
Ein Pieks mit der Spritze und man ist gleich gegen mehrere Krankheiten wie Covid-19 und Influenza geschützt. Einfach, schnell und sicher. Der neue Multikomponenten-Impfstoff mRNA-1083 scheint das leisten zu können. Foto: Konstantin Yuganov/stock.adobe.com
Keine Ausrede mehr für Impfmuffel: Ein Kombi-Impfstoff gegen Corona- und Grippeviren
Deutschland hat sich im Europavergleich zu einem Land der Impfmuffel gewandelt. Ein gutes, funktionierendes Gesundheitssystem, ein hoher, aber offenbar nicht hoch genug wirksamer Aufklärungsaufwand, eine breite Schulbildung leider ohne das Fach „Gesundheit“, eine lange, effektive und sichere Impferfolgsgeschichte – und trotzdem sinken oder stagnieren die Impfquoten. Und jetzt zeigen sich auch die Älteren impfmüde. Was tun?
Von Jahr zu Jahr lassen sich in Deutschland weniger Menschen gegen Influenza impfen. Das ist nicht nur aus gesundheitlichen Gründen ein Problem. Es kostet auch. Davor warnt das „Projekt: Grippeschutz“, eine unabhängige Initiative von Experten, die das Ziel verfolgt, die Grippeimmunisierung der Menschen deutlich zu verbessern. Denn nach wie vor ist die Grippe eine der schwersten Infektionskrankheiten. Das Ziel der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Impfraten von 75 Prozent unter den Älteren und anderen Risikogruppen zu erreichen, wird in Deutschland deutlich verfehlt.
Grippe-Impfquoten der über 65-Jährigen (OECD-Vergleich) | |
Deutschland (2021) | 43,3 % |
Frankreich (2022) | 56,8 % |
Italien (2022) | 58,1 % |
Griechenland (2021) | 65,3 % |
Spanien (2022) | 69,5 % |
Schweden (2022) | 70,0 % |
Niederlande (2021) | 72,6 % |
USA (2021) | 72,8 % |
WHO-Zielvorgabe: | 75 % |
Dänemark (2022) | 78,0 % |
Großbritannien (2021) | 80,9 % |
Impfmuffel in Baden-Württemberg
Sieht man sich in der weiteren Region von Vital-Region.de um, muss man feststellen, dass hier die Grippeimpfung offenbar keinen großen Anklang findet. In den beiden Städten Pforzheim und Heilbronn ist der Anteil der gegen Influenza geimpften Menschen ab 60 Jahre gleich hoch – und damit auch gleich schlecht. In den Hochzeiten der Coronapandemie teilten sich diese beiden Städte monatelang den ersten Platz im Rennen um den höchsten Anteil von Coronainfizierten. Das lang damals auch an einer vergleichsweise ausgeprägten Impfzurückhaltung. Dieser Trend macht sich nun ebenfalls bei der Grippeimpfung bemerkbar. Deutlich schlechter schneiden da allerdings noch die Landkreise Heilbronn, Calw und Freudenstadt ab.
Vorbildlich sind die Karlsruher. Ihre Quote von 34,5 % von geimpften Über-60-Jährigen ist regional schon ein sehr guter Wert. Deutschlandweit aber reicht es nur zu Platz 242 unter 400 Stadt- und Landkreisen. Da gibt es also noch viel Luft nach oben bei den Grippeimpfungen.
Für den Schutz dieser besonders vulnerablen Personen stehen gut wirksame Impfstoffe zur Verfügung. Influenza- und COVID-19-Impfungen sind Pflichtleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und damit für Versicherte, die zu den von der STIKO empfohlenen Gruppen gehören, kostenlos. Die Impfungen gegen Influenza und COVID-19 können gleichzeitig, also beim selben Termin, verabreicht werden und werden sowohl von Ärzten als auch von Apotheken angeboten.
Steigert ein kompakter Impfstoff gegen mehrere Infektionen die Impfquote?
Was tun gegen diesen Hang zur kollektiven Sorglosigkeit oder zur wissenschaftlich völlig unbegründeten Furcht vor Impfungen? Eine Möglichkeit wäre zum Beispiel, mit einer kompakten Impfung gleich gegen mehrere Erkrankungen vorzubeugen. Ein Pieks mit der Spritze und man ist gleich gegen mehrere Krankheiten geschützt. Einfach und schnell. Wichtig wäre das bei älteren Menschen mit schwächerem Immunsystem vor allem gegen Infektionen durch Corona- oder Grippeviren. Die Impfquoten gegen sowohl Influenza (Grippe) als auch gegen das neue Coronavirus SARS-CoV-2 gelten als ungenügend in der Altersgruppe der Ab-50-Jährigen. Die Krankheiten können bei Senioren schnell sehr schwer verlaufen und lebensgefährlich werden.
Ein Multikomponenten-Impfstoff gegen Grippe- und Coronaviren könnte die Durchimpfung der Population verbessern. Daran wird gerade geforscht. Der Multikomponenten-Impfstoff mRNA-1083 gegen SARS-CoV-2 und vier Stämme des Influenzavirus zeigte sich in einer randomisiert-kontrollierten Studie mit 8015 Personen ab 50 Jahren war in der Wirksamkeit dem üblichen quadrivalenten Influenza-Impfstoff und dem SARS-CoV-2-Impfstoff mRNA-1273 gegenüber ebenbürtig. Wie das DeutschesGesundheitsPortal (DGP) berichtet, rief der neue Impfstoff teils sogar eine höhere Immunantwort als die Gabe der beiden üblichen, separaten Impfstoffe hervor – bei akzeptabler Verträglichkeit und Sicherheit.
Randomisiert-kontrollierte Studie mit 8015 Personen ab 50 Jahren
In der vorliegenden Studie der Phase 3 wurde die Immunogenität und Verträglichkeit des mRNA-Impfstoffs mRNA-1083 gegen Influenza und SARS-CoV-2 bei Erwachsenen ab 50 Jahren untersucht. Die Studie wurde randomisiert in 146 Behandlungszentren in den USA zwischen Oktober und November 2023 durchgeführt. Teilnehmer wurden in zwei Altersgruppen, zwischen 50 und 64 Jahren und ab 65 Jahren, eingeteilt. Randomisiert erhielten die Gruppen entweder die Kombinationsimpfung mit mRNA-1083 plus Placebo oder eine gleichzeitige Verabreichung (Koadministration) des klassischen quadrivalenten Influenza-Impfstoffs (SD-IIV4) und des mRNA-1273-Impfstoffs.
Das vorrangige Ziel der Studie war die Ebenbürtigkeit der Immunantwort am Tag 29 nach Impfung mit mRNA-1083 im Vergleich zur Impfung mit den zwei üblichen Impfstoffen festzustellen. Darüber hinaus ermittelte die Untersuchung die Impfreaktionen sowie die Sicherheit von mRNA-1083. Sekundäres Ziel der Studie war die Demonstration der Überlegenheit der durch mRNA-1083 hervorgerufenen Immunantwort am Tag 29 im Vergleich zu den üblichen Impfstoffen in Koadministration.
Insgesamt wurden 8015 Personen in die Studie aufgenommen und geimpft. Die Altersgruppe ab 65 Jahren umfasste 4017 Personen im durchschnittlichen Alter von 70 Jahren (54,2 % Frauen), die Altersgruppe zwischen 50 und 64 Jahren umfasste 3998 Personen im durchschnittlichen Alter von 58 Jahren (58,8 % Frauen).
Das Ergebnis kann überzeugen
Der Kombinationsimpstoff mRNA-1083 rief eine stärkere Immunantwort als SD-IIV4 in der Altersgruppe der 50 bis 64 Jahre alten Teilnehmer für alle vier Influenza-Stämme und als HD-IIV4 in der Altersgruppe ab 65 Jahren gegen drei Influenza-Stämme (A/H1N1, A/H3N2, B/Victoria) hervor. Der Multikomponenten-Impfstoff rief auch in beiden Altersgruppen eine stärkere Immunantwort gegen SARS-CoV-2 hervor.
Gezielt ermittelte unerwünschte Reaktionen kamen numerisch häufiger nach Impfung mit mRNA-1083 als mit den üblichen Impfstoffen vor. Die meisten Reaktionen waren aber von geringem Schweregrad (Grad 1 oder 2) und von kurzer Dauer. Die Studie identifizierte keine Sicherheitssignale.
Es sieht also so aus, als könnte man der Impfmüdigkeit bei Senioren bald durch die Gabe von nur einer mehrfach wirksamen Impfung entgegenwirken. DGP/HealthCom/tok