Nein zum Alkohol für Jugendliche: In Spanien hat man erstaunlich positive Ergebnisse mit der Verschärfung des Jugendschutzes im Bereich Alkoholkonsum gemacht. Die Erhöhung des Mindestalters verbesserte bei den Jugendlichen die schulischen Leistungen und die Stabilität der Psyche. Foto: Pormezz/stock.adobe.com

Spanien macht es vor: Höheres Alkohol-Mindestalter verbessert Lernen und Psyche

Während in Deutschland noch das seit Jahrzehnten gültige „begleitete Trinken“ für Jugendliche ab 14 Jahren von Bier, Wein und Sekt in der Öffentlichkeit diskutiert wird, sind andere Länder in Europa beim Jugendschutz schon viel konsequenter und auf Augenhöhe mit neueren wissenschaftlichen Erkenntnissen zu den Folgen des Alkoholkonsums. Spanische Reformen zeigen, dass Jugendliche weniger Alkohol trinken, wenn das Mindestalter erhöht wird. Der rückläufige Konsum führt zugleich zu besseren schulischen Leistungen und einer stabileren psychischen Gesundheit – Erkenntnisse, die auch für die Schweiz relevant sein könnten, wie die Universität Zürich mitteilt.

Trotz eines rückläufigen Trends ist Alkoholkonsum unter europäischen Teenagern im internationalen Vergleich weiterhin auffallend hoch: Fast die Hälfte der 15- bis 16-Jährigen gibt in der Europäischen Schulbefragung an, im vergangenen Monat Alkohol konsumiert zu haben, und rund 30 Prozent berichten von exzessivem Trinken. Nun zeigt eine neue Studie von Carmen Villa, Assistenzprofessorin am Department of Economics der Universität Zürich, dass die Anhebung des Mindestalters für den Alkoholkonsum von 16 auf 18 Jahre die schulischen Leistungen und die psychische Gesundheit von Jugendlichen deutlich verbessern kann.

Umfangreiche Analyse spanischer Alkoholreformen

Carmen Villa und Co-Autor Manuel Bagués von der University of Warwick untersuchten vier spanische Regionen, die in den vergangenen 20 Jahren ihre Alkoholgesetze verschärft haben. Diese Reformen umfassten in der Regel ein höheres Mindestalter für den Konsum, strengere Verkaufsregeln und neue Werbevorgaben. Da die Reformen in unterschiedlichen Regionen und zu unterschiedlichen Zeitpunkten eingeführt wurden, konnten die Forschenden das Verhalten von Jugendlichen vor und nach den Änderungen vergleichen. Grundlage der Analyse waren Daten von rund 250.000 Schülern, 180.000 PISA-Teilnehmenden und 600.000 Personen aus der Volkszählung 2021.

Weniger Alkohol, mehr Lernerfolg

Nach einer Verschärfung der Alkoholgesetze sank die Wahrscheinlichkeit, dass sich Jugendliche im Alter von 14 bis 17 Jahren im Vormonat betrunken haben, um 7 bis 17 Prozent und das Rauschtrinken ging um 14 Prozent zurück. „Diese Effekte traten sowohl in den Selbstauskünften als auch in den Angaben zum Trinkverhalten von Freund:innen auf, was auf tatsächliche Verhaltensänderungen hindeutet“, erklärt Carmen Villa.

Der Rückgang von Rauschtrinken und Alkoholvergiftungen führte zudem zu erheblichen Bildungsgewinnen: Schüler, für die ein höheres Mindestalter für den Alkoholkonsum galt, erzielten bei den PISA-Prüfungen um 4 Prozent bessere Ergebnisse. Dies entspricht etwa zwei zusätzlichen Monaten Schulbildung. Diese Verbesserung deckt sich mit Erkenntnissen der medizinischen Fachliteratur. Demnach beeinträchtigt Alkohol die kognitive Entwicklung während der Adoleszenz, einer Lebensphase, in der das Gehirn besonders empfindlich auf seine Wirkungen reagiert.

Bessere psychische Gesundheit

Auch die psychische Gesundheit verbesserte sich in jenen Regionen, in denen das gesetzliche Mindestalter für Alkoholkonsum angehoben wurde. Die Wahrscheinlichkeit, dass Jugendliche Medikamente gegen Angstzustände und Schlaflosigkeit einnahmen, war um 10 Prozent geringer. „Unsere Ergebnisse weisen auf einen kausalen Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum und psychischer Gesundheit hin und decken sich mit bestehenden medizinischen Erkenntnissen“, sagt Villa. 

Bemerkenswert ist, dass diese Vorteile ohne Veränderungen anderer Verhaltensweisen eintraten. Die Zeit, die die Jugendlichen für Lernen, soziale Aktivitäten, Internetnutzung oder Sport aufwandten, blieb unverändert. Ebenso ersetzten sie Alkohol nicht durch andere Substanzen wie Cannabis oder Zigaretten. „Dieses Muster deutet darauf hin, dass die beobachteten akademischen Verbesserungen direkt auf die neurokognitiven Effekte von Alkohol zurückzuführen sind und nicht auf indirekte Veränderungen des Lebensstils“, so Villa.

Vorbild und Potenzial für Deutschland und die Schweiz

Die Studienergebnisse, so die Universität Zürich, sind auch für die Schweiz von Bedeutung, in der 16-Jährige legal Bier und Wein konsumieren dürfen und die Trinkquote unter Jugendlichen über dem EU-Durchschnitt liegt. Die Befunde aus Spanien legen nahe, dass strengere Altersgrenzen pädagogische Vorteile haben könnten. „Eine Erhöhung des Mindestalters für den Alkoholkonsum ist ein kosteneffizientes Instrument, um die kognitive Entwicklung von Jugendlichen zu fördern“, sagt Villa.

Auch in Deutschland könnte eine strengere Altersbeschränkung durchaus solche Vorteile bringen. Dann müsste wohl das „begleitete Trinken“ in der Öffentlichkeit, das Jugendliche an den Alkoholkonsum gewöhnen kann, zuerst beendet werden. Wie sonst könnten Erziehunsgberechtigte ihren 14-Jährigen dann auch im Privatleben den frühzeitigen Alkoholkonsum wirkungsvoll verwehren? Immerhin vermelden aktuelle Analysen des Statistischen Bundesamtes ein Rekordtief beim jugendlichen Rauschtrinken in Deutschland: 2024 sank die Zahl der Klinikbehandlungen von Kindern und Jugendlichen wegen einer Alkoholvergiftung auf den niedrigsten Stand seit 25 Jahren. Hier wurden die aus deutschen Krankenhäusern entlassenen vollstationären 10- bis unter 20-jährigen Patienten aufgelistet. Aber: „Der deutliche Rückgang beim Rauschtrinken von Kindern und Jugendlichen ist sehr erfreulich“, sagt Andreas Storm, Vorstandschef der DAK-Gesundheit. „Auch wenn die Zahl der Klinikbehandlungen 2024 ein Rekordtief erreicht hat, ist das noch kein Grund zur Entwarnung. Suchtexperten sehen neben den erfassten Krankenhauseinweisungen weiter eine hohe Dunkelziffer beim Alkoholmissbrauch junger Menschen. Deshalb müssen wir die Prävention und erfolgreiche Präventionskampagnen fortsetzen.“ pm/tok

Die Studie über die positiven Folgen der spanischen Jugendschutzreformen im Alkoholbereich finden Sie hier: Manuel Bagues, Carmen Villa. Minimum legal drinking age and educational outcomes. Journal of Health Economics. December 2025. DOI: 10.1016/j.jhealeco.2025.103078