Weil auch der schnellste Rettungswagen bei lebensbedrohlichen allergischen Reaktionen eindeutig zu langsam ist, können Betroffene seit Mai 2025 in Deutschland Adrenalin per Nasenspray zur Überwindung der anaphylaktischen Reaktion einsetzen. Foto: Afshar Tetyana/stock.adobe.com

Notfallbehandlung bei lebensbedrohlichen allergischen Reaktionen: Nasenspray statt Spritze

In Deutschland sind Millionen Menschen von Allergien betroffen. Sie alle leiden mehr oder minder stark unter den Symptomen ihrer Erkrankung. Lebensbedrohlich allergische Reaktionen sind zum Glück selten. Betroffene bekamen bisher das Notfallmedikament Adrenalin per Spritze. Jetzt gibt es alternativ ein Nasenspray. Dessen Anwendung aber will gelernt sein.

Menschen reagieren auf die unterschiedlichsten Auslöser allergisch. Pollen, Nahrungsmittel, Medikamente, Insektenstiche oder Hausstaub sind dafür nur einige besonders bekannte Beispiele. Im Normalfall verursachen solche Allergene Beschwerden wie Niesen, juckende und tränende Augen, eine laufende Nase oder Ausschlag und juckende Haut. „In solchen Symptomen zeigt sich eine unangemessen starke Reaktion des Immunsystems auf eine eigentlich harmlose Substanz“, sagt Dr. Utta Petzold, Allergologin bei der BARMER.

Wie sich anaphylaktische Reaktionen zeigen

Allergien können die Lebensqualität Betroffener stark belasten. Doch nur in sehr wenigen Fällen sind allergische Reaktionen so stark, dass sie lebensbedrohlich werden. In der Medizin wird dieses Krankheitsbild Anaphylaxie genannt und Mediziner sprechen von einer anaphylaktischen Reaktion.

Prinzipiell können sie von jedem Allergen verursacht werden. „In den meisten Fällen werden sie aber durch Medikamente wie Penicillin, Insektenstiche, Tiergifte, Latex und einige Nahrungsmittel wie etwa Erdnüsse oder Eier ausgelöst“, so Petzold. Verursacht wird die Reaktion durch bestimmte Antikörper oder auch Immunglobuline. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass es daneben anaphylaktoide Reaktionen gibt, die direkt durch einen Stoff ausgelöst werden können. Ein typisches Beispiel hierfür sind Röntgenkontrastmittel oder bestimmte Schmerzmittel.

In ihren Symptomen sind beide Formen ähnlich. Die Reaktion beginnt wenige Minuten nach dem Kontakt. „Betroffene fühlen sich unwohl und unruhig. Ihr Herz schlägt sehr schnell, der Blutdruck fällt stark ab. Das kann auch zu einer Ohnmacht führen. Wenn die Atemwege zuschwellen, entsteht rasch Atemnot. „Diese Reaktionen können sehr schnell lebensgefährlich werden, sogar schon in ein bis zwei Minuten. Kreislaufzusammenbruch, Atemstillstand, Bewusstlosigkeit oder Krämpfe sind akute Gefahren, gegen die man sofort etwas tun muss“, betont die Ärztin. Andere Symptome sind sehr typisch für Allergien. Niesen, juckende und gerötete Haut, Husten, Schwellungen und Quaddeln auf der Haut sind ebenfalls möglich.

Hilfe bei Notfällen

Weil auch der schnellste Rettungswagen bei lebensbedrohlichen allergischen Reaktionen eindeutig zu langsam ist, wird Betroffenen seit Langem geraten, immer ein Notfallset mit bestimmten Medikamenten dabei zu haben. Eines dieser Medikamente ist der Wirkstoff Adrenalin, auch Epinephrin genannt. Bereits seit Anfang der 1980er Jahre gibt es dafür sogenannte Autoinjektoren, mit denen sich Betroffene in Notsituationen schnell Adrenalin spritzen konnten.

Seit Mai 2025 gibt es nun in Deutschland eine Alternative, bei der Adrenalin als Nasenspray angewandt wird. Es sorgt bei Erwachsenen und Kindern ab einem Körpergewicht von 30 Kilogramm dafür, dass die stärksten lebensbedrohlichen Reaktionen wieder zurückgedrängt werden. So erhöht sich zum Beispiel der Blutdruck wieder und mindert die Atemnot.

Nasenspray richtig anwenden

Dass das Nasenspray jetzt verfügbar ist, macht die Notfallversorgung von Allergikern leichter. Doch genau wie bei den schon seit Langem bekannten Notfall-Pens will die Anwendung des Nasensprays gelernt sein. „Die größte Unsicherheit sind mögliche Fehler bei der Anwendung des Nasensprays“, so Petzold. So darf es nicht vorgepumpt werden, es darf also keinen Test- oder Vorab-Sprühstoß geben. Allergiker sollten immer beide Nasensprays mit sich führen, die in der verordneten Packung liegen. Auf jeden Fall sollte man sich im Krankenhaus oder in der Arztpraxis genau erklären lassen, wie das Spray korrekt angewendet wird.

Allergischen Reaktionen vorbeugen

Die beste Vorbeugung für eine starke allergische Reaktion ist es, dem Allergen auszuweichen. „Leider sind Betroffene, die bereits eine anaphylaktische oder anaphylaktoide Reaktion gezeigt haben, darauf angewiesen, immer auf einen Notfall vorbereitet zu sein. Denn schon kleinste Mengen des Allergens können sie in Not bringen, auch wenn sie nur rein zufällig in den Körper gelangen. Ich rate deshalb, in jeder Lebenslage das Notfallset parat zu haben und sich genauestens darüber zu informieren, wie es richtig angewendet werden soll“, rät Allergologin Petzold.

Außerdem sollten Betroffene ihr Umfeld informieren, damit die Menschen in der Nähe richtig reagieren können, wenn es die Betroffenen selber nicht mehr können sollten. Und selbst wenn mit dem Notfallset die schlimmsten Symptome im Griff sind, sollte danach sofort ärztliche Hilfe in Anspruch genommen werden. Denn nach Abklingen der Medikamentenwirkung könnte es erneut zu Symptomen kommen, die schnell behandelt werden müssen.     pm