Erfahrungen wie Engpässe in der Medikamentenversorgung, Fachkräftemangel und Ärztestreiks schüren die Unzufriedenheit der deutschen Bevölkerung mit ihrem Gesundheitssystems. Immerhin sehen 52 % der Deutschen das deutsche Gesundheitssystem in den Top-3 weltweit. Foto: spotmatikphoto/stock.adobe.com

Das Vertrauen der Deutschen in die Leistungs- und Reformkraft des Gesundheitssystems schwindet

„Das deutsche Gesundheitswesen steht vor einem tiefgreifenden Wandel“, sagt die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC. Veränderungen sind dringend notwendig – viele der vorhandenen Strukturen sind schlicht nicht mehr auf der Höhe der Zeit. Die Bürger sind immer weniger zufrieden mit dem hiesigen System, gleichzeitig zweifelt eine Mehrheit an den von der Politik angekündigten Reformen. Und trotzdem glaubt etwas mehr als die Hälfte der Deutschen an die Top-Qualität unseres Gesundheitswesens.

Immerhin: 52 % sehen Gesundheitssystem in den Top-3 weltweit

Roland Werner, Leiter Gesundheitswirtschaft & Pharma bei PwC Deutschland, spricht von einer „Unsicherheit in der deutschen Bevölkerung“. Er denkt: „Erfahrungen wie Engpässe in der Medikamentenversorgung, Fachkräftemangel und Ärztestreiks schüren die Unzufriedenheit.“ Wie aus einer repräsentativen Befragung von PwC Deutschland unter 1000 Bürgern hervorgeht, sieht nur noch knapp die Hälfte von ihnen (52 %) das hiesige Gesundheitssystem in den Top-3 weltweit. Es ist der niedrigste Wert seit Beginn der Befragungen.

Immerhin ist politisch einiges im Gange: Dauerbrenner sind die Diskussionen um eine Krankenhausreform und Veränderungen in der Pflege, das Gesundheitsdatennutzungsgesetz soll die digitalisierte Medizin vereinfachen, die Notfallreform 2025 starten, das Gesundheitsversorgungstärkungsgesetz diesen Sommer verabschiedet werden. Doch die PwC-Befragten zeigen sich skeptisch: Nur 8 % sind „sehr zuversichtlich“, dass die angekündigten Reformen das System voranbringen werden. 25 % sind „eher zuversichtlich“ – 62 % zweifeln daran. Unterschiede gibt es nach Alter: Jüngere sind optimistischer – für die über 55-Jährigen stellt PwC hingegen „eine Art Reformmüdigkeit“ fest.

Quelle: PwC, Healthcare-Barometer 2024/Grafik: Pharma-Fakten e.V.

Gesundheitssystem: Personal- und Ressourcenmangel

Zu den größten Herausforderungen zählen drei Viertel der Deutschen den Fachkräftemangel – es folgen die Sicherung der Versorgungsqualität (51 %), Defizite im ländlichen Raum (47 %) und die Finanzierbarkeit des Gesundheitswesens (44 %).

„Personalknappheit und Zeitdruck machen sich auch in der Bewertung der ärztlichen Behandlungen bemerkbar“, heißt es bei PwC. „Die Zufriedenheit mit der Behandlungsqualität ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich leicht gesunken und liegt aktuell bei 35 %. Der wesentliche Kritikpunkt: Ärzt:innen nehmen sich zu wenig Zeit“. Die Zufriedenheit mit der Krankenhausversorgung liegt momentan bei 52 %.

Trotz gestiegener Zusatzbeiträge bekommen die Krankenversicherungen weiterhin hohe Anerkennung (87 %). Mehr als jeder Zweite bewertet zudem die Kassen in Bezug auf Digitalisierung und Innovation als fortschrittlich. „Die eigentliche Bewährungsprobe“ stehe aber noch aus, so Thorsten Weber, Leiter Beratung GKV bei PwC Deutschland. Und das sei „die Einführung der elektronischen Patientenakte (ePa) ab Anfang 2025, in der alle Gesundheitsinformationen gebündelt sein werden“.

Innovationskraft der Pharmaindustrie

Die pharmazeutische Branche kann den Imagegewinn aus der Pandemie halten: „31 Prozent bewerten sie als innovative Unternehmen, die einen Beitrag zur Heilung von Krankheiten leisten“, heißt es. Vor allem jüngere Menschen erkennen demnach die Innovationskraft der Firmen an. Insgesamt sprechen sich 59 % der Befragten dafür aus, dass die Unternehmen neue Präparate entwickeln, um den Patienten beste Heilungschancen zu bieten. Die Entwicklung von Generika als kostengünstige Nachahmerprodukte ist den Bürgern weniger wichtig. Gleichzeitig wollen immer mehr Menschen, dass Medikamente innerhalb Europas hergestellt werden.

Roland Werner, PwC, sagt: „Das Image der Pharmabranche, historisch gewachsen, verändert sich allmählich. Die Bürger:innen verstehen, dass es vor allem die Innovationskraft und die Forschungsleistung sind, die vergütet werden müssen. Bei der Entwicklung von neuen innovativen Medikamenten gehen die Unternehmen ein hohes Risiko ein, bei dem sie auch scheitern können.“

Gesundheitssystem zukunftsfit machen

„Die Ergebnisse unserer Befragung zeigen, dass die Menschen in Deutschland sich ein echtes Zukunftskonzept für die Gesundheitsversorgung wünschen, das den Namen verdient. Den Krisenmodus müssen wir hinter uns lassen. Die wesentlichen Eckpfeiler: eine bessere Verzahnung des ambulanten und stationären Sektors oder die konsequente Nutzung von Telemedizin und Digitalisierung“, betont Michael Ey, Co-Lead Gesundheitswirtschaft bei PwC Deutschland. pharma-fakten.de/tok