Nicht nur das Auge, auch das Ohr isst mit. Der Psychologe Charles Spence von der Universität Oxford hat gezeigt, dass Chips frischer schmecken, wenn ihre Knuspergeräusche lauter wiedergegeben werden. Foto: Krakenimages.com/stock.adobe.com

Genusshören: Wie der Hörsinn beeinflusst, ob etwas schmeckt

Essen ist für viele Menschen mehr als reine Nahrungsaufnahme. Genuss gehört für sie dazu. Dass die Optik dabei stimmen muss, spiegelt die viel zitierte Redewendung „Das Auge isst mit“ wider. Speisen appetitlich anzurichten, reicht allein aber nicht. Studien zeigen, dass auch die Akustik beeinflusst, ob oder wie etwas schmeckt.

Essen als Ohrenschmaus

Essen ist ein multisensorisches Erlebnis. Geschmack entsteht nicht allein auf der Zunge, sondern im Zusammenspiel von:

  • Zunge (Geschmacksknospen): süß, salzig, sauer, bitter, umami.
  • Nase (Geruch): Aromenvielfalt, die den größten Teil des Geschmacks ausmacht.
  • Augen: Farbe, Form und Anrichtung beeinflussen die Erwartung.
  • Ohren: Knacken, Knistern, Brutzeln oder Schlürfen verstärken den Eindruck von Frische, Intensität oder Wärme.

Das Gehirn verknüpft diese Sinneseindrücke und bastelt daraus den Gesamteindruck „lecker“.

Das sagt die Wissenschaft dazu:

  • Knusper-Test: Der Psychologe Charles Spence von der Universität Oxford hat gezeigt, dass Chips „frischer“ schmecken, wenn ihre Knuspergeräusche lauter wiedergegeben werden.
  • Geräusche in Restaurants: Hintergrundmusik verändert, wie süß, bitter oder salzig Speisen empfunden werden. Hohe Töne können Süße verstärken, tiefe Klänge eher Bitterkeit.
  • Neurogastronomie: Neurowissenschaftler belegen, dass akustische Reize die Wahrnehmung im orbitofrontalen Kortex modulieren – genau dort, wo Geschmack und Belohnung im Gehirn zusammenlaufen.

Nicht alle Essgeräusche sind appetitanregend

Manche Geräusche machen Appetit auf mehr, andere bremsen die Lust zu essen. So werden Chips zumeist als besonders lecker wahrgenommen, wenn sie knusprig klingen. Ist der Crunch nicht hörbar, werden sie eher als fad eingestuft.

Anderen Menschen beim genüsslichen Essen zuzuhören, kann unterschiedliche Emotionen hervorrufen. Einige empfinden es als appetitanregend. Andere stören schon leichte Kau-, Schluck-, Schmatz- oder Schlürfgeräusche. Das gilt insbesondere für Menschen mit Misophonie (Geräuschüberempfindlichkeit).

Gutes Gehör für größeren Genuss

Für Menschen mit Hörverlust verändert sich damit auch die Ess-Erfahrung. Wenn der knackende Apfel dumpf klingt oder ganz still bleibt, fehlt ein Signal, das das Gehirn mit Frische und Genuss verknüpft. Auch Patienten mit Cochlea-Implantaten berichten von veränderten Esswahrnehmungen. Andersherum: In der Ernährungstherapie – etwa bei Appetitlosigkeit älterer Menschen – nutzen Fachleute zunehmend akustische Reize, um Speisen „attraktiver“ wirken zu lassen. Ein knackiger Salat animiert eher zum Zugreifen als ein weich gekochtes Gemüse.

„Wenn das Gehör altersbedingt nachlässt oder durch eine Schädigung nicht richtig funktioniert, gehen Sinneseindrücke verloren. Man nimmt dann Dinge im Alltag nicht mehr deutlich und intensiv wahr. Das kann sich auch auf den Essgenuss auswirken“, sagt Eberhard Schmidt. Der Hörakustiker-Meister empfiehlt: „Dann ist es Zeit, sich um sein Gehör zu kümmern und es professionell beim Hörakustiker oder HNO-Arzt überprüfen zu lassen. Wird ein Hörverlust festgestellt, gibt es Lösungen, um ihn bestmöglich auszugleichen.“

So hört sich eine beginnende Schwerhörigkeit an

„Du hörst nur, was du hören möchtest“ – diesen Satz haben Menschen mit Hörschädigung wohl schon oft gehört. Er verdeutlicht, wie schwer es für gut Hörende ist, nachzuvollziehen, dass etwas nicht gehört und verstanden wurde – besonders, wenn zuvor keine Probleme auftraten. In solchen Situationen haben hörgeschädigte Menschen nicht selten das Gefühl, dass ihre Hörschädigung infrage gestellt wird und es fällt ihnen schwer, diese Fehleinschätzung aufzuklären.

Wie sich eine beginnende Schwerhörigkeit anhört, kann man sehr gut im unten verlinkten Video der Bundesinnung der Hörakustiker selbst erleben. Dieses Video veranschaulicht aus der Perspektive hörgeschädigter Menschen, wie stark unterschiedliche Rahmenbedingungen das Hören und Verstehen beeinflussen. Als gut hörende Person haben Sie die Chance, dies unmittelbar beim Abspielen des Videos nachzuempfinden. Zunächst findet ein Dialog in ruhiger Umgebung statt und die Anforderungen an das Verstehen sind für die hörgeschädigte Person noch zu bewältigen. In den folgenden Szenen – einer Teambesprechung im beruflichen Umfeld und einem Abendessen in einem belebten Restaurant – wird dies jedoch zunehmend zur Herausforderung für die nicht mehr normal hörende Protagonistin. Der Ton wurde in Lautstärke und Frequenz so angepasst, dass es dem Zuschauer/Zuhörer schwerer fällt, zu verstehen. Je leiser man den Ton stellt, umso mehr erhöht man die Schwierigkeit des Verstehens. So kann man die Situation hörgeschädigter Menschen noch besser nachzuempfinden.

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Weitere Informationen
In diesem YouTube-Video der Bundesinnung der Hörakustiker kann man nacherleben, wie Menschen mit einer Hörbehinderung in manchen Situation einmal scheinbar normal gut hören können und dann auch wieder fast gar nichts mehr verstehen.

Info

In Deutschland gibt es rund 7500 Hörakustiker-Betriebe. Hörtests sind dort zumeist kostenlos. Das Hörakustiker-Handwerk versorgt etwa 3,7 Millionen hörbeeinträchtigte Menschen bundesweit mit volldigitalen Hörsystemen und gibt ihnen so Lebensqualität zurück. Mehr Infos der Bundesinnung der Hörakustiker rund ums Hören finden Sie hier. Hörakustiker-Fachbetriebe in Wohnortnähe finden Sie hier.