In den ersten fünf Monaten in 2025 gab es 426 postmortale Organspenden, 44 mehr als 2024. Aber in Deutschland ist die Situation für rund 8100 Menschen auf der Warteliste für Empfänger von Organspenden immer noch dramatisch: Für sie ist eine Transplantation die einzige Hoffnung auf ein Weiterleben. Foto: vchalup/stock.addobe.com

Tag der Organspende: Mit einer Unterschrift Menschenleben retten und Lebenszeit schenken

Zum 43. Mal ruft der bundesweite Tag der Organspende am 7. Juni alle Bürger dazu auf, sich mit der Frage auseinanderzusetzen: „Organspende – ja oder nein?“ Ziel ist es, dass möglichst viele Menschen eine selbst bestimmte Entscheidung treffen und diese auch dokumentieren. Darauf hoffen über 8000 Menschen in Deutschland, die auf einer Transplantations-Warteliste stehen und für die eine Organspende die einzige Chance auf ein Weiterleben ist. Die zentrale Veranstaltung zum Organspende-Tag findet in diesem Jahr am 7. Juni in Regensburg statt, an dem Ort, an dem 1983 alles begann.

Vor 42 Jahren gab Siegfried Bäumel, zweifach nierentransplantiert und 2021 verstorben, als Vorsitzender der Hilfsgemeinschaft der Dialysepatienten und Transplantierten Regensburg den Anstoß für den ersten bundesweiten Tag der Organspende. Mit anfangs noch wenigen Mitstreitenden setzte er 1983 damit sein Vorhaben um, den Gedanken der Organspende in die Öffentlichkeit zu tragen. Mit Erfolg: Aus einer kleinen Initiative wurde über die Jahre eine Veranstaltung mit bundesweiter Ausstrahlung, die einerseits die Aufklärung über dieses Thema und andererseits den Dank an alle Organspender in den Vordergrund stellt.

Appell der Bundesgesundheitsministerin: Jede Entscheidung zählt

„Organspende rettet Leben – es gibt viele Menschen, die dringend auf eine Organtransplantation angewiesen sind. Wir brauchen daher deutlich mehr Organspenden als bisher“, betont Bundesgesundheitsministerin Nina Warken. „Deswegen appelliere ich an alle, die zu diesem Schritt prinzipiell bereit sind: Sprechen Sie darüber mit Angehörigen, dokumentieren Sie Ihre Entscheidung – ob in einem Organspendeausweis oder im Organspende-Register.“

Es klemmt immer wieder an der Zustimmung

Dass es beim Thema Organspende auf die Entscheidung und erst recht auf deren Dokumentation ankommt, verdeutlicht auch der Medizinische Vorstand der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO), Dr. med. Axel Rahmel: „Wir haben die medizinischen Voraussetzungen dafür, mehr Patienten auf den Wartelisten mit einer Transplantation zu helfen, aber es fehlen uns die Organe. In Deutschland warten Menschen viel zu lange auf ein Spenderorgan und viele warten vergeblich. Im internationalen Vergleich bilden wir ein Schlusslicht bei der Organspende.“

Annähernd die Hälfte der möglichen an die DSO gemeldeten Organspenden scheitert an einer fehlenden Zustimmung. Dies gilt insbesondere für die Fälle, in denen Angehörige entscheiden müssen, ohne den Willen des Verstorbenen zu kennen. Dabei zeigen die Analysen: Liegt ein schriftlicher Wille des möglichen Organspenders vor, erreicht die Zustimmungsrate zur Organspende etwa 75 Prozent. Allerdings ist ein schriftlicher Wille in nur rund 15 Prozent aller gemeldeten Fälle vorhanden.

Warten auf eine Transplantation dauert in Deutschland besonders lang

Rahmel führt weiter aus: „Auch wenn die aktuelle bundesweite Entwicklung der ersten fünf Monate in diesem Jahr mit 426 postmortalen Organspendern (2024: 382) positiv stimmt: Angesichts der nach wie vor dramatischen Situation von derzeit rund 8100 Menschen auf der aktiven Warteliste, deren einzige Hoffnung eine Transplantation ist, soll auch dieser Tag der Organspende wieder bundesweit ein Zeichen setzen und auf das Schicksal dieser Patientinnen und Patienten aufmerksam machen. Denn jeder einzelne Spender, jedes Organ zählt und kann über Leben und Tod eines schwerkranken Patienten entscheiden.“

Prof. Dr. Bernhard Banas, Leiter des Universitären Transplantationszentrums Regensburg, weist darauf hin, dass Wartepatienten in Deutschland im europäischen Vergleich eine wesentlich geringere Chance haben, überhaupt transplantiert zu werden. „Die Chance auf eine rechtzeitige Transplantation liegt für unsere Patienten – verglichen mit unseren europäischen Nachbarn – bei nur ca. 50 Prozent. Keine andere medizinische Disziplin muss über eine ähnliche Notlage berichten.“

Wenn aus Hoffnung geschenkte Lebenszeit wird

Eine starke Symbolkraft geht dabei am Tag der Organspende von der bildhaften Aktion „Geschenkte Lebensjahre“ aus, die den emotionalen Höhepunkt der Veranstaltung darstellt: Organempfänger halten Schilder hoch mit jeweils der Anzahl an Lebensjahren, die sie durch die Organtransplantation gewonnen haben. Als Schirmherr der Aktion erklärt Dr. Georg Kippels, Parlamentarischer Staatssekretär bei der Bundesministerin für Gesundheit: „Diese Schilder zeigen eindrucksvoll, was Organspende bewirken kann: mehr Zeit durch viele weitere Lebensjahre und sogar Jahrzehnte, die ohne eine lebensrettende Spende nicht möglich gewesen wären.“

Der jüngste Teilnehmer heißt Joris, ist 8 Jahre alt und lebt seit 7 Jahren dank einer Teilleberspende. Einer der ältesten Teilnehmer wird in diesem Jahr der 85-jährige Dr. Bernd Ullrich sein, der vor 42 Jahren ein Spenderherz erhielt. Als der Mensch, der weltweit am längsten mit einem Spenderherzen lebt, schaffte er es damit ins Guinness-Buch der Rekorde. Was alle Organempfänger verbindet, ist die tief empfundene Dankbarkeit für diese geschenkte Lebenszeit.

Bei ihm sind es mittlerweile 22 Jahre, die er durch die gespendete Niere erleben durfte: „Ich feiere jedes Jahr am 2. Juni meinen zweiten Geburtstag“, sagt Stefan Mroncz, stellvertretender Vorsitzender im Bundesverband Niere e.V. und ergänzt: „Diese Zeit ist das kostbarste Geschenk. 22 Jahre, die ich mit meiner Familie, meinen Freunden, meinem Beruf und meinen Hobbys verbringen durfte – Momente, die ich intensiv voller Wertschätzung und Dankbarkeit gegenüber meinem Spender bewusst erleben konnte.“

Geschenktes Leben in Bewegung

Was aus diesem Geschenk der Lebenszeit entstehen kann, werden im August dieses Jahres eindrücklich die World Transplant Games in Dresden zeigen. Die internationalen Spiele sind ein Zeichen der Solidarität und ein Fest des Sports für das Leben. Ein Treffen von Menschen, die durch Organspende verbunden sind: Transplantierte, Ärzte, Spenderfamilien und Pflegekräfte – alle, die über Grenzen hinaus an das Wunder der Organspende glauben und sich dafür engagieren. Die teilnehmenden transplantierten Athleten zeigen auf großer Bühne: Organspende bedeutet nicht nur überleben, sondern leben mit allen seinen Möglichkeiten und Facetten.   

In Baden-Württemberg warten über 900 Menschen dringend auf ein Organ

Zwar steigen die Organspende-Zahlen in Deutschland ganz leicht auf niedrigem Niveau an, dennoch fehlt es bundesweit, auch in Baden-Württemberg, weiterhin an dokumentierten Zustimmungen – das zeigt die aktuelle Statistik, die die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) im Vorfeld des Tags der Organspende am 7. Juni veröffentlicht hat. Der baden-württembergische Gesundheitsminister Manne Lucha fordert eine schnelle Einführung der Widerspruchslösung, um Leben zu retten und die Trendwende einzuleiten.

„Es überrascht mich leider nicht, dass auch im vergangenen Jahr über die Hälfte der möglichen Organspenden daran scheiterte, dass es an einer Zustimmung fehlte“, kommentierte Lucha die neusten Zahlen der DSO. Der Minister bedauerte in diesem Zusammenhang sehr, dass alle Bemühungen für die Einführung einer Widerspruchslösung in der vergangenen Legislaturperiode des Bundestags nicht zum Ziel geführt hatten. Baden-Württemberg war mit weiteren Bundesländern Mitantragsteller einer entsprechenden Bundesratsinitiative gewesen.

„An der Dringlichkeit einer Gesetzesänderung zur Einführung der Widerspruchlösung hat sich nichts geändert. Weiterhin versterben viele Patientinnen und Patienten, deren Leben mit einer Organtransplantation hätte gerettet werden können. Immer noch können dringend benötigte Organspenden nicht durchgeführt werden, weil es an dokumentierten Zustimmungen fehlt. Deshalb hoffe ich sehr, dass die parlamentarischen Beratungen für eine Widerspruchslösung in Berlin zügig wiederaufgenommen werden“, sagte Lucha. „Die in der letzten Legislaturperiode angestoßene Reform des Transplantationsgesetzes könnte endlich die Trendwende einleiten – hin zu einer Kultur der Organspende.“

Mehrheit steht Organspende positiv gegenüber

Laut der jüngsten Umfrage des Bundesinstitutes für Öffentliche Gesundheit (BIÖG) steht bereits eine deutliche Mehrheit von 85 Prozent der Bundesbürger einer Organspende positiv gegenüber.

Im Rahmen der aktuell geltenden Entscheidungslösung können Organe nur entnommen werden, wenn eine Zustimmung vorliegt. Liegt ein schriftlicher Wille des möglichen Organspenders weder vor noch ist er den Angehörigen bekannt, sinkt die Zustimmungsquote unter 25 Prozent. Dringend benötigte Spenderorgane gehen dann verloren. Menschen versterben, während sie auf ein Spenderorgan warten.

Sollte die Widerspruchslösung gesetzliche Grundlage der Organspende werden, bliebe die Organspende weiter freiwillig. Es müssten dann allerdings nur noch diejenigen, die keine Organe spenden wollen, ihren Widerspruch erklären. Alle anderen wären automatisch Organspender.

Entscheiden, dokumentieren und darüber reden

Am einfachsten ist es, seine Entscheidung auf einem Organspendeausweis im Scheckkartenformat zu dokumentieren oder in der Patientenverfügung zu berücksichtigen.

Seit März 2024 können Organspende-Erklärungen auch digital im zentralen Organspende-Register eingetragen werden. Im Fall einer möglichen Organspende sind die Krankenhäuser gesetzlich verpflichtet, bei diesem Register abzufragen, ob eine Erklärung vorliegt. Ein Treffer ist derzeit noch die große Ausnahme. Zu gering ist die Zahl der Einträge.

„Ich bin diesbezüglich eher konservativ und trage meinen Organspendeausweis weiterhin im Geldbeutel bei mir“, sagte Minister Lucha. Und weiter: „Ganz egal, wie man seine Organspende-Erklärung abgibt, bleibt es mit am wichtigsten, auch mit seinen Angehörigen darüber zu reden.“ pm/tok

Info

Tag der Organspende 2025

Statistiken zur Organspende (dso.de)

Statistiken zur Organtransplantation (dso.de)

BIÖG-Informationen zur Organ- und Gewebespende

Dankesbriefe für Organspenden

Erfahrungsberichte von Menschen, die mit Organspende in Berührung kamen