
Eine aktuelle Studie zeigt auf, dass Gemeinschaftsgefühl und Vernetzung wichtige Faktoren für das Wohlbefinden sind. Religiosität kann das eigene Wohlbefinden steigern, aber nur, wenn man sein Land als religiös wahrnimmt. Foto: Kay Abrahams/peopleimages.com/stock.adobe.com
Was macht glücklich? Religiosität und Gemeinschaftsgefühl spielen entscheidende Rolle
Religiöse Menschen sind insbesondere dann glücklich, wenn sie in einem Land leben, das sie selbst als religiös empfinden. Dieses Zusammenspiel zwischen persönlichem Glauben und kulturellem Umfeld hat eine neue Studie unter der Leitung der Mannheimer Psychologin Vera Vogel untersucht.
Über 10.000 Menschen in 24 Ländern weltweit befragt
Glaube und Religiosität spielen insbesondere in der Vorweihnachtszeit eine große Rolle. Dies zeigt sich auch dadurch, dass über 80 Prozent der Menschen in Deutschland Weihnachten feiern, obwohl nur noch die Hälfte der Deutschen einer christlichen Konfession angehört. Eine neue Studie der Universität Mannheim liefert nun neue Perspektiven auf den Zusammenhang zwischen Religiosität und dem eigenen Glück – nicht nur zu Weihnachten. Die Studie, veröffentlicht in der Fachzeitschrift Social Psychological and Personality Science, zeigt: Je stärker die persönliche Religiosität mit der wahrgenommenen Religiosität des eigenen Landes übereinstimmt, desto höher ist das psychische und körperliche Wohlbefinden. Dabei spielt das Zugehörigkeitsgefühl zu einer Gemeinschaft eine entscheidende Rolle.
Für ihre Studie befragten die Studienautoren mehr als 10.000 Personen in 24 Ländern weltweit. Neben objektiven Fragen zur persönlichen Religiosität – etwa dem Gottesglauben, der Häufigkeit des Betens oder des Kirchenbesuchs – wurden die Teilnehmenden auch zur wahrgenommenen Religiosität ihres Landes befragt sowie zu ihrem psychischen, sozialen und körperlichen Wohlbefinden – Parametern, die das persönliche Glück ausmachen.
Indien und einige südeuropäische Länder wie Spanien wurden von den Probanden als besonders religiös eingestuft – im Gegensatz zu skandinavischen Ländern, die am unteren Ende der Skala rangieren. Deutschland belegt in diesem Vergleich einen mittleren Platz.
Gruppenzugehörigkeit als Schlüssel zum Wohlbefinden
Die Forschenden fanden heraus, dass das Wohlbefinden von religiösen Menschen in Ländern mit hoher Religiosität größer ist als in weniger religiösen Ländern. So haben religiöse Menschen in Indien ein tendenziell höheres Wohlbefinden als vergleichbar religiöse Menschen in skandinavischen Ländern.
„Bisherige Forschung hat gezeigt, dass Religiosität das eigene Wohlbefinden steigern kann. Unsere Ergebnisse verdeutlichen, dass dies nur dann zutrifft, wenn Menschen ihr Land als religiös wahrnehmen“, erklärt Erstautorin Vera Vogel, Doktorandin am Lehrstuhl für Kulturvergleichende Sozial- und Persönlichkeitspsychologie. „Die Ergebnisse zeigen, wie wichtig es ist, sich als Teil einer Gemeinschaft zu fühlen“, so Vogel. Neben objektiven Faktoren wie soziale Unterstützung und Nachbarschaftshilfe spiele das subjektive Gefühl, zur „richtigen“ Gruppe zu gehören, eine zentrale Rolle.
Empfehlungen für die Gesellschaft
Die Studie zeigt auf, dass Gemeinschaftsgefühl und Vernetzung wichtige Faktoren für das Wohlbefinden sind – unabhängig von der Religiosität eines Landes. „Natürlich kann man ein Land nicht religiöser machen als es ist“, erklärt die Psychologin Vogel. „Aber religiöse und staatliche Einrichtungen könnten sich verstärkt dafür einsetzen, Menschen miteinander zu vernetzen“. Ein tieferes Gemeinschaftsgefühl stärkt die Psyche und steigert die Lebenserwartung – ein Gewinn für die gesamte Gesellschaft. pm
Originalstudie:
Vera Vogel, Paul H.P. Hanel, Suzanne Hoogeveen et al. When Reality Meets Perception: Well-Being Effects of Objective and Subjective Person-Culture Matches in Religiosity. Social Psychological and Personality Science. https://doi.org/10.1177/19485506241286548
Info
Vera Vogel, Promotionsstipendiatin des Cusanuswerks/Bischöfliche Studienförderung, ist Doktorandin am Lehrstuhl für Kulturvergleichende Sozial- und Persönlichkeitspsychologie der Universität Mannheim.