
In der aktuellen Badesaison 2023 schnellt die Zahl der Unfälle deutschlandweit wieder nach oben. Vital-Region sagt, wie man Verunglückten bei Badeunfällen das Leben retten kann. Foto: pressmaster/stock.adobe.com
Reanimation nach Badeunfällen: So werden Laien zu Lebensrettern
Seit Beginn der Badesaison Anfang Mai 2025 bis zum Juli 2025 sind in den Gewässern in Deutschland rund 150 Menschen ertrunken. In den ersten sieben Monaten des Jahres kamen mindestens 236 Personen im Wasser zu Tode, wie aus einer Statistik der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) hervorgeht. Das sind 16 Personen weniger als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Zum Vergleich: 2022 sind in Deutschland mindestens 355 Menschen ertrunken, 56 mehr als 2021 zuvor.
„Sah es im Juni noch danach aus, dass die Zahl der tödlichen Badunfälle im Vergleich zu den Vorjahren deutlichen ansteigen könnte, traf diese Befürchtung nach dem regenreichen Juli nicht ein“, berichtete DLRG Präsidentin Ute Vogt bei der Vorstellung der Zahlen am 7. August in Lübeck.
Häufung der tödlichen Badeunfälle im Juni
Insbesondere in der zweiten Monatshälfte im Juni kam es zu einer Häufung tödlicher Badeunfälle. Über den gesamten Monat hinweg ertranken mindestens 70 Menschen, 18 mehr als vor einem Jahr. Im Juli ereigneten sich 47 Unglücksfälle. Ein Jahr davor waren es 64. „Wir wissen, dass es an sonnigen und heißen Sommertagen zu mehr Unfällen kommt. Das mussten wir zuletzt im Juni erleben. Deshalb mein Appell an alle, die in den kommenden Wochen die Gewässer aufsuchen: Bleiben Sie vorsichtig, beachten Sie die Baderegeln und gehen Sie keine Risiken ein“, so die Präsidentin der DLRG.
Viele Unfälle in Seen und Flüssen
In den Seen kamen bislang mit 87 Personen mehr Menschen um als im Vorjahr (77), in den Flüssen waren es mit 85 (2024: 90) etwas weniger. Insgesamt machten die Todesfälle in Seen und Flüssen fast drei Viertel der Gesamtzahl aus (73 %). Ute Vogt: „Vielfach ereignen sich diese Unfälle abseits unbewachter Badebereiche. Hilfe ist dann oft nicht in Sicht oder zu spät vor Ort.“
In den Meeren erfasste die DLRG bis Ende Juli 10 Ertrunkene (2024: 13). Alle verloren in der Ostsee ihr Leben. Am Beispiel der Küsten zeigt sich, wie auch in den Schwimmbädern (9 Todesfälle), dass Baden und Schwimmen dort besonders sicher sind, wo Rettungsschwimmer beaufsichtigen. Allein rund 5500 Ehrenamtliche der DLRG sorgen während der Sommersaison an rund 100 Badestellen an Nord- und Ostsee für Sicherheit.
Mehr jüngere männliche Opfer
Während unter den Menschen höheren Alters bisher weniger Opfer zu beklagen sind, kamen mehr junge Menschen zu Tode. 49 Personen waren zwischen 11 und 30 Jahre alt (2024: 30). „Bei diesen Fällen handelt es sich oft um Badeunfälle infolge von Leichtsinn und Übermut. Viele Opfer konnten kaum oder gar nicht schwimmen“, erklärte Ute Vogt. Mit einer Ausnahme waren alle Verunglückten männlich (97 %). Über alle Altersgruppen hinweg betrug der Anteil männlicher Opfer 84 % (2024: 77 %).
Knapp jedes vierte Unfallopfer (48) bekannten Alters war älter als 70 Jahre. 58 Personen waren zwischen 50 und 70 Jahre alt. Gegenüber dem Vorjahr ertranken insgesamt 21 Menschen weniger unter den über 50-Jährigen. Bei älteren Schwimmern sind immer wieder gesundheitliche Vorerkrankungen ursächlich für Badeunfälle, aber auch Selbstüberschätzung und unzureichende Vorsicht.
Weniger tödliche Bootsunglücke
Bis Ende Juli erfasste die DLRG 13 tödliche Unfälle bei Freizeitaktivitäten wie Paddeln, Boot fahren und Surfen (2024: 20). „Die meisten von ihnen wären vermutlich noch am Leben, wenn sie eine Rettungsweste oder wenigstens eine Schwimmweste getragen hätten“, sagte die Präsidentin der DLRG und ergänzte: „Insbesondere für Kinder sollte das Tragen einer Weste verpflichtend sein. Erwachsene sollten mit gutem Vorbild vorangehen.“ Eine Weste unterstützt mit ihrem Auftrieb beim Schwimmen und sorgt dafür, dass der Träger nach einem Sturz oder dem Kentern an der Wasseroberfläche bleibt. Auch gute Schwimmer sind nicht davor gefeit, nach einem Sturz ins Wasser Kreislaufprobleme zu bekommen und sollten sich deshalb schützen.
Eltern sind die Aufsicht – Selbst aufblasbare Pools können Todesfallen sein
Unter Kindern bis 10 Jahren waren mindestens 8 Opfer zu beklagen (2023: 7). Zumeist passieren diese Unfälle durch einen kurzen Moment der Unachtsamkeit. „Eltern unterschätzen immer wieder, wie schnell ein wenig Ablenkung zu einer lebensbedrohlichen Situation für ein Kind führen kann“, erklärt der Leiter der Verbandskommunikation im DLRG Präsidium, Frank Villmow. Zudem sei ihnen oft nicht bewusst, dass auch kleine und flache Gewässer wie Gartenteiche und aufblasbare Pools zur tödlichen Falle werden können.
Mit Unterstützung der Wall GmbH macht die DLRG bereits seit Mitte März auf tausenden Werbeflächen in Großstädten auf diese weniger bekannten Gefahren aufmerksam. Zudem sensibilisieren die Lebensretter insbesondere online Eltern mit ihrer Kampagne „Du bist die Aufsicht“. Frank Villmow: „Wir möchten allen Eltern klar machen, dass sie beim Baden und Schwimmen für ihre Kinder verantwortlich sind. Das Personal in den Schwimmbädern und die Rettungsschwimmer an den Badestränden sind für alle Gäste da.“
In absoluten Zahlen betrachtet ertranken die meisten Menschen bislang in Bayern (48). Im Freistaat sind bislang 13 Personen mehr ertrunken als im Vorjahrszeitraum. Auch in Hessen (+4) und Mecklenburg-Vorpommern (+3) gab es einen Anstieg bei den Opferzahlen.

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So rettet man Opfer von Badeunfällen das Leben
Angesichts der tödlichen Badeunfälle der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin e.V. (DGAI), so meldete es das DeutschesGesundheitsPortal (DGP), ist es daher umso wichtiger, dass jeder Einzelne weiß, wie Menschen, die leblos aus dem Wasser gezogen werden, behandelt werden müssen, damit ihre Überlebenschancen so hoch wie möglich sind. Dr. Jan Wnent, Notarzt und Mitglied im Wissenschaftlichen Arbeitskreis Notfallmedizin der DGAI, erklärt im Interview, worauf es bei der Rettung ankommt.
Was muss man tun, wenn man eine leblose Person im Wasser entdeckt?
Dr. Jan Wnent: Ich möchte voranstellen, dass man auch als Rettender zu allererst sich selbst schützen muss. Das bedeutet: Immer als erstes den Notruf wählen, damit schnell weitere Hilfe kommen kann. Dann Ausschau nach einem Rettungsschwimmer oder einer Rettungsschwimmerin halten oder, wenn keiner in der Nähe ist, andere Badegäste ansprechen.
Wie geht man vor, wenn der Verunglückte aus dem Wasser geholt wurde?
Dr. Jan Wnent: In jedem Fall prüft man zunächst, ob der Patient oder die Patientin bei Bewusstsein ist und, sollte dies nicht der Fall sein, ob er oder sie atmet. Dazu dreht man die Person auf den Rücken, überstreckt ihren Kopf, in dem man ihn leicht in den Nacken legt. Dann beugt man sich mit dem eigenen Gesicht nahe an ihr Gesicht und blickt dabei selbst in Richtung ihrer Füße. So kann man zum einen hören, ob der Verunglückte atmet, zum anderen erkennen, ob sich der Brustkorb hebt und senkt. Außerdem fühlt man durch die Nähe zum Gesicht auch den Atemstoß an der eigenen Wange. Atmet der Patient normal, so sollten die Atemstöße regelmäßig und relativ tief sein. Dann legt man ihn in die stabile Seitenlage. Nicht normal ist hingegen eine ganz flache, oberflächliche und unregelmäßige Atmung, die sogenannte Schnappatmung.
Wie ist die zu bewerten?
Dr. Jan Wnent: Die ist wie ein Atemstillstand zu bewerten und im Zusammenhang mit Bewusstlosigkeit ein Zeichen für einen Herz-Kreislauf-Stillstand. Dann beginnt man sofort mit den Wiederbelebungsmaßnahmen. Das gilt ebenso, wenn der Patient oder die Patientin gar nicht atmet und nicht bei Bewusstsein ist.
Haben Sie dafür Tipps, die man sich als Laie merken sollte?
Dr. Jan Wnent: Der Patient oder die Patientin sollte auf dem Rücken auf einer harten Unterlage liegen. Dann platziert man selbst den Handballen der einen Hand auf dem Brustbein des Patienten in der Mitte des Brustkorbes. Die andere Hand ist über der ersten Hand. Man drückt dann den Brustkorb fünf bis sechs Zentimeter nach unten. Die Frequenz sollte dabei bei 100 bis 120 liegen. Was man beachten muss: Badeunfälle gehen häufig mit einem akuten Sauerstoffmangel einher. Wenn man es sich zutraut, sollte man denjenigen daher auch beatmen.
Aber würde die reine Herzdruckmassage nicht ausreichen?
Dr. Jan Wnent: Das stimmt für andere Fälle. Aber durch den Sauerstoffmangel ist eine Beatmung in diesem Fall wirklich wichtig. Auch hierbei überstreckt man wieder den Kopf, legt eine Hand auf die Stirn und kann mit dieser gleichzeitig mit Daumen und Zeigefinger die Nase des Bewusstlosen zuhalten. Die andere Hand liegt unter dem Kinn. Bei der Mund-zu-Mund-Beatmung sollte man so viel an Luft abgeben, wie man selbst ausatmen würde. Das heißt, wenn man aus dem Augenwinkel sieht, dass sich der Brustkorb des Patienten hebt, ist das vollkommen ausreichend. Jeweils zwei Beatmungen wechseln sich dann immer mit 30 Herzdruckmassagen ab. Und das muss man so lange machen, bis der Rettungsdienst eintrifft. Besser ist es, wenn mehrere Personen anwesend sind, dann kann man sich regelmäßig abwechseln.
Gerade vor Mund-zu-Mund-Beatmung schrecken die meisten doch zurück.
Dr. Jan Wnent: Das ist richtig. Auch wenn das Risiko für Infektionen sehr gering ist, ist es für viele vor allem eine psychologische Barriere. Man kann daher ein Face-Shield benutzen, die es inzwischen auch als Anhänger für den Schlüsselbund gibt. Sie bieten eine gewisse Barriere zum Patienten.
Sollte man bei Kindern besondere Dinge beachten?
Dr. Jan Wnent: Bei Kindern bis zum Jugendlichen-Alter fängt man immer mit fünf Initialbeatmungen an. Je nach Körperbau führt man die Herzdruckmassage außerdem nur mit einer Hand durch. Die Eindrucktiefe sollte ungefähr ein Drittel des Durchmessers des Brustkorbes sein. Das Verhältnis von Herzdruckmassagen zu Beatmungen ist in diesem Fall 15:2. Das heißt, 15 Mal drücken, dann zwei Mal beatmen.
Welche Hinweise würden Sie Badenden gern noch mit an die Hand geben?
Dr. Jan Wnent: Die Baderegeln beachten, also nicht mit vollem Magen ins Wasser gehen. Nicht, wenn man Alkohol getrunken hat. Und auch nicht direkt aus der Hitze in kaltes Wasser springen. Das kann gerade bei Personen, die Herz-Kreislauf-Vorerkrankungen haben, sehr gefährlich sein, weil dann der Blutdruck absacken und man kurzzeitig das Bewusstsein verlieren kann. Im Wasser ist das natürlich höchst gefährlich. Wichtig ist außerdem noch, die eigenen Fähigkeiten, den Übungsstand und die körperliche Fitness richtig einzuschätzen. Außerdem warne ich davor, in unbekannte Gewässer zu springen. Zum einen, weil das in zu seichtem Wasser und auch aufgrund von Steinen oder Felsen unter der Oberfläche zu Verletzungen führen kann. Zum anderen werden aber auch gerade Fließgewässer immer unterschätzt. Die Strömung ist hier oftmals stärker, als man das von außen sieht. Wenn dann die eigenen Schwimmfähigkeiten nicht ausreichen, kann es schnell passieren, dass man in eine gefährliche Situation gerät. Am allerwichtigsten ist aber, beim Baden immer vorsichtig und vor allem vernünftig zu sein.
Info
Die DLRG als private Wasserrettungsorganisation hat es sich zur Aufgabe gemacht, Menschen vor dem Ertrinken zu bewahren. Hierfür klären ihre ehrenamtlich Aktiven über Wassergefahren auf, bringen Menschen das Schwimmen bei und bilden sie im Rettungsschwimmen aus. Zudem wachen rund 55.000 Rettungsschwimmer jährlich 2,6 Millionen Stunden über die Sicherheit von Badegästen und Wassersportlern. Sie engagieren sich darüber hinaus in der örtlichen Gefahrenabwehr und bilden Einheiten der rund 80 DLRG Wasserrettungszüge für den Bevölkerungs- und Katastrophenschutz. Die DLRG zählt derzeit knapp 630.000 Mitglieder. Mehr als 1,3 Millionen Förderer unterstützen die lebensrettende Arbeit mit Spenden. Schirmherr ist Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. DGP/pm/tok