In den Trinkwasserproben aus nahezu allen Gebäuden, in denen die Wasserinstallation mit Epoxidharz saniert wurde, hat das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt Stuttgart möglicherweise krebserregendes Bisphenol A im Warmwasser in besorgniserregenden Konzentrationen festgestellt. Foto: megaflopp/stock.adobe.com

Nach Epoxidsanierung erschreckend hohe Gehalte an Bisphenol A im Trinkwasser

„Die Trinkwasserüberwachung in Baden-Württemberg findet besorgniserregende Gehalte an Bisphenol A nach Epoxidsanierung. Ich rate zur Vorsicht bei diesem Sanierungsverfahren!“, sagte der Minister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (MLR), Peter Hauk am 30. August in Stuttgart. Bisphenol A hat eine hormonähnliche Wirkung und steht darüber hinaus im Verdacht, Krebs zu erregen.

„Die Chemikalie Bisphenol A ist in Klebstoffen, Lacken oder Kunstharzen enthalten. Letztere werden unter anderem zur Sanierung von Trinkwasserleitungen eingesetzt. Nach ersten Befunden zu Bisphenol A im Warmwasser im Jahr 2021, setzte die Trinkwasserüberwachung in Baden-Württemberg die Untersuchungen fort“, sagte Hauk.

Grenzwert für Trinkwasser deutlich überschritten

Im Fokus seien vor allem sanierte Trinkwasserinstallationen von Gebäuden gestanden, vor allem in Mehrfamilienhäusern. In nahezu allen sanierten und von den Gesundheitsämtern beprobten Objekten hat das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt (CVUA) Stuttgart Bisphenol A im Warmwasser in besorgniserregenden Konzentrationen festgestellt. „Mit 2,5 Mikrogramm je Liter wird der seit dem Jahr 2024 gültige Trinkwassergrenzwert bei 87 Prozent der Warmwasserproben um mehr als das Achtfache überschritten,“ sagte Hauk.

Einen ausführlicheren Bericht veröffentlichte kürzlich das CVUA Stuttgart auf der Internetseite der Chemischen und Veterinäruntersuchungsämter CVUA Stuttgart | Bisphenol A im Trinkwasser (ua-bw.de).

Die Epoxidsanierung wird von einschlägigen Unternehmen als eine vermeintlich günstige Alternative zur Komplettsanierung, also dem Austausch der Wasserleitungen angeboten. Meist sind die Gesundheitsämter in die Planungen von Eigentümern und Hausverwaltungen nicht eingebunden, da bei Wohn- oder Mehrfamilienhäusern die Sanierung der Behörde nicht gemeldet werden muss.

Regelmäßige Untersuchungen

„Die Epoxidsanierung ist langfristig gesehen anscheinend nicht so sicher, wie es von den Anbietern anhand von Zertifikaten dargestellt wird“, stellt Verbraucherschutzminister Hauk fest und empfiehlt Betreibern von Trinkwasserinstallationen im Hinblick auf die aktuellen Untersuchungsergebnisse einen kritischen Umgang mit dem Verfahren.

Ist eine Sanierung nach diesem Verfahren bereits erfolgt, rät Minister Hauk dazu, das Trinkwasser, vor allem das Warmwasser regelmäßig und dauerhaft auf Bisphenol A untersuchen zu lassen. Unauffällige Befunde in den ersten Jahren nach der Sanierung bedeuten keine Entwarnung. Temperaturen im Warmwasser von vorübergehend mehr als 65 Grad Celsius, die beispielsweise bei einer thermischen Desinfektion in jedem Fall erreicht werden, scheinen dazu zu führen, dass es langfristig zu Bisphenol A-Einträgen in das erwärmte Trinkwasser kommt. Wird der zukünftige Grenzwert überschritten, steht spätestens dann doch eine Komplettsanierung im Raum.

Kein Bisphenol A im Kaltwasser

Minister Hauk betont aber auch: „Im Kaltwasser wurde Bisphenol A nicht nachgewiesen. Zum Verzehr und bei der Zubereitung von Lebensmitteln sollten Verbraucherinnen und Verbraucher daher vorsorglich Kaltwasser verwenden. Dieses kann in der Regel bedenkenlos getrunken und verzehrt werden.“

Was ist Bisphenol A?

Bisphenol A ist eine Chemikalie, die häufig als Komponente in Klebstoffen, Lacken oder Kunstharzen (sogenannte Epoxidharze) verwendet wird.

 Wie funktioniert die Epoxidsanierung von Trinkwasserleitungen?

Bei der Epoxidsanierung von Trinkwasserleitungen werden die Komponenten, üblicherweise bestehend aus Bisphenol A und Epichlorhydrin, nach dem Entleeren, Trocknen und Sandstrahlen der Leitungen in die Trinkwasserinstallation gedrückt. Die Leitungen werden so von innen mit Epoxidharz beschichtet. Daher wird das Verfahren auch als Innenrohrsanierung bezeichnet. Nach dem Aushärten des Harzes wird die Trinkwasserleitung wieder befüllt.

Warum ist die Aufnahme von Bisphenol A gesundheitlich bedenklich?

Bisphenol A hat eine hormonähnliche Wirkung und steht darüber hinaus im Verdacht, Krebs zu erregen. Aufgrund dessen wurde zunächst in der europäischen Trinkwasser-Richtlinie, aber seit Juni 2023 auch in der Trinkwasserverordnung ein Grenzwert festgelegt, der ab Januar 2024 einzuhalten ist.

Ausführlicher Bericht des CVUA Stuttgart zu Bisphenol A im Trinkwasser – Ein Problem nach Sanierung von Hausinstallationen mit Epoxidharz: https://www.ua-bw.de/pub/beitrag.asp?subid=1&Thema_ID=2&ID=3817&lang=DE&Pdf=No