Ungesunde Fertiggerichte: Ein Produktmonitoring des Max Rubner-Instituts hat festgestellt, dass die Lebensmittelwirtschaft weiterhin noch zu wenig tut, um die Mengen von verwendetem Salt, Zucker und Fett zu senken. „Die Lebensmittelunternehmen könnten hier einen größeren Beitrag zu einer gesunden Ernährung leisten“, sagt Cem Özdemir, Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft. Foto: romanets_v/stock.adobe.com

Viele Fleischwaren enthalten weiterhin zu viel Salz – viel zu süße Kinderprodukte

Bei Wurstwaren und weiteren Fleischerzeugnissen, Brot und Kleingebäck sowie Riegeln sind die Gehalte an Energie, Zucker, Fetten und Salz seit 2020 großteils kaum gesunken; in einigen Fällen haben sie sogar zugenommen. Dies ist das Ergebnis der aktuellen Erhebung des vom Max Rubner-Institut (MRI) durchgeführten Produktmonitorings.

Produkte für Kinder: viel zu süß, zu fettig und zu salzig

Die Ergebnisse zeigen, dass unter anderem das von der Lebensmittelindustrie im Rahmen der Nationalen Reduktions- und Innovationsstrategie für Zucker, Fette und Salz in Fertigprodukten (NRI) selbst gesteckte Ziel zur Salzreduktion in erhitzten Fleischerzeugnissen (zum Beispiel Brühwurst und Kochschinken) nicht erreicht wurde. Ein starker Konsum von verarbeiteten Lebensmitteln mit hohem Zucker-, Fett- oder Salzanteil kann zu Übergewicht und Adipositas sowie anderen ernährungsmitbedingten Krankheiten wie Diabetes Typ 2 oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen beitragen. 

Auch viele Produkte, die mit ihrer Optik explizit Kinder ansprechen, weisen weiterhin hohe Zucker-, Fett- und Salzgehalte auf: Bei Wurstwaren, weiteren Fleischerzeugnissen und Riegeln erfüllen nur wenige Produkte die Kriterien des Nährwertprofilmodells der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für die Vermarktung gegenüber Kindern. Der mittlere Salzgehalt bei Brot und Kleingebäck ist zwar nah am selbst gesteckten Ziel der Großbäckereien – die Reduktionsbemühungen haben aber nachgelassen. Eine zusätzliche Auswertung des Produktmonitorings zeigt zudem: Bei allen drei hinsichtlich Salz ausgewerteten Produktgruppen (Brot und Kleingebäck, Wurstwaren und weitere Fleischerzeugnisse) ist der Anteil an Produkten mit Jodsalz seit 2020 gesunken. 

Minister Cem Özdemir: Lebensmittelunternehmen engagieren sich zu wenig

Der Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft Cem Özdemir erklärt dazu: „Die Wurst ist eines der beliebtesten Lebensmittel in Deutschland und gehört für viele Menschen traditionell zur Brotzeit dazu. Umso wichtiger ist es, dass ihr Genuss einer ausgewogenen, nachhaltigen Ernährung möglichst nicht entgegensteht. Das Produktmonitoring zeigt weiterhin zu hohe Salzanteile bei vielen Produkten, sogar bei jenen, die sich gezielt an Kinder richten. Die Lebensmittelunternehmen könnten hier einen größeren Beitrag zu einer gesunden Ernährung leisten. Ein weiterer Punkt, der mich beunruhigt, ist die gesunkene Verwendung von Jodsalz in den untersuchten Produkten. Auch hier kann die Lebensmittelwirtschaft mehr beitragen, denn schon jetzt herrscht in Deutschland ein milder Jodmangel.“ 

Insgesamt stellt der MRI-Bericht fest, dass die Reduktionsbemühungen der Lebensmittelwirtschaft weiterhin noch nicht ausreichen, um die – auch selbstgesteckten – Ziele für eine ausgewogenere Ernährung im erforderlichen Umfang zu unterstützen. Das BMEL hat daher, wie im Koalitionsvertrag vorgesehen, das MRI beauftragt, eine Methodik für die wissenschaftsbasierte Ableitung von Reduktionszielen für Zucker, Fette und Salz in Lebensmitteln zu entwickeln. Dies erfolgt in einem breiten Stakeholder-Prozess mit Experten aus verschiedenen Fachbereichen der Wissenschaft, von Fachverbänden sowie der Lebensmittelwirtschaft. Kinder und Jugendliche stehen dabei besonders im Mittelpunkt. Einen Abschlussbericht zur NRI wird das BMEL im Jahr 2026 veröffentlichen. 

Grundsatzvereinbarung von 2018 liefert magere Resultate

Der Präsident des MRI, Pablo Steinberg, sagt: „Ende dieses Jahres wird der Stakeholder-Prozess abgeschlossen sein. Aktuell werden die Ergebnisse aus der Arbeitsphase zusammengestellt und Mitte August 2024 einem größeren Kreis präsentiert. Dabei spielen gesundheitliche Reduktionsnotwendigkeiten ebenso eine Rolle wie die mit der Reformulierung von Lebensmitteln verbundenen technologischen Herausforderungen oder die Lebensmittelsicherheit und die Verbrauchererwartungen. Umso mehr freuen wir uns, dass es im Stakeholder-Prozess gelungen ist, zahlreiche Expertinnen und Experten an einen Tisch zu bringen. Nur gemeinsam können wir diese anspruchsvolle Aufgabe meistern.“

Bestandteil der Nationalen Reduktions- und Innovationsstrategie ist eine 2018 geschlossene Grundsatzvereinbarung zwischen Politik und Lebensmittelwirtschaft. Im Rahmen der Strategie haben sich unter anderem die Liefer-Großbäckereien zu einem durchschnittlichen Salzgehalt von 1,1 Gramm/100 Gramm über das gesamte verpackte Backwarensortiment bis 2025 verpflichtet. Die Fleischwarenindustrie hatte sich zum Ziel gesetzt, das Salz in erhitzten Fleischerzeugnissen mit besonders hohen Gehalten bis 2023 deutlich zu senken. Zur Überprüfung der Fortschritte hat das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) das MRI mit einem Monitoring der Zucker-, Fett-, Salz- und Energiegehalte von verpackten Fertigprodukten beauftragt. 

Im Vergleich zu 2020 nur geringfügige Reduktionen feststellbar

Nach Basiserhebungen in den Jahren 2016 und 2018 führt das MRI seit 2019 jährlich weitere Folge- und Basiserhebungen durch. Mit der Erhebung 2023 liegt die zweite Folgeerhebung von Brot und Kleingebäck, einer Auswahl an besonders absatzstarken Wurstwaren und weiteren Fleischerzeugnissen (zum Beispiel Frikadellen und Nuggets) sowie von Riegeln (zum Beispiel Müsli-, Nuss- und Proteinriegel sowie Fruchtschnitten) vor. Untersucht wurden 6000 Produkte, davon 1282 Brote und Kleingebäck, 2603 Wurstwaren, 438 weitere Fleischerzeugnisse sowie 1677 Riegel. Dabei wurden 229 Produkte mit Kinderoptik identifiziert, mehr als die Hälfte davon in der Produktgruppe der Riegel. 

Insgesamt sind im Vergleich zu 2020 nur geringfügige Reduktionen feststellbar. Produkte mit Kinderoptik weisen im Vergleich zur jeweiligen Gesamtstichprobe beziehungsweise vergleichbaren Produkten ohne Kinderoptik mehrheitlich ähnliche oder niedrigere Energie- und Nährstoffgehalte auf. Die Ergebnisse bekräftigen die im zweiten NRI-Zwischenbericht gezogenen Schlussfolgerungen, dass die Reduktionsbemühungen der Lebensmittelwirtschaft noch nicht ausreichen, um eine ausgewogene Ernährung im erforderlichen Umfang zu unterstützen. 

Jodmangel wäre so einfach zu beheben

Um der rückläufigen Jodversorgung in Deutschland entgegenzuwirken, setzt sich das BMEL seit Herbst 2023 mit der Informationsoffensive „Wenn Salz, dann Jodsalz“ für die Verwendung von Jodsalz bei der Lebensmittelherstellung und -zubereitung ein und richtet sich dabei sowohl an Verbraucher als auch die Lebensmittelwirtschaft. In einem Jodmangelgebiet wie Deutschland ist Jodsalz wichtig für die Sicherstellung einer ausreichenden Jodversorgung. 

Die Ergebnisse des Produktmonitorings finden Sie hier, den Ergänzungsbericht mit den Ergebnissen zur Verwendung von Jodsalz >hier< und den Ergänzungsbericht zur Einhaltung der WHO-Nährwertprofile >hier<.