Die Teilnahme an virtuellen Meetings ist Alltag für viele Arbeitnehmer. Aber diese Entwicklung kann zu einer neuen Art der körperlichen und mentalen Belastung führen. Fehlender Augenkontakt, fehlende Gesten und die Schwierigkeit, nonverbale Zeichen zu erkennen und zu filtern können zu einer „Zoom-Fatigue“ (Videokonferenz-Erschöpfung) führen. Foto: YURII Seleznov/stock.adobe.com

„Zoom-Fatigue“: Wie uns Videokonferenzen erschöpfen und was dagegen hilft

Die Coronapandemie hat es möglich gemacht: Der Anteil an Arbeit im Home-Office ist rasant in die Höhe geschossen. Für manche ein Segen, für andere begann damit der Frust in endlosen, mehr furcht- als fruchtbaren Videokonferenzen. Die Lust auf Zoom-Meetings mit mittelprächtigen Videobildern, in denen man nie wirklichen Blickkontakt hatte, und selten astreinem Ton hat bei manchem Nutzer zu einer „Zoom-Fatigue“ (Videokonferenz-Erschöpfung) geführt.

Ermüdende Videokonferenzen ohne Gesten und Körpersprache

Darunter versteht man das Phänomen, dass die Teilnehmer der vielen Videokonferenzen davon ermüden und sich ausgelaugt fühlen. Virtuelle Konferenzen scheinen das Gehirn doch stärker belasten zu können, jenseits von klassischen Konferenzgefühlen wie Langeweile oder Ratlosigkeigt. Nonverbale Hinweise fehlen, weil Handgesten oder andere sonst im direkten persönlichen Gespräch genutzte Körpersprachen im Zoom-Bild nicht zu sehen sind. Das auf nicht digitale Kommunikation geprägte Gehirn sucht diese Gesten jedoch und kann sie nicht finden. Zum einen fehlen solche Signale von den Zoom-Teilnehmern, zum anderen können diese nicht auf eigene nonverbale Signale reagieren.

Die Stirne runzeln, Augen verdrehen, Augenbrauen heben – all das geht unter und provoziert auch keine Reaktionen. Schließlich verlangt die Videogesprächsrunde die volle Aufmerksamkeit für das gesprochene Wort und eine oft mäßige Bildqualität lässt manches untergehen. Schlimm wird es, wenn der Bildschirm gleichzeitig mehrere Gesprächspartner zeigt. Wo hinschauen? Was erkennen? Wem zuhören? Und war das jetzt gerade eine scherzhafte Bemerkung oder eine echte Falschinformation? Diese „kontinuierliche teilweise Aufmerksamkeit“ erschöpft den User, weil das Gehirn von ungewohnten überschüssigen Reizen überwältigt wird, während es sich auf die Suche nach nonverbalen Hinweisen konzentriert, die sie aber nicht finden kann.

Psychologische und physiologische Belastung des Körpers

Inwieweit sich neue Softwarelösungen mit künstlicher Intelligenz der aktuell aufkommenden Volkskrankheit „Zoom-Fatigue“ entgegenstellen, erklärt Markus Vollmer, COO und Co-Founder der Casablanca.AI GmbH aus Pforzheim: „Nicht erst durch Corona hat die digitale Kommunikation weltweit einen signifikanten Fortschritt erlebt. So kommt es immer mehr dazu, dass Berufstätige tagtäglich im Home-Office oder mobil arbeiten. Dabei gehört die Teilnahme an virtuellen Meetings zum Alltag für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Besonders diese Entwicklung birgt jedoch auch die Gefahr für eine neuere Art der körperlichen und mentalen Belastung, bekannt als ‚Zoom-Fatigue‘.“

Durch die Vielzahl an digitalen Konferenzen, Seminaren oder anderen Online-Meetings manifestiere sich, so Vollmer, bei vielen ein Zustand der Erschöpfung in Verbindung mit Konzentrationsschwierigkeiten, Ungeduld, Reizbarkeit oder anderen physischen Symptomen wie etwa Kopf- und Rückenschmerzen. „Um diesem anhaltenden Phänomen genauer auf den Grund zu gehen, haben die Standford University, die Universität Göteborg und das Institut für Beschäftigung und Employability (IBE) auch umfangreiche Studien angestoßen. Ergebnisse zeigen, dass es im Fall von Videokonferenzen zu einer psychologischen und physiologischen Belastung des menschlichen Körpers kommt“, erklärt Vollmer.

Markus Vollmer konnte bei den Smart City Days im CongressCentrum Pforzheim demonstrieren, wie die Software von Casablanca.AI hilft, bei Videokonferenzen eine „Zoom-Fatigue“ zu vermeiden. Foto: Thomas Sommer

Eigene Beschwerden erkennen

Gerade lange oder häufig wiederkehrende Meetings würden sich oft negativ auf die allgemeine Gesundheit und Leistungsfähigkeit auswirken. Forscher hätten, so der COO von Casablanca.AI, unter anderem den anhaltenden Bewegungsmangel, die dauerhafte Selbstbeobachtung, übermäßige Aufmerksamkeit oder auch das Gefühl der körperlichen Gefangenheit als mögliche Stressfaktoren für die Entstehung von ‚Zoom-Fatigue‘ identifiziert.

Für Vollmer steht fest: „Für einen Großteil der Menschen erweisen sich virtuelle Meetings sogar anstrengender als persönliche Treffen. So lassen sich die Belastungen aus Videokonferenzen einerseits auf organisatorische und andererseits auf technische Aspekte zurückführen. Dabei bleibt es natürlich essenziell, den eigenen Zustand als Warnzeichen wahrzunehmen, um so weitere schwerwiegende gesundheitliche Folgen, wie beispielsweise Depressionen oder auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen, möglichst zu verhindern.“                                                              

Eine Frage des Winkels

Was macht den Unterschied von Zoom-Konferenzen und persönlichen Gesprächen aus? „Besonders auch die Schwierigkeiten in Bezug auf den fehlenden beziehungsweise eher unnatürlichen Blickkontakt sowie die erschwerte Interpretation von nonverbalen Signalen tragen zu der wachsenden Erschöpfung bei vielen Arbeitnehmenden bei. In persönlichen Treffen ermöglicht Augenkontakt eine direkte Verbindung zwischen den Gesprächsteilnehmerinnen und Geschäftsteilnehmer. Dies fördert Vertrauen, schafft eine empathische Atmosphäre und gewährt so eine subtile, nonverbale Kommunikation. Diese Nuancen gehen bei Videokonferenzen oft verloren“, sagt Vollmer.

Die entsprechende Technologie erlaube es häufig nicht, dass alle Teilnehmende gleichzeitig angesehen werden, und selbst wenn, begrenze sich der Blickkontakt dabei natürlich nur auf die virtuelle Natur. Viele würden auch an der räumlichen Trennung zwischen dem digitalen Bild des Gegenübers sowie der Positionierung der Kamera, die den eigenen Blick auffängt, verzweifeln. Trotz der fortschreitenden Technologie, so Vollmer, bleibe der persönliche Blickkontakt ein essenzieller Bestandteil der zwischenmenschlichen Kommunikation. Durch das Fehlen von wichtiger Mimik sowie Gestik in der Videokonferenz gehe im Zuge des virtuellen Austauschs schnell der interpersonelle Aspekt der eigentlichen Konversation verloren.

Passende Lösung für alle gängigen Videokonferenzangebote

Seine Lösungsvorschlag: „Um der ‚Zoom-Fatigue‘ entgegenzuwirken, ist es wichtig, im digitalen Arbeitsalltag bewusst Pausen einzulegen, kurze Meetings abzuhalten oder auch die benötigten Anwendungen auf dem eigenen Bildschirm zu minimieren. Aber nicht nur die ausgewogene Verwendung des hilfreichen Mediums Videokonferenzen kann die Zunahme von ‚Zoom-Fatigue‘-Fällen reduzieren. Insbesondere die Integration neuer technischer Hilfsmittel wie künstliche Intelligenz, die die natürliche Erzeugung von Blickkontakt in virtuellen Umgebungen ermöglichen, bietet einen wesentlichen Vorteil für Betroffene.“

Zwar sei es wichtig, gelegentlich persönliche Treffen zu organisieren, um die zwischenmenschliche Interaktion zu fördern. Jedoch gestalte sich dies in der heutigen global vernetzten Welt nicht immer einfach. Daher sei es, so der Co-Founder von Casablanca.AI, entscheidend, fortgeschrittene KI-Anwendungen einzusetzen, um auch in solchen virtuellen Räumen den Augenkontakt zu ermöglichen. „Dieser senkt unter anderem die psychologischen und physiologischen Belastungen für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, damit sie sich in diesem digitalen Raum besser wahrgenommen fühlen. Ein ausgewogener Ansatz bei der Nutzung von Videokonferenz-Technologien trägt dazu bei, menschliche Bindungen auch im Homeoffice aufrechtzuerhalten“, so Vollmer.

Mit ihrer selbst entwickelten künstlichen Intelligenz ermöglicht die 2020 gegründete Casablanca.AI GmbH aus Pforzheim authentische Videocalls. Als „virtuelle Kamera“ funktioniert das Produkt in Zusammenarbeit mit allen gängigen Videokonferenzangeboten. Dabei erzeugt sie rein softwarebasiert in Echtzeit realen Augenkontakt in digitalen Meetings und stellt so ein natürliches sowie direktes Gesprächserlebnis her. Für höchste Präzision dreht die Software den gesamten Kopf des Nutzers, um ihn ideal auszurichten. Durch GAN-Technologie entsteht echter Blickkontakt, während Mimik und Gestik des Anwenders trotzdem realistisch und natürlich bleiben.     pm/tok

Weitere Informationen finden Sie unter www.casablanca.ai.

Info

Markus Vollmer ist seit 2022 der COO des Pforzheimer KI-Start-ups Casablanca.AI GmbH. Mit seiner rein softwarebasierten Lösung erzeugt das Unternehmen digitalen Augenkontakt in Echtzeit, um ein natürliches Gesprächserlebnis von Angesicht zu Angesicht herzustellen. Nach Masterabschlüssen in den Bereichen General Management und International Business Management in Stuttgart sowie Edinburgh widmete er sich Tätigkeiten in der Finanzbranche und gab sein Fachwissen als Hochschul-Dozent in Stuttgart weiter.