Studien des Instituts für Medizinische Psychologie der Justus-Liebig-Universität Gießen zeigen weit verbreitete Defizite beim Zähneputzen. Viele nutzen die falsche Technik, halten sich aber für kompetent – und fördern damit Karies und Parodontose. Foto: photoschmidt/stock.adobe.com

Mehrheit überschätzt eigene Fähigkeiten beim Zähneputzen – AOK-Tipps für gesunde Zähne

Zähneputzen: Nichts einfacher als das! Das denken wahrscheinlich die meisten, denn tatsächlich putzen ja auch fast alle Menschen hierzulande täglich mindestens einmal ihre Zähne. Ob sie es deswegen auch gut können, ist eine andere Frage. Studien zeigen, dass die wenigsten das eigentliche Ziel des Zähneputzens – saubere Zähne – erreichen.

Warum das so ist, damit befassen sich zwei neue Studien der Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Renate Deinzer am Institut für Medizinische Psychologie der Justus-Liebig-Universität Gießen.

Selbsteinschätzung abgefragt

In der ersten Studie, die in der Zeitschrift „BMC Oral Health“ erschienen ist, sollten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mithilfe eines Fragebogens die Sauberkeit ihrer Zähne unmittelbar nach dem Zähneputzen einschätzen, wie das DeutschesGesundheitsPortal (DGP) berichtet. Die Gießener Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wollten herausfinden, ob sich die Menschen der Defizite bezüglich ihres Putzerfolges bewusst sind.

Das Ergebnis: Alle Studiengruppen schätzten die Sauberkeit ihrer Zähne als sehr hoch ein. Im Mittel gingen sie davon aus, dass sie etwa 70 Prozent der Messstellen am Zahnfleischrand sauber geputzt hatten – tatsächlich waren es aber nur um die 30 Prozent.

 „So gründlich wie möglich“ ist nicht sauber genug

In der zweiten Studie, die in derselben Zeitschrift erschien, verglich die Gießener Arbeitsgruppe zwei Gruppen, die unterschiedliche Anweisungen zum Zähneputzen erhalten hatten. Die eine Gruppe sollte ihre Zähne „wie gewöhnlich“ putzen, die andere Gruppe hingegen „so gründlich wie möglich, so dass sie ganz sauber sind“.

Das Ergebnis: Die Versuchspersonen, die „so gründlich wie möglich“ putzen sollten, putzten ihre Zähne wesentlich länger und verwendeten häufiger Zahnseide – ihre Zähne waren jedoch nicht sauberer als die der Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus der ersten Gruppe. Unabhängig von der Gruppenzugehörigkeit waren weniger als 40 Prozent der Messstellen am Zahnfleischrand plaquefrei.

Vernachlässigte Zahninnenflächen, Fehler bei Zwischenraumpflege

Das scheint nicht verwunderlich, da beide Gruppen gleichermaßen ihre Zahninnenflächen vernachlässigten. Auch hinsichtlich der Zahnputztechniken unterschieden sie sich nicht, und bei der Zahnzwischenraumpflege machten sie dieselben Fehler.

Um die Mundhygiene zu verbessern, reicht es nicht aus, länger zu putzen und Zahnseide zu verwenden. Viele Menschen scheinen allerdings nur diese Aspekte im Kopf zu haben, wenn es darum geht, die Zähne möglichst gründlich zu putzen. Das zeigt: Bei der Frage nach der richtigen Zahnputztechnik denken viele Menschen eher daran, dass man viel tun muss, und nicht, dass es auch auf die Qualität ankommt.

Diese Annahme wird auch dadurch unterstrichen, wie die Testpersonen die Sauberkeit ihrer Zähne einschätzen: Jene Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die ihre Zähne „so gründlich wie möglich“ (und somit länger) geputzt hatten, schätzten die Sauberkeit signifikant höher ein, als diejenigen, die ihre Zähne „wie gewöhnlich“ geputzt hatten – auch wenn ihre Zähne nicht sauberer waren.

Dies sei ein Dilemma, betont Prof. Deinzer: „Ohne ein Problembewusstsein für die eigenen mangelhaften Fertigkeiten fehlt die Einsicht, dass Zeit und Mühe investiert werden müssen, um das Zähneputzen nochmal neu zu lernen. Ein solches Problembewusstsein in der Bevölkerung zu schaffen, ist die nächste Herausforderung – für das Institut und die Zahnmedizin überhaupt.“

AOK-Tipps fürs richtige Zähneputzen

Das Geheimnis eines strahlenden Lächelns liegt in einem gesunden Gebiss. Damit Sie möglichst lange Freude an Ihren Zähnen haben, kommt es vor allem auf die richtige Zahnpflege und das richtige Zähneputzen an. Mit den Tipps der AOK-Beratungszahnärztin Katja Kühler halten Sie Ihre Zähne gut in Schuss.

Auch wenn die Zahnbürste täglich zum Einsatz kommt, passieren beim Putzen noch viele Fehler. Zwar gibt es nicht die eine richtige Zahnputztechnik, aber es gibt zwei Regeln, die für eine gute Reinigung beachtet werden müssen, unabhängig davon, ob die Zahnbürste in kreisenden, rüttelnden oder horizontalen Bewegungen durch den Mund geführt wird:

  • Achten Sie darauf, dass alle Flächen geputzt werden, dazu zählt auch die Innenseite der Zähne sowie eventuell vorhandene Kronen oder Brückenglieder – ein routinierter Ablauf kann dabei helfen.
  • Drücken Sie die Zahnbürste nicht zu fest auf: „Zu starker Druck mit der Bürste kann zum Beispiel das Zahnfleisch verletzen und letztlich die Zahnsubstanz am Zahnhals verstärkt abtragen“, weiß Katja Kühler, Beratungszahnärztin der AOK. Ideal ist etwa ein Druck von 200 Gramm – für das richtige Gefühl kann vorher an einer Küchenwaage geübt werden.

Welche Putztechnik die richtige ist, hängt unter anderem auch vom Zustand der Zähne und des Zahnfleischs ab. Wer sich unsicher ist, ob die eigene Technik reicht, um die Zähne sauber zu bekommen, kann sich von seinem Zahnarzt anleiten lassen. Für Kinder eignet sich am besten die „KAI-Plus-Methode“, um das richtige Zähneputzen zu lernen.

Zweimal pro Tag und jeweils drei Minuten putzen

Wer seine Zähne zweimal täglich putzt, macht schon mal viel richtig. „Am besten nach dem Frühstück und dem Abendessen“, weiß die AOK-Expertin. Nur mit der Bürste lässt sich der größte Teil des Zahnbelags entfernen. Reinigen Sie Ihre Zähne gründlich, etwa drei Minuten pro Putzvorgang. Wer vorher etwas Säurehaltiges gegessen hat, sollte mindestens eine halbe Stunde mit dem Zähneputzen warten, damit der Zahnschmelz Zeit hat, sich zu erholen.

Muss es eine elektrische Zahnbürste sein?

„Das spielt keine entscheidende Rolle“, meint Katja Kühler. Wichtig ist vielmehr, dass die Borsten abgerundet und nicht zu hart sind. Eine mittelharte Zahnbürste ist ideal. Sie empfiehlt, regelmäßig einen Blick auf den Bürstenkopf zu werfen. Wenn die Borsten abstehen, ist Ersatz fällig. Mit der Zeit lässt bei jeder Bürste die Reinigungswirkung nach und Keime vermehren sich. „Nach sechs bis acht Wochen darf es deshalb ruhig eine neue sein.“

Fluorid in der Zahncreme

Zahncremes sollten Fluorid enthalten, zum Beispiel in Form von Natriumfluorid oder Aminfluorid. „Das stärkt den Zahnschmelz und beugt Karies vor“, sagt die Zahnärztin. Dabei sollte der Fluoridgehalt dem Alter angepasst sein. Zahncremes für Kinder ab dem Schulalter, Jugendliche und Erwachsene enthalten bis zu 1500 ppm Fluorid. Für jüngere Kinder raten Experten zu Produkten mit bis zu 1000 ppm.

Von Zahncremes, die statt Fluorid Hydroxylapatit enthalten, raten Experten ab, da wissenschaftliche Beweise für die Wirksamkeit fehlen. Das Gleiche gilt für Zahncreme mit Aktivkohle, die Beläge und Verfärbungen besser lösen soll.

Mundgeruch aus den Zahnzwischenräumen

Selbst mit der richtigen Technik erreicht die Zahnbürste nur 30 Prozent des Mundraums. Vor allem die Zahnzwischenräume werden nicht ausreichend gesäubert und auch auf der Zunge und in der Mundhöhle bilden sich Bakterien, die mit einer Zahnbürste nicht entfernt werden. Neben Plaque und Zahnstein können diese auch zu Mundgeruch führen. Um das zu verhindern, sind weitere Pflegeschritte nötig.

Zahnbelag hat besonders zwischen den Zähnen ein leichtes Spiel, wo selbst die beste Zahnbürste passen muss. Reinigen Sie deshalb täglich auch die Zwischenräume mit Zahnseide oder Interdentalraumbürsten. Die Bürsten gibt es in verschiedenen Größen, sie eignen sich vor allem für breitere Zahnzwischenräume. Den gleichen Zweck erfüllt sogenannte Superfloss-Zahnseide. Gewachste Zahnseide schont das Zahnfleisch. Wofür Sie sich auch entscheiden: Wichtig ist, dass Sie gut damit zurechtkommen.

Nicht jede Mundspülung taugt etwas

Pflegende Mundspülungen schützen aufgrund ihrer Inhaltsstoffe vor allem das Zahnfleisch und beugen somit Zahnfleischentzündungen vor. Sie können das Zähneputzen aber nicht ersetzen und sind meist für Kinder ungeeignet. Mundspülungen mit Alkohol bringen keinen zusätzlichen Nutzen. Auch kosmetische Mundwasser haben keine nachgewiesene Wirkung auf die Mundpflege.

Regelmäßige Kontrolle durch den Zahnarzt

Auch wenn Sie Ihre Zähne optimal pflegen und keine Schmerzen verspüren, sollten Sie Ihr Gebiss mindestens einmal im Jahr vom Zahnarzt kontrollieren lassen. Viele Probleme erkennt nur der Experte. Er kann rechtzeitig mit wirksamen Methoden gegensteuern und Zahnstein, der sich eventuell gebildet hat, entfernen.

AOK empfiehlt: Acht Tipps zur Zahnpflege im Alltag

  • Zuckerfreie Kaugummis unterstützen die Zahnpflege, da sie den Speichelfluss anregen.
  • Besonders wenn es blutet: Verzichten Sie auch bei Zahnfleischbluten nicht aufs Putzen. Das Bluten ist ein Anzeichen, dass Ihr Zahnfleisch entzündet ist – eine Folge von Zahnbelag. Und genau der muss weg. Am besten zusätzlich noch Zahnseide verwenden. Wenn das Zahnfleischbluten trotz guter Mundhygiene nicht verschwindet, sprechen Sie Ihren Zahnarzt darauf an.
  • Nach dem Zähneputzen nicht zu kräftig ausspülen. Wer zu stark spült, schwemmt das zahnschützende Fluorid der Zahncreme wieder aus.
  • Obst ist zwar gesund, aber für Zähne bedeutet es Stress. Der darin enthaltene Fruchtzucker trägt zur Plaquebildung bei und die Fruchtsäure greift den Zahnschmelz an. Tipp: Nach dem Obstessen den Mund mit Wasser ausspülen.
  • Viele Käsesorten haben einen positiven Effekt auf die Zahngesundheit. Sie führen dem Zahnschmelz herausgelöste Mineralien wieder zu. Außerdem enthält Käse, wie alle anderen Milchprodukte auch, Kalzium. Ein Mineral, das den Zahnschmelz stärkt.
  • Zucker ist der größte Feind der Zähne – aber wer will schon auf ihn verzichten? Tipp: Lieber einmal am Tag den Heißhunger auf Süßes stillen als den ganzen Tag über immer wieder naschen.
  • Rauchen schadet auch den Zähnen. Nikotin verschlechtert die Durchblutung des Zahnfleischs. Folge: Es ist anfälliger für Parodontitis und geht bei dauerhaften Entzündungen zurück. Die Stabilität der Zähne kann dadurch verloren gehen.
  • Medikamente können ebenfalls die Zähne angreifen. Darum lohnt es sich, vor Benutzung die Packungsbeilage zu beachten oder Rücksprache mit dem Zahnarzt zu halten.
  • https://vital-region.de/news/tag-der-zahngesundheit-prophylaxe-erfolgsgeschichte-fortsetzen/

DGP/AOK/tok