Wenn keine anderen Ursachen gefunden werden, können HNO-Ärzte ihren Patienten ein Riechtraining verschreiben. Das Training muss nach Erfahrung von Experten regelmäßig und konsequent über 3 bis 12 Monate durchgeführt werden. Foto: bank215/stock.adobe.com

Riechtraining kann Erholung von Geruchs- und Geschmackssinn nach COVID-19 verbessern

Die meisten Menschen erholen sich von selbst von den Riech- und Schmeckstörungen, zu denen es häufig bei COVID-19 kommt. Wenn diese aber nach der Erkrankung andauern, rät die Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie (DGHNO-KHC) in neuen Empfehlungen zu einem Riechtraining.

Weniger Riechstörungen durch Omikron-Variante

Störungen der Geruchs- und Geschmackswahrnehmung gehören zu den häufigsten Symptomen von COVID-19. Nach Infektionen mit der Alpha- und Delta-Variante von SARS-CoV-2 erkrankten etwa die Hälfte der Patienten daran, die Omikron-Variante verursachte nur noch bei etwa 4 % der Erkrankten Riechstörungen, wie das DeutschesGesundheitsPortal berichtet.

„Dieser Rückgang konnte auch in Studien bestätigt werden, in denen die Diagnose durch objektive Tests bestätigt wurde“, berichtet Prof. Dr. med. Thomas Hummel, der an der Universitäts-HNO-Klinik in Dresden ein interdisziplinäres Zentrum für Riechen und Schmecken leitet und Mitglied der DGHNO-KHC-Arbeitsgemeinschaft Olfaktologie/Gustologie ist, die die Empfehlungen erarbeitet hat.

Riechprobleme schmälern den Geschmack

Bei den Tests müssen die Patienten verschiedene Düfte durch Schnuppern an Filzstiften („Sniffin’ sticks“) benennen. Beim sogenannten SDI-Test werden neben der Geruchsidentifizierung (I) auch die Riechschwelle (S) und die Geruchsdiskrimination (D), also das Unterscheiden verschiedener Düfte, geprüft. Da viele Geschmacksnuancen eigentlich mit dem Riechorgan identifiziert werden, empfinden die Patienten bei einer reinen Riechstörung auch eine Geschmacksbeeinträchtigung.

Riechstörungen können verschiedene Formen annehmen. Besonders unangenehm sind für viele Patienten die sogenannten Parosmien. Dabei verändern sich vertraute Düfte auf oft unangenehme Weise: Kaffee riecht plötzlich verbrannt, Nahrungsmittel scheinen verdorben zu sein, obwohl sie frisch gekauft wurden. Parosmien sind dagegen ein gutes Zeichen. „Sie weisen auf Reparaturvorgänge in der Riechschleimhaut hin und sind ein frühes Zeichen für eine Erholung“, sagt der Experte: „Bis die Patienten wieder normal riechen und schmecken, kann es allerdings 6 bis 18 Monate oder länger dauern.“

Zuerst die Atemwege untersuchen

Riechstörungen fallen in den Zuständigkeitsbereich von HNO-Ärzten. Diese sollten zunächst eine genaue Untersuchung der Atemwege vornehmen, rät die Arbeitsgemeinschaft Olfaktologie und Gustologie der DGHNO-KHC in ihren neuen Empfehlungen. Zu Riechstörungen kann es auch kommen, wenn gutartige Polypen oder selten bösartige Tumore die Atemwege in den Nasengängen versperren und die Düfte nicht mehr die Riechschleimhaut erreichen. Der HNO-Arzt überprüfe deshalb die Durchgängigkeit der Atemwege in der Nase mit einem Endoskop.

Riechtraining dauert bis zu einem Jahr

Wenn keine anderen Ursachen gefunden werden, können HNO-Ärzte ihren Patienten ein Riechtraining verschreiben. „Die Patienten erhalten in der Regel vier verschiedene Duftstoffe. Häufig sind dies Zitrone, Rose, Nelke und Eukalyptus“, erläutert Prof. Hummel: „Daran müssen sie dann zweimal täglich für etwa 30 Sekunden schnuppern.“

Das Training muss nach Erfahrung des Experten regelmäßig und konsequent über 3 bis 12 Monate durchgeführt werden, wobei es hilfreich ist, alle 3 bis 4 Monate die Duftqualitäten zu wechseln.

Bislang keine Medikamente gefunden

Eine schnelle Lösung mit Medikamenten gibt es allerdings bisher nach Einschätzung der HNO-Experten nicht. Die Wirksamkeit von Nahrungsergänzungsmitteln wie Omega-3-Fettsäuren oder einer Kombination aus Palmitoylethanolamid und Luteolin, die manchmal empfohlen würden, muss weiter geprüft werden. Das gilt auch für das Auftupfen von plättchenreichem Plasma oder Vitamin A auf die Riechrinne in der Nase.

In Zusammenhang mit Riechstörungen nach COVID-19 raten die Experten von Kortison ab. Eine Anwendung etwa mit Nasensprays hätte in Studien keine Wirkung erzielt.

Info

Die Deutsche Gesellschaft der Hals-Nasen-Ohrenärzte (DGHNO-KHC) ging 1921 aus dem Verein Deutscher Laryngologen und der Deutschen Otologischen Gesellschaft hervor. Im Jahre 1968 wurde der heute gültige Name, Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie e. V., angenommen. Die Gesellschaft hat derzeit über 5000 Mitglieder.

Die DGHNO-KHC bezweckt die Förderung der wissenschaftlichen und praktischen Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Halschirurgie und die Förderung des Allgemeinwissens um ihre geschichtliche Entwicklung. DGP