Welche Leistungen mit dem Entlastungsbeitrag finanziert werden können, wie mit der Pflegekasse abgerechnet wird und was man sonst noch über das monatliche 125-Euro-Buget wissen sollte, wurde in der „SPRECHZEIT“-Telefonaktion mit Vital-Region.de behandelt. Foto: Alexander Raths/stock.adobe.com

125 Euro monatlich in jedem Pflegegrad: Wie Pflegebedürftige den Entlastungsbetrag nutzen können

Pflegebedürftige und pflegende Angehörige wissen: Unterstützung braucht es nicht allein im pflegerischen Bereich. Um Selbstständigkeit und Teilhabe sicherzustellen, benötigen Betroffene ebenso Hilfe bei der Bewältigung der Alltagsaufgaben – vom Haushalt bis zur Begleitung beim Arztbesuch. Für solche niedrigschwelligen Unterstützungsangebote steht allen, die in einen Pflegegrad eingruppiert sind, der so genannte Entlastungsbetrag mit einem monatlichen Budget von 125 Euro zur Verfügung.

Welche Leistungen damit finanziert werden können, wie mit der Pflegekasse abgerechnet wird und was man sonst noch über den Entlastungsbetrag wissen sollte, dazu informierten Expertinnen und Experten der Unabhängigen Patientenberatung (UPD) in der „SPRECHZEIT“-Telefonaktion mit Vital-Region.de. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick:

Muss der Entlastungsbetrag gesondert beantragt werden?

Raquel Reng: Der Anspruch auf den Entlastungsbetrag entsteht ab Pflegegrad 1 automatisch jeden Monat; er muss nicht beantragt werden. Die 125 Euro pro Monat werden aber nicht ausgezahlt. Sie müssen stattdessen entsprechende Rechnungen zur Kostenerstattung bei der Pflegekasse einreichen oder die Anbieter rechnen selbst mit der Pflegekasse ab. Nicht genutzte Entlastungsbeträge sparen sich an und verfallen erst zum 30. Juni des Folgejahres.

Entlastungsbetrag eine engagierte Nachbarin verwenden?

Jana Mehnert: In den meisten Bundesländern gibt es die Möglichkeit, Nachbarschaftshilfe im Rahmen des Entlastungsbetrags zu nutzen. Die Voraussetzungen, um als Nachbarschaftshelferin oder Nachbarschaftshelfer anerkannt zu werden, richten sich nach dem jeweiligen Landesrecht. In der Regel ist der Besuch eines Kurses vorgeschrieben.

Welche unterstützenden Leistungen werden über den Entlastungsbetrag bezahlt?

Isabel Gruner-Babic: Es gibt Betreuungsangebote, zum Beispiel durch Ehrenamtliche, Angebote zur Entlastung von Pflegenden und Angebote zur Entlastung im Alltag, zum Beispiel bei der Haushaltsführung.

Steht der Entlastungsbetrag nur für die Pflege zu Hause zur Verfügung?

Justyna Sikora-Arnold: Voraussetzung ist, dass die Pflegebedürftigen zu Hause leben und nicht im Heim. Im Rahmen der häuslichen Pflege kann der Entlastungsbetrag aber auch verwendet werden, wenn Sie Aufwendungen für Tagespflege oder Nachtpflege haben oder die Kurzzeitpflege nutzen.

Wo erfahre ich, wer Leistungen für den Entlastungsbetrag erbringt?

Marko Schröder: Sie können jederzeit bei Ihrer Pflegekasse eine Leistungs- und Preisvergleichsliste aller Anbieter in Ihrem Einzugsbereich anfordern. Entsprechende Listen für alle Bundesländer finden Sie auch im Internet. Auch die Pflegestützpunkte informieren dort, wo sie vorhanden sind, über die örtlichen Anbieter.

Kann mein Pflegedienst Arbeiten im Haushalt übernehmen?

Jana Mehnert: Ja, in aller Regel bieten Pflegedienste auch Haushaltshilfe im Rahmen des Entlastungsbetrags an.

125 Euro im Monat sind schnell aufgebraucht, kann man den Entlastungsbetrag aufstocken?

Raquel Reng: Ja, es gibt die Möglichkeit, bis zu 40 Prozent der Pflegesachleistung, die für einen ambulanten Pflegedienst zur Verfügung steht, für Unterstützungsleistungen umzuwandeln. Allerdings führt dies dazu, dass im betreffenden Monat das Pflegegeld um den Prozentsatz gekürzt wird, in welchem die Umwandlung erfolgt.

Kann ich den Entlastungsbetrag für Essen auf Rädern nutzen?

Isabel Gruner-Babic: Nein, das ist leider nicht möglich. Unter Umständen kann hier aber das Sozialamt einspringen.

Kann ich einen Fahrdienst mit dem Entlastungsbetrag bezahlen?

Justyna Sikora-Arnold: Ja, das geht, wenn Ihr Fahrdienst die entsprechende Anerkennung nach Landesrecht hat.

Worauf muss ich bei professionellen „Alltagshelfern“ achten?

Marko Schröder: Wichtig ist, dass diese die erforderliche Anerkennung nach dem jeweiligen Landesrecht haben, so dass der Entlastungsbetrag eingesetzt werden kann.

Ich habe den Entlastungsbetrag bisher nicht genutzt. Wofür kann ich das angesammelte Budget verwenden?

Raquel Reng: Sie können es für all das einsetzen, was über den Entlastungsbetrag finanziert werden kann. Vielleicht möchten Sie einen Frühjahrsputz durchführen lassen oder haben eine Rechnung der Kurzzeitpflege für Unterkunft und Verpflegung.

Können Investitionskosten bei Kurzzeitpflege in einer Pflegeeinrichtung über den angesparten Entlastungsbetrag bezahlt werden?

Jana Mehnert: Ja, das ist möglich, denn es handelt sich um Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der Kurzzeitpflege entstanden sind.

Wo erfahre ich, wie viel Budget mir noch zur Verfügung steht?

Isabel Gruner-Babic: Sie können sich jederzeit an die Pflegekasse wenden; sie muss Ihnen Auskunft geben, wie hoch Ihre angesparten Entlastungsbeträge sind.

Kann ich meine Tochter als Nachbarschaftshelferin mit dem Entlastungsbetrag bezahlen?

Jana Mehnert:Nein, das ist leider nicht möglich. Wer mit der pflegebedürftigen Person bis zum zweiten Grad verwandt oder verschwägert ist, kann für sie keine Nachbarschaftshilfe im Rahmen des Entlastungsbetrags erbringen.

Kann ich angesparte Entlastungsbeiträge für den Transport meiner Mutter von der Kurzzeitpflege nach Hause einsetzen?

Raquel Reng: Ja, das geht, denn die Transportkosten sind im Zusammenhang mit der Kurzzeitpflege entstanden.

Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD)

Die UPD informiert und berät Patienten und Verbraucher in gesundheitlichen und gesundheitsrechtlichen Fragen unabhängig, qualitätsgesichert, verständlich und kostenfrei.

  • Beratung in deutscher Sprache unter 0800 011 77 22, montags bis freitags von 8 bis 20 Uhr, samstags von 8 bis 16 Uhr
  • Beratung in türkischer Sprache unter 0800 011 77 23, montags bis freitags von 8 bis 18 Uhr, samstags von 8 bis 16 Uhr
  • Beratung in russischer Sprache unter 0800 011 77 24, montags bis freitags von 8 bis 18 Uhr, samstags von 8 bis 16 Uhr

Weitere Informationen unter www.patientenberatung.de

Die Fragen der Ratsuchenden wurden von diesen Expertinnen und Experten der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland beantwortet:

  • Raquel Reng; Volljuristin, Expertin Pflege
  • Jana Mehnert; Beraterin für Sozialversicherungsrecht
  • Isabel Gruner-Babic; Beraterin für Sozialversicherungsrecht
  • Justyna Sikora-Arnold; Beraterin für Sozialversicherungsrecht
  • Marko Schröder; Berater für Sozialversicherungsrecht