Noch nie wurde in Deutschland so viel Geld für die ambulante Versorgung aufgewendet wie aktuell. Und die Zahl der in der Versorgung aktiven niedergelassenen Ärzte ist in den letzten Jahren auf einen Spitzenwert von 185.000 gestiegen. Foto: momius/stock.adobe.com
AOK-Bundesvorsitzende Reimann: Warnung vor „Praxenkollaps“ wird der Realität nicht gerecht
Anlässlich der Beratung einer Petition der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die ambulante Versorgung im Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages sagt Dr. Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes: „Wir sollten aufhören, ständig das Bild eines nicht mehr funktionierenden Gesundheitswesens zu zeichnen.“
Die Gründe für diese Forderung: „Noch nie wurde so viel Geld für die ambulante Versorgung aufgewendet wie aktuell, allein 2022 waren es 46 Milliarden Euro. Und die Zahl der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte, die in der Versorgung tätig sind, ist in den letzten Jahren auf einen Spitzenwert von 185.000 gestiegen.“
Ärztliche Praxisstrukturen weiterentwickeln
Die AOK-Bundesvorstandsvorsitzende hat auch gleich noch Lösungsvorschläge parat: „Daher werden die alarmistischen Warnungen der KBV vor einem angeblichen Praxenkollaps der Realität nicht gerecht. Unser Gesundheitssystem funktioniert, aber es braucht zweifellos eine strukturelle Weiterentwicklung. Die aktuellen Strukturen sorgen dafür, dass die vorhandenen finanziellen und personellen Ressourcen schlecht verteilt und nicht effizient eingesetzt werden.“
Im Detail heißt das für Dr. Carola Reimann: „Wenn wir die Probleme des Ärztemangels auf dem Land und der langen Wartezeiten lösen wollen, müssen wir ärztliche Praxisstrukturen weiterentwickeln, die Kompetenzen weiterer Gesundheitsberufe nach dem Vorbild anderer europäischer Länder erweitern und nicht zuletzt die Möglichkeiten der Digitalisierung wie Videosprechstunden stärker nutzen. An diesen Punkten gilt es anzusetzen, statt einfach immer mehr Geld der Beitragszahlenden in die vorhandenen Strukturen zu pumpen. So wird die geplante Entbudgetierung bei den Hausärzten nach unserer Einschätzung etwa 400 Millionen Euro zusätzlich kosten, ohne dass wir dadurch den Ärztemangel in strukturschwachen Regionen beheben.“
Und dann kommt Dr. Carola Reimann auch wieder mit der KBV auf einen Nenner: „Bei der Forderung nach einer sinnvoll umgesetzten Ambulantisierung stimmen wir der KBV ausdrücklich zu: Wir brauchen mehr ambulante statt stationärer Operationen. Nach wie vor werden viel zu viele Menschen in Deutschland im Krankenhaus behandelt, obwohl sie auch ambulant gut und ohne Abstriche in der Behandlungsqualität versorgt werden könnten.“ pm