übertragung aufs Kind

Bisher ist wissenschaftlich noch nicht vollständig verstanden, warum es zu solchen Fehlversorgungen kommt. Es sind in den vergangenen Jahrzehnten viele Medikamente erprobt worden und es konnte gezeigt werden, dass mit Pentalong eine Verbesserung erreicht werden kann. Ein kleine Studie der Universitätsfrauenklinik in Jena hat gezeigt, dass bei Patientinnen in dieser Situation durch die Gabe dieses Präparates eine deutliche Verbesserung des weiteren Schwangerschaftsverlaufes erreicht werden konnte.

Festgestellt wurde zudem, dass die Kinder der Frauen, die Pentalong genommen haben, weniger schwer von einer Wachstumsverzögerung und ihren Folgen betroffen waren. Außerdem konnte in diesem Zusammenhang gezeigt werden, dass die Einnahme des Medikamentes in der Schwangerschaft gut vertragen wird und das Medikament nicht über den Mutterkuchen zum Kind übergehen kann.    pm

Projekthomepage: https://www.uniklinikum-jena.de/geburtsmedizin/PETN.html