Nierenfunktionsstörung und pfeifende Atemgeräusche bei Kindern und Jugendlichen sind die häufigsten negativen Gesundheitsfolgen des Verzehrs von zu viel hochverarbeiteten Lebensmitteln. Doch es gibt noch weitaus schlimmere Krankheiten für Körper und Geist, die mit den industriell gefertigten Nahrungsmitteln in Verbindung gebracht werden. Foto: Samon – KI-generiert/stock.adobe.com

Zutaten aus dem Chemielabor: Stark verarbeitete Lebensmittel erhöhen Diabetes- und Depressionsrisiko

Der häufige Konsum stark verarbeiteter Lebensmittel steht laut aktueller Forschungsergebnisse in eindeutiger Verbindung mit zahlreichen chronischen Erkrankungen und psychischen Störungen. Das zeigt eine aktuelle Übersichtsarbeit (Umbrella Review) über 39 Metaanalysen. Der Konsum von stark verarbeiteten Lebensmitteln hatte keine gesundheitlichen Vorteile.

Besonders überzeugende Belege wurden für eine Verschlechterung der Nierenfunktion sowie Atemprobleme bei Kindern gefunden. Auch Erkrankungen wie Diabetes mellitus, Übergewicht, Adipositas und psychische Störungen sind stark mit dem Verzehr dieser Produkte assoziiert.

Wenn die Zutatenliste länger ist als dieser Artikel

Verbraucher sind gerne bequem: Die Nahrung soll am besten gleich verzehrfertig sein – also nach dem Auspacken. Wenn es denn sein muss, nimmt man auch etwas Rühren oder ein dreiminütiges Aufwärmen in der Mikrowelle in Kauf. Hin und wieder muss aber auch der Backofen in Betrieb genommen werden, etwa bei einer Tiefkühlpizza. Hochverarbeitete Lebensmittel prägen die Speisepläne unserer modernen Gesellschaft. Das Gulasch mit Nudeln, der Bohneneintopf mit Speck, dass Kassler mit Kartoffelbrei und Sauerkraut – die Industrieware hat oft nicht viel mit dem eigentlichen Ausgangsprodukt gemein.

Und selbst da, wo man sonst traditionelles Handwerk erwartet, kann man den Lebensmittelchemikern auf den Leim gehen. Um industriell gefertige Brote günstiger zu machen, werden billige Zutaten wie Glukose-Fruktose-Sirup, der aus Mais oder Weizen gewonnen wird, beigesetzt. Der Vorteil von hochverarbeiteten Lebensmitteln: Die Zutaten sind billiger und leichter im großen Stil maschinell bearbeitbar als frisch Zubereitetes. Das spart Kosten und Arbeitszeit. Vor allem: Den meisten Menschen schmeckt das.

Mit echtem Joghurt einen Erdbeerjoghurt aus dem Supermarkt zu kreieren, wird nicht funktionieren. Außer man setzt reichlich Zucker zu, um die Säure zu nehmen und fügt noch jede Menge künstlicher Geschmackstoffe hinzu, um die fehlenden Früchte durch diverse Erdbeer-Aromen zu ersetzen. Und warum futtert man die Chipstüte immer so schnell leer? Weil sich die Hersteller an die „Fressformel“ halten, die eine fein ausbalancierte Mischung aus Fett und Kohlenhydraten vorsieht, die in Kombination mit Aromen den Körper, beziehungsweise das Hungerfühl offenbar zutiefst befriedigt.

Umbrella-Review über 39 Metaanalysen

Stark verarbeitete Lebensmittel (Ultra-Processed Foods, UPFs) nehmen weltweit stark zu und gelten als Risikofaktor für nichtübertragbare Erkrankungen. Die Umbrella Review hatte das Ziel, die bestehenden Beobachtungsstudien und Metaanalysen systematisch zu erfassen und hinsichtlich ihrer Aussagekraft zu bewerten, wie das DeutschesGesundheitsPortal (DGP) berichtet.

Es wurden die Datenbanken Medline und Embase von Beginn bis März 2023 durchsucht, um bestehende Metaanalysen zum UPF-Konsum gemäß dem Grad ihrer industriellen Verarbeitung und den Gesundheitsfolgen zu identifizieren und zu aktualisieren. Zur Einteilung von Lebensmitteln basierend auf dem Grad der industriellen Verarbeitung wurde die NOVA-Klassifikation verwendet.

Insgesamt wurden 39 Metaanalysen zum UPF-Konsum und den entsprechenden Gesundheitsfolgen identifiziert und durch 122 neue Artikel zu 49 gesundheitlichen Endpunkten ergänzt. Die meisten Studien verglichen das höchste mit dem niedrigsten Konsumquartil. Es wurden 25 Gesundheitsendpunkte identifiziert, welche mit dem UPF-Konsum assoziiert sind. Nierenfunktionsstörung und pfeifende Atemgeräusche bei Kindern und Jugendlichen zeigten eine überzeugende Evidenz.

Fünf weitere Gesundheitsprobleme wiesen auf sehr wahrscheinliche Zusammenhänge hin, darunter Diabetes mellitus, Übergewicht, Adipositas, Depression sowie allgemeine psychische Störungen. Weitere beobachtete Gesundheitsprobleme mit schwächerer Evidenz waren Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Bluthochdruck, Sterblichkeit, Angsterkrankungen und abdominale Adipositas.

Gesundheitsgefahr durch stark verarbeitete Lebensmittel

Ein hoher Konsum stark verarbeiteter Lebensmittel geht mit einem erhöhten Risiko für zahlreiche chronische und psychische Erkrankungen einher. Keine einzige Studie berichtete einen gesundheitlichen Nutzen. Eine Ernährung mit niedrigem UPF-Anteil könnte daher weitreichende Vorteile für die öffentliche Gesundheit haben, so das Fazit der Studienautoren.      DGP/HealthCom/tok