Neben offensichtlichen Stressoren wie Arbeit unter Zeitdruck oder der Mehrfachbelastung durch Job und Familie sollten unbedingt weitere Faktoren, die bei der Kopfschmerzentstehung eine Rolle spielen, mitbedacht werden. Foto: Valerie M/peopleimages.com/stock.adobe.com

Von Kopfschmerzen Geplagte sehen Stress als Top-Auslöser für ihre Beschwerden

„Weniger Stress“ stand sicher bei vielen ganz oben auf der To-do-Liste für 2024, gerade auch bei denen, die häufiger mal unter Kopfschmerz oder Migräne leiden. Doch die Erfahrung zeigt: Auch die besten Pläne überdauern oft nicht die ersten Januartage. Aber an diesem Plan sollte man festhalten, denn aktuelle Daten belegen, dass Kopfschmerzgeplagte Stress als den Top-Auslöser für ihre Beschwerden sehen. Stressmodulation und -reduktion können langfristig helfen.

Wer unter Kopfschmerzen leidet, nennt dafür vor allem einen Schuldigen: Stress. In einer Umfrage unter 3236 Personen der deutschen Bevölkerung zwischen 18 und 79 Jahren, die in den letzten 12 Monaten unter Kopfschmerzen und/oder Migräne litten, gaben 65 % (Frauen 71 %, Männer 58 %) Stress als häufigen Auslöser ihrer Attacken an. Auch eine aktuelle Übersichtsarbeit kommt zu dem Schluss, dass sowohl Alltagsstress wie auch mentaler Stress mit einer erhöhten Schmerzwahrnehmung und Beschwerdehäufigkeit bei Kopfschmerz- und Migränepatienten in Verbindung steht. Anspannung und Druck zu reduzieren, macht also Sinn, zumal nicht nur der Kopf davon profitiert, sondern die körperliche und seelische Gesundheit insgesamt. Doch wie?

Mysterium Stress

„Das erste Problem besteht darin, dass es keine genaue Definition von Stress gibt und Stress auch individuell etwas sehr Verschiedenes bedeuten kann“, sagt Prof. Dr. med. Dagny Holle-Lee, Leiterin des Westdeutschen Kopfschmerzzentrums in Essen. Außerdem könne Stress sowohl negativ wie auch positiv empfunden werden. „Für Migräne ist vor allem der Wechsel zwischen sehr stressreichen und stressarmen Phasen problematisch“, erläutert die Neurologin. „Nach einer Klausur oder am Wochenende kommt es dann zu Migräneattacken. Wahrscheinlich spielen hier Hormone wie das Cortisol eine wichtige Rolle.“

Aber es gibt noch weitere relevante Auslösefaktoren. So schläft man in stressigen Phasen vielleicht schlechter, ernährt sich unregelmäßiger, macht weniger Sport. „Alles Dinge, die dann zu Migräneattacken führen können“, sagt Holle-Lee.

Komplexe Beziehung Stress/Kopfschmerz

Die Beziehung von Stress und Kopfschmerz ist also komplex und wird durch verschiedene körperliche und psychologische Mechanismen beeinflusst. So können die Stresshormone Adrenalin über eine Erhöhung der Muskelspannung und Effekte auf das Blutgefäßsystem sowie Cortisol durch Beeinflussung des Blutzuckerspiegels und entzündlicher Prozesse die Kopfschmerz und Migräne begünstigen. Auch die Freisetzung von Botenstoffen, die an der Schmerzwahrnehmung beteiligt sind, ist unter Stress häufig verändert.

Stressbedingte Schlafstörungen und Schlafmangel können Kopfschmerzen triggern. Dasselbe gilt für Zustände wie Angst und Depression, die ebenfalls durch äußeren Druck und Anspannung verstärkt werden können. Die Wege vom Stress zum Kopfschmerz sind also vielfältig.

Wege aus der Stress-Kopfschmerz-Falle

„Stressmodulation und Stressreduktion haben einen relevanten Einfluss auf Kopfschmerzen und Migräne“, erklärt Holle-Lee, „wobei die Stressmodulation oft leichter zu erreichen ist.“ Hier liegt der Fokus darauf, die Wahrnehmung von und den Umgang mit Stress zu verändern, während bei der Reduktion die Verringerung oder Ausschaltung von Stressoren das Ziel ist. Entscheidend sind langfristige Lifestyle-Umstellungen, wobei die Analyse von Stressauslösern und die Entschärfung von Stressspitzen, etwa durch Pausen und klare Arbeit-Freizeit-Trennung, helfen.

Selbstfürsorge ist in diesem Zusammenhang ein wichtiges Stichwort. „Es geht darum, eigene Bedürfnisse wahrzunehmen und zu versuchen, diesen zumindest besser gerecht zu werden“, so die Neurologin.

Neben offensichtlichen Stressoren wie Arbeit unter Zeitdruck oder der Mehrfachbelastung durch Job und Familie sollten unbedingt weitere Faktoren, die bei der Kopfschmerzentstehung eine Rolle spielen, mitbedacht werden, damit 2024 zu dem gesunden und beschwerdefreien Jahr wird, das sich jeder wünscht. Ausreichende Bewegung und Entspannung im Alltag gehören dazu, eine gute Flüssigkeitsbilanz, feste Essens- und Schlafenszeiten sowie genug bildschirmfreie Phasen. Der Effekt der einzelnen Maßnahmen ist individuell verschieden.

„Regelmäßige Schlafzeiten scheinen aber den meisten zu helfen. Dabei geht es vor allem um die Regelmäßigkeit, nicht um die absolute Schlafdauer“, so Holle-Lee. Die Expertin rät außerdem, nur Anti-Stress-Maßnahmen zu ergreifen, die zu einem passen, und sich nicht die Schuld zu geben, wenn doch eine Migräneattacke kommt. Wichtig sei zudem, den eigenen Kopfschmerz gut zu kennen und zu wissen, was dann hilft – und vielleicht auch, wann der beste Zeitpunkt für eine Tablette ist.

Die Kombination macht’s

Nicht immer lassen sich Kopfschmerzen vermeiden. Für die Linderung akuter Beschwerden ist die rechtzeitige Einnahme eines gut verträglichen Schmerzmittels entscheidend. Eine bewährte Option stellen schmerzlindernde Medikamente mit der Kombination aus Acetylsalicylsäure (ASS) und Paracetamol oder Ibuprofen mit Coffein dar. Die Zugabe von Coffein verstärkt nicht nur die Wirkung von ASS und Paracetamol zusätzlich, sondern beschleunigt sie auch, was es ermöglicht, die Einzelwirkstoffe in niedrigeren Dosen einzunehmen und dadurch die Verträglichkeit zu verbessern.  

Kopfschmerz-Kompetenz-Check: Kennen Sie Ihre Beschwerdeauslöser?

Wer weiß, in welchen Bereichen der eigene Körper empfindlich reagiert, kann potenzielle Auslöser leichter umgehen oder mit gezielten Maßnahmen gegensteuern. Dabei geht es aber nicht um eine hundertprozentige Trigger-Vermeidung. Der Versuch wäre zum Scheitern verurteilt und würde nur zusätzlichen Stress bedeuten. Oft genügt aber auch schon ein besseres Verständnis dafür, wie der eigene Kopf tickt, um Schmerzattacken vorzubeugen. Und was macht Ihrem Kopf zu schaffen?

1. Veränderte Rhythmen

Was Kopfschmerzen auslösen kann:

  • schlechter/zu wenig Schlaf
  • verschobene/ausgefallene Mahlzeiten
  • ungewohnte Tagesabläufe

Tipp: Versuchen Sie, bewährte Routinen auch an Wochenenden und in den Ferien beizubehalten. Stehen besondere Ereignisse an, kann es hilfreich sein, den Rhythmus langsam über mehrere Tage anzupassen.

2. Psychischer Stress

Was Kopfschmerzen auslösen kann:

  • zu viele Termine/soziale Verpflichtungen
  • hoher Leistungsdruck
  • hohe Ansprüche an sich selbst
  • fehlende Erholungspausen
  • Mobbing

Tipp: Setzen Ihren Terminkalender auf Diät und reduzieren Sie die Zahl der Pflichten auf das notwendige Minimum. Planen Sie stattdessen Zeiten nur für sich ein und mit Freunden, die nicht fordern, sondern Ihnen guttun.

3. Körperliche Anspannung

Was Kopfschmerzen auslösen kann:

  • viel Sitzen am Schreibtisch
  • häufige Bildschirmarbeit
  • nicht/schlecht korrigierte Sehschwäche
  • einseitige Belastung (vor allem Schulter-Nacken-Bereich) bei der Arbeit
  • Bewegungsmangel

Tipp: Stellen Sie sich einen Timer, der Sie an kurze Bewegungspausen erinnert – am besten stündlich. Aufstehen, Strecken, Arme kreisen und den Blick schweifen lassen. Das lockert die Muskulatur, verbessert die Durchblutung und auch das Denken fällt leichter. Dafür genügen wenige Minuten. Zum Kollegen gehen, statt ihm zu mailen, die Treppe nehmen anstelle des Fahrstuhls und in der Mittagspause einmal um den Block laufen – diese Kleinigkeiten ergeben in der Summe schon ein Fitnessprogramm light.

4. Belastende Umweltbedingungen

Was Kopfschmerzen auslösen kann:

  • hoher Lärmpegel
  • Hitzephasen
  • Wetterumschwünge
  • Mangel an frischer Luft
  • extreme/unangenehme Gerüche

Tipp: Nicht immer können wir unser Umfeld so verändern, wie wir es gerne hätten. Wie wir damit umgehen aber schon. Mit geräuschunterdrückenden Kopfhörern lässt sich Umgebungslärm komplett ausblenden. Regelmäßiges Lüften und Pausen im Freien sorgen für einen Frischekick. Vielleicht gibt es sogar noch einen Luftreiniger von der Corona-Hochzeit? Beim Einsatz von Ventilatoren austesten, wo sie gut stehen, ohne zu stören. Und gerade bei Hitze das Trinken nicht vergessen.

5. Veränderungen im Wasser- oder Hormonhaushalt

Was Kopfschmerzen auslösen kann:

Was Kopfschmerzen auslösen kann:

  • Flüssigkeitsmangel
  • hormonelle Schwankungen (z. B. Eisprung, Menstruation)

Tipp: Trinken Sie ausreichend Wasser, besonders bei Hitze, um Dehydratation und Kopfschmerzen vorzubeugen. Achten Sie auf einen gesunden Lebensstil. Regelmäßige Bewegung, ausgewogene Ernährung und ausreichend Schlaf können dazu beitragen, hormonelle Schwankungen auszugleichen und dadurch ausgelöste Kopfschmerzen oder Migräne zu minimieren. Ein gutes Stressmanagement wirkt sich ebenfalls positiv aus. Auch hormonelle Verhütungsmittel, die eine stabilisierende Wirkung auf die Hormone haben, können manchmal eine Option sein.

6. Bestimmte Nahrungsmittel

Was Kopfschmerzen auslösen kann:

  • Rotwein
  • fermentierter oder gut gereifter Käse (z. B. Brie, Bergkäse, Roquefort)
  • histaminfreisetzende Früchte (z. B. Zitrusfrüchte, Erdbeeren, Wassermelone)
  • Zusätze in Speisen

Tipp: Wer seine Trigger kennt, wird in der Regel größere Mengen davon meiden. Sie komplett aus dem Leben zu streichen, kann aber sehr anstrengend sein und Stress erzeugen, der wiederum Kopfschmerzen fördert. Seien Sie also nicht zu streng mit sich selbst und geben Sie sich nicht die Schuld, wenn der Kopf schmerzt.

Kleiner Trink-Guide

Nicht alle werden zwangsläufig Kopfschmerzen bekommen, wenn sie zu wenig trinken, da die individuelle Empfindlichkeit gegenüber Dehydratation variiert. Dennoch gehört Flüssigkeitsmangel zu den häufigen Kopfschmerzauslösern. Regelmäßiges und ausreichendes Trinken ist damit eine wichtige und einfach umzusetzende Maßnahme, um dem lästigen Pochen, Stechen oder Ziehen im Schädel vorzubeugen. Mit diesen Tipps gelingt es noch leichter:

1.             Setzen Sie sich konkrete Ziele: Bestimmen Sie, wie viel Wasser Sie täglich trinken möchten. Ein allgemeiner Richtwert sind etwa 1,5 Liter. Aber individuelle Bedürfnisse können variieren. Wer viel Sport treibt, benötigt mehr. Auch mehr Körperfett und höhere Luftfeuchtigkeit lassen den Bedarf steigen. Statt bei Wasser dürfen Sie ebenfalls bei ungesüßtem Früchte- oder Kräutertee zugreifen. Wichtig: Kontrollieren Sie Ihren Erfolg. Sammeln Sie leere Flaschen an einem festen Platz, sodass der Fortschritt sichtbar wird. Sie können auch eine Strichliste führen, in der Sie jedes Glas und jede Tasse notieren.

2.             Machen Sie Ihre Wasserflasche zum ständigen Begleiter: Wer immer Wasser zur Hand hat, trinkt automatisch mehr. Markierungen auf der Flasche können helfen, die Fortschritte im Laufe des Tages zu verfolgen. Die Alternative für zuhause: Die Wasserration für den ganzen Tag bereits morgens in Gläser füllen und auf einem Tablett bereitstellen. So sieht man den Erfolg Glas für Glas.

3.             Etablieren Sie Routinen: Verbinden Sie das Wassertrinken fest mit bestimmten Aktivitäten: nach dem Aufstehen, vor einer Mahlzeit, vor dem Schlafengehen. So wird es mit der Zeit zur selbstverständlichen Gewohnheit.

4.             Sorgen Sie für Abwechslung: Immer dasselbe ist fade. Und vielleicht finden Sie Wasser ja ohnehin langweilig. Ein Spritzer Zitronensaft oder Obstessig sorgen für eine fruchtige Note. Auch mit einer Gurkenscheibe oder frischen Minzblättern können Sie Wasser schnell etwas Aroma verleihen. Lassen Sie Ihrer Kreativität freien Lauf. Welches „infused water“ schmeckt Ihnen am besten?

5.             Machen Sie Wasser attraktiv: Edle Gläser oder eine Flasche in coolem Design können den Spaßfaktor beim Wassertrinken steigern, denn das Auge trinkt mit.

6.             Nutzen Sie eine Wasser-Tracking-App: Wer immer wieder vergisst zu trinken, kann sich per Smartphone daran erinnern lassen – kostenlos und den individuellen Bedürfnissen entsprechend.

7.             Denken Sie an die Extraportion Wasser beim Sport: Wer den Körper fordert, benötigt zusätzliche Flüssigkeit. Deshalb vor, während und nach dem Sport ausreichend Wasser trinken. Das sollte zum festen Ritual werden. Wichtig: Denken Sie daran, dass auch bei warmen Temperaturen der Flüssigkeitsbedarf erhöht ist.

8.             Essen Sie wasserreiche Lebensmittel: Wem es leichter fällt, Wasser zu „essen“, statt zu trinken, für die oder den sind Salate und Suppen ideal, dazu Snacks wie Gurke, Tomaten oder Trauben. Etwa 20 bis 50 Prozent Wasser stammen täglich aus Nahrungsmitteln. Und dieser Anteil lässt sich noch steigern. Das Trinken sollten Sie natürlich trotzdem nicht vergessen.

9.             Achten Sie auf die Signale Ihres Körpers: Ignorieren Sie manchmal Ihr Durstgefühl? Keine gute Idee! Denn der Organismus signalisiert ziemlich deutlich, wann und was er braucht. Trinken Sie immer sofort etwas, wenn Sie durstig sind! Noch besser ist es allerdings, nicht erst zu warten, bis sich der Durst meldet, sondern mit regelmäßigen Wasserpausen vorzubeugen.     pm