Parodontitis kann systemische Entzündungen fördern, die das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen. Eine schwedische Studie zeigte, dass Parodontitis-Patienten ein um 49 Prozent höheres Risiko hatten, einen Herzinfarkt oder Schlaganfall in den nächsten sechs Jahren zu erleiden. Foto: freshidea/stock.adobe.com

Was vom Zahnfleisch ausstrahlt: Alle vier großen Volkskrankheiten sind mit Parodontitis assoziiert

Parodontitis ist eine weit verbreitete komplexe, nicht-übertragbare, chronische, entzündliche Erkrankung des Zahnhalteapparates. Sie steht in Zusammenhang mit den vier großen Volkskrankheiten Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, chronischen, Atemwegserkrankungen und Krebs. Und darüber hinaus mit vielen weiteren Erkrankungen.

Diese Verbindungen unterstreichen die Bedeutung der Mundgesundheit für die allgemeine Gesundheit, fasst die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) zusammenfassen.

14 Millionen in Deutschland mit schwerer Parodontalerkrankung

Die Mehrheit der Erwachsenen ist von Parodontitis betroffen. Rund 14 Millionen Menschen in Deutschland haben sogar eine schwere Parodontalerkrankung. Die chronische Entzündung belastet Körper und Organe. Folgende Entzündungsmediatoren tragen zur Entstehung und zum Fortschreiten der folgenden Erkrankungen bei:

1 – Diabetes und Parodontitis verstärken sich gegenseitig

Diabetes und Parodontitis beeinflussen sich bidirektional, verstärken sich gegenseitig. Die chronische Entzündung des Zahnfleisches kann die Blutzuckerkontrolle beeinträchtigen und somit die Diabetes-Symptome verschlimmern.

Studien zeigen, dass eine unbehandelte Parodontitis den HbA1c-Wert, einen wichtigen Indikator für die Blutzuckerkontrolle, negativ beeinflussen kann. Eine Parodontitis begünstigt zudem die Folgeerkrankungen des Diabetes und kann die Sterblichkeit erhöhen. Diabetiker mit schwerer Parodontitis haben ein bis zu 8,5-fach erhöhtes Risiko für Nierenerkrankungen.

2 – Erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Parodontitis kann systemische Entzündungen fördern, die das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen. Es wurde nachgewiesen, dass Patienten mit Parodontitis häufiger an Herzinfarkten und Schlaganfällen leiden. Die entzündlichen Prozesse im Mundraum können arteriosklerotische Veränderungen begünstigen und somit die Entstehung beziehungsweise Verschlechterung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen fördern.

Eine schwedische Studie zeigte, dass Parodontitis-Patienten ein um 49 Prozent höheres Risiko hatten, einen Herzinfarkt oder Schlaganfall in den nächsten sechs Jahren zu erleiden. Je schwerer die Zahnbetterkrankung, desto höher war das Risiko.

3 – Atemwegserkrankungen durch Parodontitis verursachende Bakterien

Die Bakterien, die Parodontitis verursachen, können über die Atemwege in die Lunge gelangen und dort Infektionen auslösen oder bestehende Atemwegserkrankungen verschlimmern. Besonders bei älteren Menschen und Patienten mit chronischen Atemwegserkrankungen wie COPD kann dies zu schwerwiegenden Komplikationen führen.

4 – Hinweise auf höheres Krebs-Risiko

Es gibt Hinweise darauf, dass Parodontitis das Risiko für bestimmte Krebsarten erhöhen kann. Insbesondere Mundhöhlen- und Rachenkrebs sind mit schlechter Zahngesundheit assoziiert. Studien deuten darauf hin, dass die durch Parodontitis verursachten Entzündungsmediatoren die Krebsentstehung und -progression begünstigen können.

Porphyromonas gingivalis, ein häufiger Erreger der Parodontitis, spielt eine Rolle bei der Krebsentstehung. Er fördert eine anhaltende Entzündungsreaktion, die zur Freisetzung von entzündungsfördernden Zytokinen und freien Radikalen führt. Dies kann DNA-Schäden verursachen und ein schnelles Zellwachstum begünstigen, was das Krebsrisiko erhöht.

Über die Zahnfleischtaschen gelangen Mundbakterien und Entzündungsstoffe in den Blutkreislauf und können so auch Probleme in anderen Regionen des Körpers auslösen. Foto: Henrie/stock.adobe.com

Parodontitis nicht isoliert betrachten

Die Verbindung zwischen Parodontitis und diversen Volkskrankheiten macht deutlich, dass einzelne Erkrankungen nicht isoliert betrachtet werden können. Da Zahnärzte jüngere Patienten in der Regel häufiger sehen als Allgemeinmediziner, besteht ein großes Potenzial für die Aufklärung und die Früherkennung von lokalen und systemischen Krankheitsrisiken. Eine umfassende Gesundheitsvorsorge muss auch die Mundgesundheit einschließen, um die Allgemeingesundheit zu fördern und schwerwiegende Erkrankungen zu verhindern beziehungsweise abzuschwächen.

Präventive Maßnahmen wie regelmäßige zahnärztliche Kontrollen, eine gezielte Parodontitis-Therapie und eine konsequente Mundhygiene sind entscheidend, um das Risiko für viele Erkrankungen zu minimieren. Und dies kann letztendlich dazu beitragen, die Ressourcen des Gesundheitssystems zu schonen. pm/tok

Parodontitis entwickelt sich meist schleichend, schmerzlos und unbemerkt. Eine Paradontitis mit einer Zahnfleischtaschentiefe von vier Millimetern und mehr ist behandlungsbedürftig. Foto: Bilderzwerg/stock.adobe.com

🦷 Merkblatt: Parodontitis – Ursachen & Therapie


🔍 Was ist Parodontitis?

Parodontitis ist eine chronische, entzündliche Erkrankung des Zahnhalteapparates (Zahnfleisch, Fasern, Wurzelzement, Kieferknochen), die unbehandelt zum Zahnverlust führen kann.


⚠️ Ursachen:

UrsacheBeschreibung
Plaque / BiofilmBakterienbelag, Hauptauslöser der Entzündung
ZahnsteinVerhärtete Plaque, fördert Bakterienwachstum
RauchenReduziert Durchblutung und Immunabwehr
GenetikVeranlagung zu stärkerem Knochenabbau
Diabetes mellitusSchlechtere Wundheilung, erhöhte Entzündungsneigung
StressSchwächt Immunsystem, steigert Entzündungsrisiko
Mangelnde MundhygieneUnzureichende Entfernung von Plaque und Bakterien
Fehlbelastung der ZähneFalscher Biss, schlecht sitzende Füllungen/Kronen

🛠️ Therapie:

PhaseMaßnahme
DiagnoseParodontalstatus, Röntgen, Messung der Sondierungstiefen
InitialbehandlungAufklärung, Mundhygieneinstruktion, professionelle Zahnreinigung (PZR)
Subgingivale ReinigungEntfernung von Belägen unter dem Zahnfleisch (Scaling & Root Planing)
AntibiotikatherapieNur bei schwerer oder aggressiver Parodontitis
Chirurgische MaßnahmenBei tiefen Taschen: offene Kürettage, ggf. regenerativer Knochenaufbau
ErhaltungstherapieLangfristige Nachsorge mit regelmäßiger PZR alle 3–6 Monate

Wichtig für den Therapieerfolg:

  • Gründliche tägliche Mundhygiene (Zahnbürste, Zwischenraumbürsten)
  • Rauchstopp
  • Gute Einstellung von Grunderkrankungen (z. B. Diabetes)
  • Teilnahme an der unterstützenden Parodontitistherapie (UPT)