Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manne Lucha warnt angesichts des heißen Wochenende vor gesundheitlichen Risiken. „Ein erhöhtes Gesundheitsrisiko besteht für Säuglinge und kleine Kinder, Menschen mit Behinderungen oder chronischen Erkrankungen sowie vor allem für ältere und pflegebedürftige Menschen.“ Foto: studio v-zwoelf/stock.adobe.com

Es wird heiß und gefährlich: Klinik-Notaufnahmen erwarten mehr Hitzeopfer

„Der Südwesten wird Schwerpunkt der aktuellen Hitzewelle sein“, sagte Gesundheitsminister Manne Lucha am Freitag, 7. Juli. Insbesondere in Teilen Baden-Württembergs wird die Hitzebelastung bis zum Sonntag, 9. Juli hoch sein. Möglich sind laut Deutschem Wetterdienst Temperaturen von bis zu 35 Grad.

Gesundheitsminister Lucha warnt vor Risiken

Gesundheitsminister Manne Lucha warnt in diesem Zusammenhang vor gesundheitlichen Risiken und ruft dazu auf, die üblichen Hitze-Schutzmaßnahmen zu befolgen. „Ein erhöhtes Gesundheitsrisiko besteht für Säuglinge und kleine Kinder, Menschen mit Behinderungen oder chronischen Erkrankungen sowie vor allem für ältere und pflegebedürftige Menschen. Gerade im Alter und bei Pflegebedürftigkeit lässt das Durstgefühl oft nach. Ältere Menschen trinken dann weniger. Dadurch wird die Möglichkeit der Wärmeabgabe über das Schwitzen vermindert“, sagt Lucha.

Typische hitzebedingte Beschwerden sind beispielsweise Schwindel, Kopfschmerzen, Erschöpfung, Übelkeit und Erbrechen, erhöhter Puls und ein trockener Mund. Im Extremfall kann es zu lebensbedrohlichen Zuständen kommen. Der Minister betonte außerdem, dass Kinder oder gesundheitlich geschwächte Personen niemals – auch nicht für kurze Zeit – in einem geparkten Fahrzeug zurückgelassen werden dürften.

Vor starker UV-Strahlung schützen

Das Gesundheitsministerium wies in diesem Zusammenhang auch auf die Gefahren hin, die von ultravioletter Strahlung ausgehen. „UV-Licht kann unterschiedliche Auswirkungen auf den Organismus haben. Setzt man sich wiederholt ungeschützt oder zu lange der Sonne aus, sind die körpereigenen Reparaturmechanismen überfordert“, warnte Minister Lucha.

UVA-Strahlen erzeugen freie Radikale, die als Auslöser des gefürchteten schwarzen Hautkrebses gelten und die Kollagenstruktur mit der Folge vorzeitiger Hautalterung schädigen. UVB-Strahlen verursachen Sonnenbrand und können die Hautzellen zu Basalzell- und Plattenepithelkarzinomen (so genannter heller Hautkrebs) entarten lassen. Auch das Auge ist durch starken Einfall von UV-Licht einer hohen Belastung ausgesetzt: Hornhaut- und Bindehautentzündung sowie eine Schädigung der Netzhaut und der Linse können die Folge sein.

Daher ist es ratsam, sich möglichst im Schatten aufzuhalten sowie Sonnenschutzmittel und Sonnenbrillen mit UV-Schutz zu verwenden.

Klinik-Notaufnahmen erwarten mehr Hitzeopfer

Die Notaufnahmen der Asklepios Kliniken rechnen damit, dass am Wochenende und in den kommenden Wochen mehr Patienten als üblich wegen hitzebedingter Beschwerden behandelt werden. Da auch die Nächte den Prognosen nach so warm („tropisch“) werden wie seit Jahresbeginn nicht, gibt es nur wenig Erholung von der lähmenden Hitze.

Kopfschmerzen, Schwindel, Kreislaufprobleme sowie allgemeines Unwohlsein sind dann die typischen Symptome der Patienten, die sich in einer Notaufnahme vorstellen oder dorthin gebracht werden. Häufig ist Flüssigkeitsmangel Ursache für die Beschwerden. Insbesondere ältere Menschen reagieren dabei empfindlicher auf einen Flüssigkeitsverlust, zum Beispiel durch Schwitzen, weil bei ihnen der Anteil von Flüssigkeit am Körpergewicht nur 60 Prozent ausmacht.

Gefährlicher Flüssigkeitsmangel  

„Besonders gefährlich sind der Flüssigkeitsmangel und die direkte Hitzeeinwirkung“, erklärt Dr. Tobias Strapatsas, Chefarzt der Zentralen Notaufnahme im Asklepios Klinikum Harburg (Hamburg), die jährlich mehr als 60.000 Notfallpatienten behandelt, im Schnitt 160 pro Tag. An heißen Tagen erhöht sich der Flüssigkeitsbedarf mitunter erheblich und es kann zu einer Dehydrierung kommen. Der Mangel an Flüssigkeit im Körper ist dabei Folge von zu geringer Flüssigkeitsaufnahme und einem großen Flüssigkeitsverlust durch Schwitzen.

„Man darf nicht vergessen, dass unser Körper die Flüssigkeit benötigt, um lebenswichtige Funktionen aufrecht zu erhalten. Im Falle eines Flüssigkeitsmangels klagen die Patienten häufig über Kopfschmerzen, Schwindel, Kreislaufprobleme, Müdigkeit und allgemeines Unwohlsein. Aber auch eine Bewusstseinstrübung kann eine ernstzunehmende Folge der Hitze sein“, so Dr. Strapatsas. Außerdem gehen durch das Schwitzen auch wertvolle Mineralstoffe, die der Körper für seine Stoffwechselprozesse benötigt, verloren.

Kleine Kinder und Senioren besonders gefährdet

Insbesondere kleine Kinder sowie alte und kranke Menschen müssen in dieser Jahreszeit besonders vorsichtig sein, warnt der Notfallmediziner. Patienten mit Fieber, etwa bei einem Infekt mit dem Coronavirus, sollten die Sonne meiden und sich in Innenbereichen aufhalten. Bei Patienten mit Herzschwäche ist bei zunehmenden Beschwerden zeitnah der Hausarzt oder die Hausärztin zu kontaktieren. Tägliches Wiegen sowie regelmäßige Blutdruckkontrollen können zur Einschätzung des Flüssigkeitshaushaltes und der Kreislaufsituation dienen.

Kleine Kinder und ältere Menschen reagieren empfindlicher auf Flüssigkeitsverlust, vor allem durch Schwitzen. Bei Senioren macht der Anteil von Flüssigkeit am Körpergewicht nur 60 Prozent aus. Bei großer Hitze gehen mit dem Körperwasser immer auch Natrium, Magnesium und Calcium mit verloren. Und zwar vor allem aus den Körperzellen einschließlich Nervengewebe. Diese trocknen dann regelrecht aus.

Man wird dadurch müde und matt, die Reaktionsfähigkeit lässt nach, was unter anderem im Straßenverkehr riskant ist. Im Extremfall kann es zu regelrechten Verwirrtheitszuständen kommen. Aber auch das Herzkreislaufsystem ist gefährdet durch ein Versacken des Blutes mit Blutdruckabfall und durch Eindicken des Blutes mit Thrombose und Embolie.

„Über den Durst trinken“

Da im Alter auch das spontane Durstgefühl nachlässt, lautet eine der goldenen Regeln „Trinken Sie über den Durst“. In Einrichtungen wie Heimen oder Krankenhäusern wird regelmäßig zum Trinken animiert und anhand von Trinkplänen die Flüssigkeitsaufnahme auch kontrolliert. Ältere Autofahrer sollten ebenfalls ein Prinzip der Regelmäßigkeit pflegen, nämlich alle zwei Stunden eine Pause zum Abkühlen und Trinken einlegen. Dies ist umso wichtiger, da die fehlende Wärmeabgabe im überhitzten Auto fatale Folgen für Reaktionsvermögen und Körperkreislauf hat.

Warme oder kalte Getränke?

Kalte und eiskalte Getränke belasten den Körper deutlich mehr als wohltemperierte oder warme, denn er muss viel Energie aufbringen, um die Temperatur zu regulieren. Als Folge schwitzen wir noch mehr. Dadurch werden zusätzliche Kalorien verbrannt, mit dem Effekt, dass zusätzliche Körperwärme entsteht. Extrem kalte Getränke können außerdem zu Magenproblemen und Unwohlsein führen.

Deshalb der Hinweis: Auch warmer Pfefferminztee kann erfrischen und die Blutgefäße in Magen und Darm erweitern, sodass der Tee besser und schneller als kalte Getränke ins Blut gelangen kann.

Das sollten Sie unbedingt beachten

Während die meisten Menschen die Sommerwärme voll genießen, sollten vor allem ältere Menschen und Kinder vernünftig mit der Hitze umgehen. Diese Tipps haben die Experten der Asklepios Kliniken und vom Gesundheitsministerium Baden-Württemberg:

  • Tragen Sie leichte, nicht einengende, luftige und helle Baumwollkleidung in hellen Farben. Bei Sonneneinstrahlung sind auch eine helle Kopfbedeckung und Sonnenschutz angeraten.
  • Halten Sie sich möglichst in kühlen Innenräumen oder im Schatten auf.
  • Informieren Sie sich über klimatisierte Räume, die in Ihrer Umgebung für die Öffentlichkeit zugänglich sind, wie beispielsweise Bibliotheken.
  • Vermeiden Sie ungewohnte körperliche Anstrengung.
  • Tätigkeiten im Freien sollten auf die kühleren Morgen- und Abendstunden beschränkt werden.
  • Nutzen Sie die Abkühlung der Nacht und der frühen Morgenstunden, um Räume zu lüften.
  • Setzen Sie sich nicht der prallen Sonne aus (zum Beispiel bei der Arbeit im Garten).
  • Gönnen Sie sich eine verlängerte Mittagspause, machen Sie Siesta.
  • Nehmen Sie statt großer Mahlzeiten lieber mehrere kleine, leichte Mahlzeiten zu sich.
  • Bevorzugen Sie leichte Kost wie Gemüse, Fisch oder Obst.
  • Trinken Sie mehr als sonst, „immer über den Durst“, aber keinen Alkohol, nicht zu kühle Getränke – und möglichst nicht zu viele Softdrinks, denn die sind zucker- und kalorienreich. Geeignet sind Wasser, Saftschorlen, Suppen oder auch wasserreiche Früchte. Koffein ist nicht zu empfehlen.
  • Trinken Sie nicht zu viel auf einmal, denn pro Stunde können Sie nur 0,5 bis 0,8 Liter Flüssigkeit aufnehmen und sinnvoll verwerten. Am besten trinken Sie über den Tag verteilt jede Stunde ein Glas Wasser, auch wenn Sie noch keinen Durst haben.
  • Bei Hitze verbraucht der Körper mehr Natrium, Magnesium und Calcium. Deshalb ist es ratsam, dementsprechend angereicherte Mineralwässer zu trinken. Herz- und nierenkranke Menschen sollten allerdings aufpassen und ihren Arzt oder ihre Ärztin befragen, welche Wassersorten und Wassermengen für sie geeignet sind.
  • Achten Sie auch insbesondere auf Angehörige und Mitbürgerinnen und Mitbürger, welche diese Empfehlungen nicht selbständig umsetzen können.
  • Lassen Sie niemals Kinder oder Haustiere in einem geparkten Auto zurück.

Weitere Informationen und nützliche Tipps finden Sie zusammengestellt auf der Themenseite „Gesundheit und Hitze“ des Kompetenzzentrums Klimawandel und Gesundheit am Landesgesundheitsamt (LGA).

Im Notfall immer 112 anrufen!

Wenn es zu einem Hitzschlag oder Kollaps gekommen ist oder der Verdacht besteht, ist sofort der Rettungsdienst unter der Telefonnummer 112 zu verständigen. Bringen Sie die betroffene Person an einen kühlen Ort, lockern Sie die Kleidung, kühlen sie das Hitzeopfer mit feuchten Tüchern ab und reichen Sie Getränke, nicht zu kühl und nicht zu viel auf einmal.

Was bringt uns der Klimawandel noch?

Hitze wirkt sich in vielfältiger Weise auf den Körper aus. Überhitzung, Wasser- und Elektrolytverlust belasten vor allem das Gehirn, den Kreislauf und die Nieren. Bestehende Erkrankungen von Herz, Lunge und Nieren können sich verschlimmern und auch Frühgeburtsraten erhöhen sich bei Hitzewellen. Letztlich kann Hitze auch zum Tod führen, was die Sterblichkeit vor allem in Jahren mit sehr heißen Sommern deutlich erhöht.

Da Hitzewellen durch den Klimawandel bereits in den 2000er Jahren immer häufiger wurden und den Prognosemodellen zufolge weiter zunehmen werden, ist die gesundheitliche Gefährdung der Bevölkerung sehr hoch.

Bodennahes Ozon und versiegelte Städte

Zusätzlich zur hohen Temperatur können weitere Faktoren wie erhöhtes bodennahes Ozon, Pollenflug, Luftverschmutzung und intensive UV-Strahlung die Gesundheit während heißer Perioden beeinträchtigen. Ozon reizt beispielsweise die Augen und die Atemwege und kann wie Hitze ebenfalls zu Kopfschmerzen führen. UV-Strahlung schädigt Zellen in den Augen und der Haut, was ernsthafte Beschwerden wie Augenentzündungen, Linsentrübung, Sonnenallergie und Krebserkrankungen nach sich ziehen kann.

Das Auftreten von Hitzewellen an einem Ort ist vor allem beeinflusst durch die geographische Lage und den Versiegelungsgrad. Je dichter bebaut, desto mehr heizen sich Gebäude und Straßen tagsüber auf und kühlen nachts entsprechend weniger ab. Dieser Wärmeinseleffekt kann zu Temperaturunterschieden zwischen Stadt und Land von bis zu 10 Grad Celsius führen. In Baden-Württemberg sind also vor allem die größeren Städte betroffen, aber die Zunahme von Hitzebelastung durch den Klimawandel ist im ganzen Land spürbar.    pm