Weltweit wird die Zahl der Krebserkrankungen steigen, auch die Todesfälle durch Krebs werden zunehmen. Die Forschung macht in der Medizin große Fortschritte, manche Krebsarten haben ihren Schrecken verloren, doch wenn Vorsorgeuntersuchungen oder Impfungen von den Menschen nicht wahrgenommen werden, wird die Krebslast weltweit weiter steigen. Foto: luchschenF/stock.adobe.com

Die globale Krebslast steigt – Lungenkrebs gibt es weltweit am häufigsten

Rund 20 Millionen Menschen erkrankten 2022 weltweit an Krebs, 9,7 Millionen starben. Das geht aus Daten hervor, welche die Internationale Krebsforschungsagentur (IARC) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) anlässlich des „World Cancer Day“ am 4. Februar veröffentlicht hat. Demnach steigt die Krebslast weltweit weiter an – es besteht dringend Handlungsbedarf. Ziel muss es sein, globale Ungleichheiten abzubauen.

„Etwa 1 von 5 Menschen erkrankt während des Lebens an Krebs, circa 1 von 9 Männern sowie 1 von 12 Frauen stirbt daran“, schreiben IARC und WHO in einer gemeinsamen Pressemitteilung. Schon dieser Satz macht deutlich: Krebs geht alle etwas an. Eine Diagnose trifft – aller medizinischen Fortschritte zum Trotz – Betroffene und ihre Angehörigen noch immer bis ins Mark. Gleichzeitig sind Tumorerkrankungen eine enorme Herausforderung für Gesundheits-, Sozial- und Wirtschaftssysteme weltweit.

Lungenkrebs kommt am häufigsten vor

Die neuen Schätzungen, welche die IARC online zur Verfügung gestellt hat, zeigen: 10 Krebsarten machten 2022 zusammengenommen rund zwei Drittel aller neuen Erkrankungen und Todesfälle aus.

Mit 2,5 Millionen neuen Fällen trat Lungenkrebs weltweit am häufigsten auf (12,4 %). Weiblicher Brustkrebs belegte den 2. Platz (2,3 Mio. Fälle, 11,6 %). Anschließend werden Krebsleiden am Dickdarm (1,9 Mio. Fälle, 9,6 %), an der Prostata (1,5 Mio. Fälle, 7,3 %) und im Magen (970.000 Fälle, 4,9 %) genannt.

Auch in Bezug auf die Zahl der Todesfälle führt Lungenkrebs: 1,8 Millionen Menschen verloren den Kampf gegen die Krankheit. Es folgen Dickdarm-, Leber-, Brust- und Magenkrebs.

Rauchverbot und Impfung – vieles kann Krebs verhindern

Dass Lungenkrebs wieder häufiger vorkomme, hänge vermutlich damit zusammen, dass der Konsum von Tabakprodukten vor allem in Asien weiterhin hoch im Kurs steht, heißt es. Es ist ein Beispiel, das deutlich macht: Viel Leid könnte verhindert werden – denn nicht nur das Rauchen gilt als vermeidbarer Risikofaktor. IARC und WHO verweisen etwa auf Gebärmutterhalskrebs – er ist der Krebs, der weltweit am neunthäufigsten tötet: Als „Problem der öffentlichen Gesundheit“ könne er eigentlich eliminiert werden. Schließlich ist dieser Tumor vermeidbar (Stichwort: HPV-Impfstoffe) und – wenn früh entdeckt – heilbar.

Vision Zero e.V.: Viele Krebstodesfälle wären zu verhindern gewesen

Die Statistiken sind ernüchternd: Jahr für Jahr erkranken in Deutschland rund 500.000 Menschen neu an Krebs, etwa 220.000 sterben daran. „Es müssten bei weitem nicht so viele sein“, sagt Daniel Bahr, Bundesgesundheitsminister a.D. und Vorstandsvorsitzender Vision Zero e.V.

Tatsächlich würden knapp 40 Prozent aller Krebserkrankungen gar nicht erst auftreten und viele weitere ließen sich in einem noch heilbaren Stadium erkennen, wenn Prävention und Früherkennung konsequent umgesetzt würden, wie Michael Baumann vom Deutschen Krebsforschungszentrum anlässlich des zurückliegenden Krebsforschungskongresses in Heidelberg betont hat.     

Krebs: Auch ein Gerechtigkeitsthema

Wie groß die Gefahr ist, die von einer Krebserkrankung ausgeht, hängt darüber hinaus auch davon ab, wo man lebt: Es gebe „beachtliche Ungleichheiten“ weltweit. Siehe Brustkrebs: In sehr wohlhabenden Ländern (laut Human Development Index, HDI) erhält eine von zwölf Frauen im Laufe des Lebens die Diagnose – eine von 71 Frauen stirbt daran. In ärmeren Regionen erkrankt nur eine von 27 Frauen irgendwann – doch für eine von 48 ist es ein Todesurteil.

Dr. Isabelle Soerjomataram, IARC, fasst zusammen: „Frauen in Ländern mit niedrigerem HDI haben ein um 50 Prozent geringeres Risiko, eine Brustkrebs-Diagnose zu erhalten, als Frauen in Ländern mit hohem HDI. Und doch haben sie ein sehr viel höheres Risiko an der Erkrankung zu sterben“. Der Grund: Sie wird zu spät erkannt, der Zugang zu Behandlungsmöglichkeiten ist begrenzt.

Soziales Ungleichgewicht: arm – Krebs – tot

Auch in Bezug auf andere Tumoren gibt es große Unterschiede, inwieweit bestimmte Gesundheitsdienstleistungen und Therapien für alle Menschen eines Landes zugänglich sind. „Die WHO […] arbeitet intensiv mit über 75 Regierungen zusammen, um Strategien zu entwickeln, zu finanzieren, zu implementieren und so eine Krebs-Versorgung für alle voranzutreiben“, so Dr. Bente Mikkelsen, WHO. Was es braucht: „Große Investitionen“.

Werden diese nicht getätigt, wird die Schere wohl weiter aufgehen: Die Fachleute gehen davon aus, dass die Zahl der neuen Krebsfälle bis 2050 um 77 Prozent auf über 35 Millionen steigen wird. Die Auswirkungen werden nicht alle Länder gleichermaßen treffen. Dort, wo der HDI im mittleren bis niedrigen Bereich liegt, wird sich die Krebssterblichkeit in diesem Zeitraum voraussichtlich fast verdoppeln. „Diejenigen, die die geringsten Ressourcen haben, um der Krebslast Herr zu werden, werden die Hauptlast […] tragen“, betont Dr. Freddie Bray von der IARC.

Und Dr. Cary Adams von der Union for International Cancer Control (UICC) findet: „Wo jemand lebt: Das sollte nicht darüber entscheiden, ob jemand überlebt“. Es sei auch eine Frage „politischen Willens“. pharma-fakten.de/pm/tok