In 5 % bis 10 % der Fälle kann sich eine EHEC-Infektion in das hämolytisch-urämische Syndrom (HUS) mit schweren Nierenschäden bis hin zum akuten Nierenversagen, Blutarmut und Blutplättchenmangel entwickeln – manchmal mit tödlichem Ausgang. Foto: substancep/stock.adobe.com

EHEC-Ausbruch: Suche nach der Ursache – deutlich mehr Infektionen im Südwesten

Nach den vergleichsweise plötzlichen und zahlreichen schweren EHEC-Erkrankungen in Mecklenburg-Vorpommern rücken Prävention und Datenlage bundesweit in den Fokus. Den jüngsten Behördenangaben zufolge wurden im nordöstlichen Bundesland seit Mitte August mehrere Dutzend Bakterieninfektionen erfasst – auffallend häufig bei Kindern. Ein Teil der Betroffenen wird stationär behandelt. Die Ursache ist weiter unklar.

Die Gesundheitsermittler prüfen Konsummuster und Proben. Ein Fortschritt in der Ursachenfahndung wurde am 6. September vermeldet, ohne dass bereits eine eindeutige Quelle benannt ist. Das Nationale Referenzzentrum in Wernigerode hat herausgefunden, dass der Ausbruchsstamm einem EHEC-Subtyp namens O45:H2 angehört, der offenbar in Deutschland nur selten vorkommt. Dafür sorge O45:H2 für schwere Krankheitsverläufe, was die große Zahl der betroffenen Kinder erklären kann. Durch die Identifizierung des Bakterienstamms, der wahrscheinlich in Mecklenburg-Vorpommern den EHEC-Ausbruch ausgelöst hat, könnte es leichter werden, der Infektionsquelle und damit auch deren Verbreitungsweg auf die Spur zu kommen. Letztlich dient diese Identifizierung auch dazu, andere, vereinzelte EHEC-Infektionen mit unterschiedlichen Bakterienstämmen als Auslöser und anderen Infektionsursachen auszusortieren, um sich dann auf die Ursachen des großen Ausbruchs zu konzentrieren.

EHEC-Zahlen steigen auch in Baden-Württemberg und Bayern kräftig

Parallel steigen die Basiszahlen in mehreren Ländern an. Für Baden-Württemberg meldete das Landesgesundheitsamt bis zur 34. Kalenderwoche 255 EHEC-Fälle, deutlich mehr als im Vorjahreszeitraum (182) – bei insgesamt 360 Fällen im gesamten Jahr 2024. In Bayern liegen die kumulierten Meldungen bis Mitte August bereits über dem Jahreswert 2024 (365 Fälle bislang in 2025 gegen 352 Fälle in 2024). In Deutschland wurden in den ersten 25 Wochen des Jahres 2025 mit 2201 gemeldeten EHEC-Infektion deutlich mehr Fälle als im Vergleichszeitraum des Jahres 2024 gemeldet.

Nach Angaben des Robert Koch-Instituts gibt es keine Hinweise darauf, dass die jüngsten EHEC-Ausbrüche in Mecklenburg-Vorpommern und Belgien zusammenhängen. Bei den Erkrankten in belgischen Seniorenheimen sei ein anderer EHEC-Typ nachgewiesen worden. Aus Belgien sind nach Behördenangaben bislang acht Todesfälle bekannt, Krankheitssymptome zeigten insgesamt 63 Personen. Die Fälle traten in acht Seniorenheimen auf, in vier weiteren Einrichtungen finden noch Untersuchungen statt. Während in Belgien vor allem ältere Menschen schwere Gesundheitsprobleme hatten, waren beim aktuellen EHEC-Ausbruch in Nordostdeutschland auffällig viele Kinder in recht kurzer Zeit mit EHEC infiziert.

So gelangen EHEC-Keime in den Körper 

Zumeist infiziert man sich mit EHEC-Bakterien über die Nahrung. Rohes oder nicht ausreichend durchgegartes Fleisch, Rohmilch, aber auch Gemüse und Sprossen können belastet sein. Schon eine winzige Menge reicht aus, um eine Infektion auszulösen. Aber ebenso ist verunreinigtes Trink- oder Badewasser als Ursache möglich, ebenso ein Kontakt zu Tieren. Rinder, Schafe, Ziegen, Rehe, Hirsche beherbergen EHEC im Darm, ohne im Normalfall daran zu erkranken. Selbst von Oberflächen mit Bakterienbefall geht eine Gefahr aus. Das können zum Beispiel Schneidebretter in der Küche sein.

Über Schmierinfektion können sich Menschen auch gegenseitig anstecken. Was die Sache noch zusätzlich problematisch macht: Die Bakterien verbleiben 5 bis 20 Tage im Stuhl, bei Kindern teilweise sogar Monate, was eine mögliche Weitergabe bei mangelhafter Hygiene erleichtern kann.

Warum ist EHEC gefährlich?

EHEC bildet gefährlich Shigatoxine. In vielen Fällen bleibt es bei Bauchweh und Durchfällen. In 5 % bis 10 % der Fälle kann sich die Infektion jedoch in das hämolytisch-urämische Syndrom (HUS) mit schweren Nierenschäden bis hin zum akuten Nierenversagen, Blutarmut und Blutplättchenmangel entwickeln – manchmal mit fatalem Ausgang. Besonders gefährdet sind Kinder, Hochbetagte, Immunsupprimierte. Etliche der infizierten Kinder entwickelten HUS und mussten auf Intensivstationen behandelt werden, teilweise mit Dialyse. 

Prävention und Hygiene ist der beste Schutz gegen EHEC-Bakterien

Für Verbraucher gilt: Wer keine EHEC-Infektion erleiden will, muss auf eine strenge Küchenhygiene, konsequentes Durchgaren, sorgfältiges Händewaschen achten und besondere Vorsicht bei Tierkontakt walten lassen. So kann man das Risiko erheblich reduzieren. Antibiotika sind bei EHEC-Verdacht der völlig falsche Behandlungsweg. Sie provozieren eher noch die Bakterien zu einer vermehrten Produktion der Shigatoxine. Bei blutigem Durchfall oder HUS-Anzeichen ist sofortige ärztliche Abklärung nötig. Das Robert Koch-Institut und das Bundesinstitut für Risikobewertung bieten Ratgeber und Merkblätter, die die Schutzmaßnahmen weiter vertiefen.

Händehygiene

  • 20 bis 30 Sekunden mit Seife die Hände waschen: Handflächen, -rücken, Fingerzwischenräume, Daumen, Nägel.
  • Zeitpunkte: Hände waschen vor dem Kochen/Essen, nach dem WC-Gang, nach einem Tierkontakt und nach Kontakt mit Rohfleisch.

Küchenhygiene

  • Garzeit und Temperatur: Fleisch (vor allem Hackfleisch und Geflügel) komplett durchgaren. Die Kerntemperatur sollte bei über 70 °C liegen, also bis praktisch kein rosa Saft mehr austritt. Warmhalte-Zonen vermeiden.
  • Trennung: Rohfleisch und rohe Eier strikt von verzehrfertigen Lebensmitteln trennen. Separate Schneidbretter und Messer benutzen. Alle Oberflächen und Utensilien heiß reinigen. 
  • Waschen: Obst, Salat, Kräuter gründlich unter fließendem Wasser waschen. Die Verwendung von Sprossen ist nur nach einer Erhitzung sicher.
  • Milchprodukte: Rohmilch meiden und nur pasteurisierte Produkte verwenden. Rohmilch ist für Kinder unter 5 Jahren, für ältere Menschen, Schwangere und Immunsupprimierte besonders riskant. Das Bundesinstitut für Risikobewertung rät diesen Gruppen grundsätzlich vom Verzehr von Rohmilch ab.

Besondere Settings

  • Streichelzoo und Landwirtschaft: Nach dem Tierkontakt Hände waschen. Bei der Gelegenheit den Kindern die Hygiene gleich aktiv beibringen.
  • Picknick und Grillen: Rohes und fertiges Fleisch getrennt aufbewahren und auf jeden Fall die Kühlkette beachten.
  • Kleinkinder und Kitagruppen: Gerade bei den Jüngsten muss auf eine strenge Händehygiene geachtet werden, da Kinder besonders intensiv auf EHEC-Bakterien reagieren. Erkrankte Kinder müssen zuhause bleiben, bis sie 48 Stunden symptomfrei sind.

Bei Erkrankung

  • Bei blutigem Durchfall/HUS-Zeichen (wenig Urin, starke Bauchkrämpfe) sofort in ärztliche Behandlung. Generell sollte man bei Zweifeln eine Infektion möglichst früh ärztlich abklären lassen. Dann heißt es, viel zu trinken (Elektrolyte).
  • Keine Antibiotika ohne ärztliche Indikation. Diese können das HUS-Risiko verschärfen.
Quelle: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), infektionsschutz.de, https://www.infektionsschutz.de/download/3949-1626962684-Piktogramme_Hygienetipps_300dpi.png/, CC BY-SA 4.0

Überblick auf die wichtigsten Magen-Darm-Erreger

Gastrointestinale Infektionen, etwa durch Salmonellen oder Infekte mit Noroviren, machen rund 60 % der in Deutschland meldepflichtigen Infektionskrankheiten aus und zählen zu den häufigsten gastroenterologischen Erkrankungen. Hervorgerufen werden die Infektionen hauptsächlich durch Viren, Bakterien oder Parasiten. Der beste Schutz vor den häufig von Erbrechen und Durchfall begleiteten Infektionen: regelmäßiges und sorgfältiges Händewaschen. Privatdozentin Dr. med. Birgit Terjung, Mediensprecherin der Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS), wies darauf hin, dass eine regelmäßige und sorgfältige Handhygiene dazu beiträgt, schätzungsweise rund die Hälfte der Durchfallerkrankungen zu verhindern. Dies gelte insbesondere auch in der Küche. „Das ist ein erhebliches Potenzial, vor allem mit Blick darauf, dass einige der Magen-Darm-Erkrankungen für vulnerable Gruppen wie Kinder und ältere Menschen lebensgefährlich sein können“, so Terjung.

Deutschlandweit schwanken die Meldezahlen; 2024/25 liegen teils nur vorläufige oder länderspezifische Werte vor. 

Campylobacter (bakteriell)

Häufigster bakterieller Durchfallerreger in Deutschland. Etwa 46.000 Fälle in 2024 (übermittelte Fälle; Inzidenz über 54/100.000). Campylobacter-Hauptquelle: Geflügel und Schlachtprozesse. Eine strenge Küchenhygiene ist die zentrale Prävention.

Salmonellen (bakteriell)

Typisch: Salmonellen lieben Eier und Geflügel. Es gibt saisonale Ausbrüche. Die Jahresgrößenordnungen von Salmonellen-Erkrankungen variieren im mittleren fünfstelligen Bereich. Innerhalb von 12 bis 36 Stunden kommt es nach der Infektion zu einem rapide einsetzender Krankheitsschub. Schwere Verläufe sind selten.

Noroviren (viral)

Die häufigste Noroviren-Ausbrüche gibt es in Heimen und Kliniken. 2025 gab es weltweit deutlich mehr Norovirus-Infektionen auf Kreuzfahrtschiffen. 2024 trafen Noroviren auf Festzelt-Besucher des Stuttgarter Frühlingsfestes, was zu rund 1000 Erkrankungen führte. Bundesweit schwanken die Meldeinzidenzen stark je Region. Saisongipfel ist im Winter.

Rotaviren (viral)

Dank einer Impfung sind Infektionen durch Rotaviren deutlich rückläufig, aber die Viren sich auch weiterhin saisonal aktiv. Das Robert Koch-Institut liefert laufend Lagebilder.

Clostridioides difficile (bakteriell)

Mit diesen Bakterien wird man vor allem in Krankenhäusern konfrontiert. Durch Therapien mit Antibiotika kann das Gleichgewicht der Darmflora unter Umständen so gestört werden, dass es zu einer Fehlbesiedlung mit diesen Bakterien kommt, die dann Gifte produzieren. Diese können eine ernsthafte Durchfallerkrankung auslösen. In schweren Fällen kann es zu einer lebensgefährlichen Sepsis kommen.   tok

Mal mehr, mal weniger gastrointestinale Infektionen

Bei EHEC-Infektionen ist die Sachlage klar: Es gibt in In Deutschland deutlich mehr davon als im Vorjahr, wenn man die Zahlen aus den ersten 25 Wochen des Jahres (etwa Mitte/Ende Juni) vergleicht. In diesem Zeitraum gab es 2201 gemeldete EHEC-Infektionen. 2024 waren in den ersten 25 Wochen nur 1592. Allein in der 25. Woche gab es in Deutschland 133 neue EHEC-Fälle. Steigende Zahlen auch bei den Norovirus-Infektionen. Bis zur 25 Woche gab es im Jahr 2024 beachtliche 50.703 Infektionen. 2025 sind es im Vergleichszeitraum schon 55.738 gemeldete Noroviren-Fälle. Besonders deutlich wird ist das Plus bei den Infektionen mit Rotaviren, deren Anzahl sich fast verdoppelt hat. 2024 gab es bis zur 25. Woche 14.118 Infektionen, 2025 sind es im gleichen Zeitraum schon 27.882 Fälle.

Dafür gibt es bislang weniger Fälle von Samonellose. In den ersten 25 Wochen des Jahres 2024 wurden 4484 Fälle verzeichnet, 2025 sind es bis zur 25. Woche nur 3810. Ähnlich es bei den Infektionen mit Campylobacter-Erkrankungen aus. 18.605 Fälle bis zur Woche 25 in 2024 stehen nur 17.466 Fälle in 2025 gegenüber. tok