Wenn Kinder die Welt entdecken, geht das auch über den Mund. Im Freien werden dann schnell einmal verlockend aussehende Beeren, Blüten oder Blätter angekaut oder verschluckt. Da viele Pflanzen giftig sind, sollten Eltern wissen, was im Falle einer Vergiftung zu tun ist. Foto: Maryna/stock.adobe.com

Sieht schön aus, passt in den Mund – und ist giftig! Wenn Kinder Pflanzenteile schlucken

Für Kinder beginnt im Frühling eine aufregende Zeit voller Entdeckungen und neuer Erfahrungen. In den Gärten und Anlagen grünt und blüht es nun endlich wieder. Kleinere Kinder halten jetzt ihre Eltern ganz schön auf Trab: Kaum hat man sie draußen kurz aus den Augen gelassen, haben sie etwas Grünes oder Buntes im Mund. Und das kann gefährlich werden.

Vieles, was Bienen ernährt und unser Auge erfreut, birgt leider auch Gefahren, berichtet die Stiftung Kindergesundheit in ihrer aktuellen Stellungnahme: Fast jede sechste Anfrage bei den Giftinformationszentralen (GIZ) erfolgt wegen der Einnahme von möglicherweise giftigen Pflanzen.

Lebensbedrohende Vergiftungen sind selten

Es ist schon fatal: Neugierig, wie sie nun einmal sind, stecken kleine Kinder ständig Dinge in den Mund, um sie zu erkunden. Besonders zwischen ein und drei Jahren wird alles, was in mundgerechter Größe ist, probiert und zerkaut, egal wie scheußlich es schmeckt. Zum Glück sind schwere oder sogar lebensbedrohende Vergiftungen durch die Aufnahme (medizinisch: Ingestion) von Früchten, Beeren, Blättern oder Blüten sehr selten und selbst bei den riskanten Pflanzen ist nicht ausnahmslos jeder Bestandteil giftig.

Kleine Kinder verschlucken meist nur geringe Mengen, weil die meisten Pflanzenteile und wilde Früchte bitter schmecken oder scharfe Stoffe enthalten.

Was wächst und blüht denn da?

Dennoch sollten Eltern wissen, welche Blumen und Sträucher in ihrem Garten oder in einer nahen Grünanlage wachsen, empfiehlt die Stiftung Kindergesundheit. Nur so können sie ihr Kleinkind vor Vergiftungen schützen und in einem Notfall beim Anruf in einer Giftinformationszentrale genaue Auskünfte geben.

Mit speziellen Apps wie PlantNet oder Flora Incognita lassen sich unbekannte Pflanzen schnell identifizieren. Ein Foto von Blatt, Blüte oder Frucht genügt, und schon wissen sie, ob eventuell Gefahr droht. Besonders in Mehrfamilienhäusern empfiehlt es sich, gemeinsam mit Nachbarn eine Inventur der Pflanzen im Gemeinschaftsgarten durchzuführen. Auch für Großeltern ist es wichtig, den eigenen Garten vor dem Besuch der Enkelkinder auf potenziell gefährliche Pflanzen zu überprüfen.

Zu den am häufigsten angefragten Pflanzen mit Vergiftungsrisiko gehören laut Stiftung Kindergesundheit Eibe, Holunder, Maiglöckchen, ungekochte Gartenbohnen, Goldregen, Aronstab, Narzissen, Lebensbaum (Thuja), Wolfsmilchgewächse, Wilder Wein und Oleander.

Schweres Vergiftungsrisiko besteht bei der Einnahme von Pflanzenteilen von Eisenhut und Herbstzeitlose. Auch Tollkirsche, Schierling, Stechapfel sowie Rizinus und Engelstrompete können schwere Symptome auslösen.

Nicht zögern und den Giftnotruf anrufen!

Selbst beim Verdacht, das Kind könnte gefährliche Mengen einer giftigen Pflanze eingenommen haben, sollten Eltern auf keinen Fall erst auf eventuelle Anzeichen einer Vergiftung warten oder mit irgendwelchen alten Hausmitteln an den Symptomen herumkurieren, warnt die Stiftung Kindergesundheit: Am besten ist, sich so schnell wie möglich mit einem der Giftinformationszentren in Verbindung setzen und den Namen der Pflanze nennen.

Die dortigen Berater können den anrufenden Eltern meist sofort sagen, ob eine akute Gefahr besteht und was gegebenenfalls zu unternehmen ist.

Was können Eltern im Notfall tun?

Gleich vorweg: Da geistern von Generation zu Generation weitergegebene Mythen von Notfallmaßnahmen herum, die man jedoch besser nicht befolgen sollte. Wie so oft bei Mythen: Sie halten einer wissenschaftlichen Prüfung nicht stand. Die folgenden Hilfsmaßnahmen der Stiftung Kindergesundheit werden auf Basis medizinischer Erkenntnisse und Erfahrungen empfohlen.

• Ruhe bewahren.

• Das Kind ausspucken lassen, Reste der Pflanze oder Frucht mit dem Finger aus dem Mund wischen.

• Dem Kind Tee, Wasser oder Saft zu trinken geben.

• Bitte niemals versuchen, das Kind erbrechen zu lassen!

• Niemals Salzwasser zum Trinken geben!

• Keine Milch zum Trinken geben (sie begünstigt die Giftaufnahme)!

• Regionalen Giftnotruf anrufen.

Zeigt ein Kind allerdings bereits Symptome wie Übelkeit oder Erbrechen, sollte es so schnell wie möglich zum Kinderarzt oder direkt in die Notaufnahme einer Klinik gebracht werden.

Diese Fragen stellt der Giftnotruf

Es ist so leicht, zu sagen, dass man Ruhe bewahren soll. Im akuten Notfall ist das selten möglich. Hilfreich ist es daher, wenn man sich die empfohlenen Notfallmaßnahmen immer wieder einmal durchliest und sich vor allem auch mit dem weiteren Prozedere vertraut macht. So stellen die Experten des Giftnotrufs Standardfragen, mit denen man sich schon einmal vertraut machen kann, um im Notfall dann vorbereitet zu sein. Folgende Fragen müssen Sie beantworten.

• Wer ist betroffen? Kind, Erwachsener?

• Was wurde eingenommen? Genaue Bezeichnung der Pflanze.

• Wie viel wurde eingenommen?

• Wann wurde es eingenommen?

• Wie alt ist das Kind?

• Wie viel wiegt das Kind (ungefähr)?

• Wie geht es dem Kind? Husten? Erbrechen? Rauschzustand? Benommenheit? Schmerzen?

• Name und Telefonnummer? Für den Rückruf.

Hier gibt es Hilfe bei Vergiftungsgefahr

Tipp: Speichern Sie den Link zu diesem Artikel unter den Favoriten Ihres Browsers, um im Notfall schnell die Hilfsmaßnahmen und Giftnotruf-Telefonnummern parat zu haben. Oder drucken Sie die Telefonliste aus und heben Sie diese im Geldbeutel auf. Die Giftnotruf- oder Giftinformationszentren (GIZ) sind rund um die Uhr unter folgenden Telefonnummern zu erreichen:

• Berlin 030/19240

• Bonn 0228/19240

• Erfurt 0361/730730

• Freiburg 0761/19240

• Göttingen 0551/19240

• Mainz 06131/19240

• München 089/19240

• Wien +43-1-406 43 43

• Zürich +41-44-251 51 51

Hilfreiche Apps und Webseiten

Eltern können sich vorsorglich die kostenlose App des Bundesinstituts zur Risikobewertung (BfR) „Vergiftungsunfälle bei Kindern“ auf ihr Smartphone herunterladen. Die App wurde als Informations- und Nachschlagewerk für Vergiftungsunfälle bei Kindern und für deren Vermeidung entwickelt. Im Notfall kann direkt aus der App ein für das jeweilige Bundesland zuständiges Giftinformationszentrum angerufen werden. Im Ernstfall kann sie aber ärztliche Beratung, besonders in Vergiftungszentren, nicht ersetzen.

Weitere Informationen und Bilder zu giftigen Pflanzen finden Sie zum Beispiel hier im > Gesundheitsmagazin der AOK.

Die Aktion Das sichere Haus bietet auf ihrer Webseite eine > DSH-Online-Datenbank zum Thema Giftpflanzen. Die giftigen Pflanzen, die oft in Haus und Garten anzufinden sind, werden in dieser Online-Datenbank beschrieben. So können Sie bei der Gartengestaltung schon darauf achten, giftige Pflanzen auszutauschen oder gar nicht erst anzupflanzen. Die meisten Vergiftungen und Unfälle passieren zuhause. Welche Gefahren in Wohnung, Haus und Garten lauern und wie sie sich vermeiden lassen, zeigt die > Broschüre „Zu Hause sicher leben“ der Aktion Das sichere Haus. Interessierte können sich das Heft kostenfrei zusenden lassen oder > hier herunterladen.

pm/tok