Gerade im Baby- und Kleinkindalter ist Vorsorge wichtig, denn da wird unter anderem der Grundstein für eine gesunde Zahnentwicklung gelegt. Foto: Dmytro/stock.adobe.com
Kinderzähne von Beginn an putzen und Schnuller nur gezielt einsetzen
Der Schnuller verschiebt die Zähne. Das ist einer von vielen Mythen rund um die Zahngesundheit von Kindern, der leider wahr ist. Aus zahnärztlicher Sicht ist der Schnuller ein Fremdkörper und nie kiefergerecht. Wird er intensiv und lange genutzt, stört er die Entwicklung der umliegenden Muskulatur, des Kieferknochens und der Zähne. Das führt zu erhöhter Kariesanfälligkeit und Problemen beim Sprechen und Kauen.
Das berichtet das Apothekenmagazin „ELTERN“ in seiner aktuellen Ausgabe.
Schnuller höchstens zwei Jahre behalten
Der Schnuller sollte daher nur gezielt und nur in bestimmten Situationen verwendet werden – wenn es gerade nicht anders geht. Am besten ist es, die kleinste Schnullergröße bis zum Ende beizubehalten. Ab dem siebten Lebensmonat ist dann ein guter Zeitpunkt zur Abgewöhnung, denn mit dem ersten Zahn nimmt das Kaubedürfnis zu und der Saugreflex ab. Spätestens nach zwei Jahren sollte der Schnuller Geschichte sein.
Ab dem ersten Zahn mit Putzen anfangen
Dass man die ersten Zähne noch nicht putzen muss, gehört ebenfalls zu den Zahnmärchen. Milchzähne sind wichtige Platzhalter für bleibende Zähne und helfen dem Kiefer, sich gut zu entwickeln. Die ersten kommen etwa im sechsten Monat, die letzten fallen erst im zwölften Lebensjahr raus. Das ist eine lange Zeitspanne.
Daher ab dem ersten Zahn mit fluoridhaltiger Kinderzahnpasta und einer Kinderzahnbürste putzen, selbst wenn noch gestillt wird. Kariesbakterien lieben den Milchzucker in der Muttermilch. Und Karies kann auch die noch im Knochen reifenden Zahnkeime schädigen oder auf Nachbarzähne übergreifen.
Weniger Vorsorge in der Corona-Pandemie
Die Corona-Krise scheint starke Auswirkungen auf die Mundgesundheit von Kindern zu haben, vor allem mit Blick auf die Kleinsten. Das zeigen Daten der KKH Kaufmännische Krankenkasse. So sind die zahnärztlichen Vorsorgeuntersuchungen bei Kindern bis fünf Jahren zu Beginn der Pandemie so drastisch zurückgegangenen wie in keiner anderen Altersgruppe: Vom ersten Halbjahr 2019 auf das erste Halbjahr 2020 um fast 40 %. Bei den Sechs- bis Zwölfjährigen sowie bei den 13- bis 17-Jährigen verzeichnet die KKH einen deutlich geringeren Rückgang von rund zwölf beziehungsweise rund 10 %.
Im weiteren Verlauf der Pandemie hat sich die Lage zunächst leicht entspannt. So registriert die KKH vom ersten Halbjahr 2020 auf das erste Halbjahr 2021 bei der kindlichen Zahnkontrolle ein leichtes Plus: bei den Kleinsten um rund 7 %, in der mittleren Altersgruppe um fast 10 % und bei den Älteren um gut 11 %. Im ersten Halbjahr 2022 gab es allerdings keinen erneuten Anstieg, die Vorsorgebereitschaft stagnierte.
Eltern warten zu lange mit Zahnvorsorge für die Kleinsten
Vijitha Sanjivkumar, Expertin für Kindergesundheit bei der KKH, hält es für besorgniserregend, dass noch nicht wieder so viele Kinder und Jugendliche den Zahnarzt zur Kontrolle aufsuchen wie vor der Pandemie. Das gilt vor allem mit Blick auf die Kleinsten, denn bereits vor der Virus-Krise war der Anteil der Kinder mit Zahnvorsorge in dieser Altersgruppe mit Abstand am niedrigsten. Er lag im ersten Halbjahr 2019 nur bei gut 14 %. Bei den Sechs- bis Zwölfjährigen registrierte die KKH hingegen den mit knapp 48 % größten Anteil. Unter den 13- bis 17-Jährigen suchten im selben Zeitraum rund 43 % den Zahnarzt zur Vorsorge auf.
„Das zeigt, dass viele Eltern immer noch zu lange warten, bevor sie mit ihrem Kind das erste Mal zum Zahnarzt gehen“, sagt Vijitha Sanjivkumar. „Aber gerade im Baby- und Kleinkindalter ist Vorsorge wichtig, denn da wird unter anderem der Grundstein für eine gesunde Zahnentwicklung gelegt.“
Milchzähne möglichst lange behalten
Die Pandemie hat die Lage noch einmal verschärft: noch weniger Zahnarztbesuche, keine Gruppenprophylaxe in Kitas und Schulen, vermehrtes Naschen während der vielen Zeit zu Hause in den Lockdownphasen. Die Folge: Karies. Wenn die Kinderzähne erst einmal befallen sind, ist dies nicht nur sehr schmerzhaft. Denn: Müssen kranke Milchzähne gezogen werden, kann das die Entwicklung der bleibenden Zähne und des Kiefers negativ beeinflussen. Der Grund: Die Milchzähne dienen als Platzhalter für die späteren Zähne.
„Karies ist eine der häufigsten Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter und entsteht in der Regel durch Zahnbeläge aufgrund schlechter Zahnpflege – vor allem nach dem Genuss von Süßem“, erläutert die KKH-Expertin.
Nicht ans Nuckeln gewöhnen
Das fängt schon im Babyalter an. Zuckerhaltige Getränke gehören deshalb nicht in Nuckelflaschen, da die Zähne durch das Saugen ständig mit der Flüssigkeit umspült werden und dadurch die natürliche Schutzwirkung des Speichels beeinträchtigt wird. Das gilt auch für verdünnte Süßgetränke.
„Damit sich die Kinder erst gar nicht ans Nuckeln gewöhnen, sollten Fläschchen am besten im Beisein der Eltern ausgetrunken werden“, rät Vijitha Sanjivkumar. „Ab dem zehnten Lebensmonat können Eltern ihren Nachwuchs dann an das Trinken aus dem Becher heranführen.“
Naschen wird zum Problem
Das Naschen können und sollten Eltern dagegen nicht grundsätzlich verbieten, sondern vielmehr einen bewussten Umgang mit Süßigkeiten fördern. So sollten Naschereien nicht selbstverständlich zum Alltag gehören oder etwa als Belohnung dienen. Wenn, dann sollte der Lust auf Süßes besser zu einem bestimmten Zeitpunkt und nicht über den ganzen Tag verteilt nachgegeben werden. Alternativ gibt es viele Produkte, die auf Zahnfreundlichkeit getestet und entsprechend gekennzeichnet sind.
Gefährlich für die Zähne ist nicht der Zucker an sich, sondern die sich bildende Säure, wenn die Kariesbakterien beim Genuss von Süßem die Kohlehydrate verdauen. Das greift den Zahnschmelz an und löst wichtige Mineralien aus dem Schutzmantel der Zähne.
Früh mit Zähneputzen beginnen
Deshalb ist abgesehen von der Vorsorge auch die richtige Zahnpflege entscheidend – und zwar von Beginn an. „Schon mit dem Durchbruch des ersten Zahns sollte zweimal täglich geputzt werden. Für den Nachwuchs gibt es spezielle Zahnbürsten und Zahncremes“, erläutert die KKH-Expertin.
Seit 2019 haben Eltern bereits zwischen dem 6. und dem 34. Lebensmonat ihrer Kinder Anspruch auf drei Früherkennungsuntersuchungen beim Zahnarzt. Zwischen dem 34. Lebensmonat und dem Ende des 6. Lebensjahres zahlen die gesetzlichen Krankenkassen für drei weitere Vorsorge-Besuche beim Zahnarzt. pm