Bei der Leberschen kongenitale Amaurose (LAC) handelt es sich um eine seltene, angeborene Netzhauterkrankung, die durch Mutationen (Veränderungen) im sogenannten RPE65-Gen verursacht wird. Dadurch ist der Körper nicht in der Lage, ein Protein zu bilden, das für die Sehkraft erforderlich ist. Ein gentherapeutisches Medikament, das bei dieser Operation in der Gießener Augenklinik subrentinal injiziert wird, kann helfen. Bildrechte/Foto: RHÖN-KLINIKUM AG/UKGM

Erstmalig Gentherapie gegen drohende Erblindung eingesetzt

Gerade bei Kindern verlangt der Eingriff viel Erfahrung und eine hohe Expertise, erklärt der Chirurg PD Dr. Lytvynchuk: „Bei Kindern sind die Augen nicht nur kleiner, auch die Verhältnisse zwischen den anatomischen Strukturen sind anders. Wir arbeiten hier mit einem modernen Operationsmikroskop, das verbindet ein 3D Heads-Up System mit Tiefenschärfe in 4K-Auflösung und intraoperative optische Kohärenztomographie für höchste chirurgische Präzision.“

Wie wirkt das Medikament?

Der Wirkstoff von Luxturna besteht aus einem veränderten Virus, das sozusagen als Transportdienst eine voll funktionsfähige Version des betroffenen RPE65-Gens enthält, wie das DeutschesGesundheitsPortal (DGP). Nach der Injektion transportiert das für den Patienten unschädliche Virus das gesunde Gen in die lichtempfindlichen Zellen der Netzhaut. Die können nun das Eiweiß bilden, das für die Verarbeitung der Lichtreize erforderlich ist. Da das neue Gen möglicherweise vom Immunsystem als Fremdkörper wahrgenommen und abgestoßen werden könnte, nehmen die Patienten vor dem Eingriff ein Medikament ein, dass diese natürlichen Abwehrkräfte des Körpers unterdrückt, damit das Gentherapeutikum gut angenommen wird. „In Kooperation mit der Kinderklinik wurde unsere kleine Patientin dort drei Tage zuvor aufgenommen und auf den Eingriff vorbereitet. Das hat gut funktioniert. Nach dem Eingriff haben wir keine Abwehrreaktionen gegen das Gentherapeutikum gesehen“, so PD Dr. Lytvynchuk.

Welche Patienten kommen für die Therapie in Frage?

Voraussetzung ist, dass bei den Betroffenen die entsprechende Genmutation eindeutig nachgewiesen und durch eine molekulargenetische Diagnostik im Blut festgestellt wird. Ist die Diagnose klar, folgen eingehende Untersuchungen der Netzhaut und der Sehfunktionen unter verschiedenen Beleuchtungsbedingungen. An der Gießener Augenklinik gibt es hierfür einen eigens angelegten Parcours, der von Patienten unter verschiedenen Beleuchtungsstärken abgelaufen wird. So lassen sich sowohl Verschlechterungen als auch Verbesserungen bei der Lichtverarbeitung der Augen objektiv messen.

Die Lebersche kongenitale Amaurose gehört zu den seltenen erblich bedingten Netzhauterkrankungen von der eine Person von 100.000 Menschen betroffen ist. Die Kosten für die Behandlung sind hoch und belaufen sich auf rund 800.000 Euro für beide Augen. Sie werden von den Krankenkassen übernommen.

Info

In Deutschland gibt es insgesamt nur vier Zentren in Tübingen, München, Bonn und Gießen, die diese Therapie bislang anbieten. In Gießen besteht für diese Patienten eine umfangreiche Expertise da bereits seit über 20 Jahren zu dieser Patientengruppe geforscht wird. Seit 10 Jahren gibt es ein Hauptforschungsfeld in der Erforschung der Ursachen und der Beschreibung des Verlaufes dieser erblichen Netzhauterkrankung. Das Universitätsklinikum Gießen und Marburg (UKGM) mit seinen 86 Kliniken und Instituten an den beiden Standorten Gießen und Marburg ist das drittgrößte Universitätsklinikum Deutschlands. Seit Februar 2006 trägt die RHÖN-KLINIKUM AG zu 95 Prozent die Verantwortung als Betreiber dieses privatisierten Universitätsklinikums. DGP