
Eine Long COVID-Fatigue zeigt in der Regel nicht nur körperliche, sondern auch seelische, geistige Folgen. Bislang gibt es keine kausale medikamentöse Behandlung gegen die dauerhafte, extreme Erschöpfung. Das könnte sich nach einer Studie von Forschenden der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg ändern. Foto: fizkes/stock.adobe.com
Hoffnungsschimmer für Long COVID-Betroffene: Medikament lindert die Fatigue
Rund die Hälfte der Long COVID-Betroffenen leidet unter einer Fatigue, die eine lange, extreme Schwäche und eine schnell eintretende, starke Erschöpfung mit sich bringt. Hinzu kommen oft Konzentrationsstörungen und psychische Erschöpfungszustände. Medikamentöse Behandlungen, die direkt die Ursache der Fatigue angehen, gibt es noch nicht. Hoffnung macht jedoch eine Studie von Forschenden der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, die entdeckt haben, dass das Medikament Rovunaptabin (BC007) die Fatigue deutlich lindern kann.
Dieses Video der Stiftung Gesundheitswissen klärt über die Long-COVID-Erkrankung auf und gibt Tipps, wohin man sich beim Verdacht auf Long Covid wenden kann.
Erschöpfung beeinträchtigt stark die Lebensqualität
Fatigue zeigt in der Regel nicht nur körperliche, sondern auch seelische, geistige Folgen. Die Bandbreite der Behandlungsmethoden reicht unter anderem von Entspannungstraining und Schlafförderung über Konzentrationsübungen bis hin zu einem der Leistungsfähigkeit angemessenen körperlichen Training. Auch diverse Rehabilitationsmaßnahmen und kognitive Verhaltenstherapien tragen dazu bei, dass bei den meisten Long COVID-Betroffenen die Erschöpfung innerhalb eines halben Jahres abnimmt.
Ein interdisziplinäres Forschungsteam um Funktionsoberärztin PD Dr. Dr. Bettina Hohberger von der Augenklinik des Uniklinikums Erlangen fand im Rahmen der klinischen randomisierten Medikamentenstudie reCOVer heraus: Das Medikament Rovunaptabin (BC007) kann bei bestimmten Long-COVID-Betroffenen das Ausmaß der belastenden Erschöpfung signifikant senken, was zugleich die Lebensqualität der Betroffenen verbessert. Die Ergebnisse wurden jetzt in der renommierten Fachzeitschrift „eClinicalMedicine“, herausgegeben von „The Lancet“, veröffentlicht.
Gezielte Behandlung gegen Autoantikörper
Die reCOVer-Studie untersuchte ab Herbst 2023 insgesamt 30 Patienten mit Long COVID, auch Post-COVID-Syndrom genannt, die auch Monate nach einer Coronainfektion noch unter typischen Langzeitfolgen litten – vor allem unter starker körperlicher und geistiger Erschöpfung. Gemeinsam war ihnen, dass sie bestimmte Autoantikörper im Blut aufwiesen, die dazu in der Lage sein können, Körperzellen fehlzusteuern.
Im Rahmen der reCOVer-Studie erhielten die Teilnehmenden zuerst entweder das Medikament BC007 oder ein Placebo. Nach einigen Wochen wurde die Therapie gewechselt, sodass jeder Teilnehmer die Möglichkeit bekam, BC007 zu erhalten. Das Medikament neutralisiert jene funktionellen Autoantikörper, die sich gegen G-Protein-gekoppelte Rezeptoren (GPCR-fAAbs) richten und die im Verdacht stehen, die Beschwerden bei Long COVID mit zu verursachen.
„Die Ergebnisse sind vielversprechend: Wir haben gesehen, dass die speziellen Autoantikörper nach der BC007-Therapie verschwanden. Die Erschöpfungssymptome nahmen nicht nur statistisch, sondern für die Patientinnen und Patienten auch spürbar ab. Die Lebensqualität verbesserte sich messbar“, sagt Studienleiterin Dr. Hohberger.
Erste Hinweise auf eine ursächliche Therapie
BC007 wurde insgesamt von allen Probanden gut vertragen. „Unsere Studie liefert erste Hinweise auf eine ursächliche Therapie für eine bestimmte Gruppe von Long-COVID-Patientinnen und -Patienten“, so Bettina Hohberger weiter. „Das macht Hoffnung – für Betroffene, deren Alltag bislang massiv eingeschränkt ist und für die es bisher keine gezielte ursächliche Behandlung gab. Eine individuelle Diagnostik ist künftig entscheidend, um geeignete Zielgruppen für die Therapie präzise zu identifizieren.“ Die reCOVer-Studie wurde vom Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt und der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert. An dem Forschungsprojekt waren ebenfalls Wissenschaftler und Ärzte der Medizinischen Klinik 1 – Gastroenterologie, Pneumologie und Endokrinologie, der Medizinischen Klinik 3 – Rheumatologie und Immunologie, des Virologischen Instituts – Klinische und Molekulare Virologie, der Medizinischen Klinik 2 – Kardiologie und Angiologie und des Center for Clinical Studies des Uniklinikums Erlangen beteiligt. pm/tok