Einer fängt im Kollegenkreis mit dem Mobbing an, andere folgen dem Beispiel. Die Angriffe innerhalb des Teams ziehen sich oft über Monate hin, wobei die Aggressionen auch von der Führungskraft ausgehen können. Am Ende leidet das Mobbingopfer unter psychischen und physischen Erkrankungen, die sein Leben teilweise sehr stark beeinträchtigen können. Foto: Andrey Popov/stock.adobe.com

Mobbing im Betrieb ist Gewalt gegen Kollegen — mit physischen und psychischen Folgen

Gerüchte streuen, ausgrenzen, bloßstellen — Mobbing in der Arbeitswelt hat viele Gesichter. Was Betriebe und Einrichtungen tun können, damit Mobbing keinen Platz hat, erläutert Hannah Huxholl, Psychologin bei der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV), im Rahmen der Kampagne #GewaltAngehen.

Woran erkennt man Mobbing?

Hannah Huxholl: Oft geht Mobbing zunächst von einer Einzelperson aus. Diese schikaniert eine andere Person mit dem Ziel, sie mit allen Mitteln auszuschließen beziehungsweise loszuwerden. Mobbing geschieht über einen längeren Zeitraum. Im Verlauf schließen sich häufig weitere Personen dem Mobbing an. Dabei kann es sich um Angriffe innerhalb eines Teams handeln. Die Aggressionen können aber auch von der Führungskraft ausgehen. Mobbing kann psychisch stattfinden, etwa durch Bloßstellen, Demütigen oder Drangsalieren. Die Gewalt kann aber auch weiter eskalieren und es kann zu körperlichen Übergriffen oder Belästigung kommen.

Warum ist Mobbing am Arbeitsplatz ein Thema?

Hannah Huxholl: Mobbing ist ein gruppendynamischer Prozess und wird durch bestimmte Konstellationen gefördert. Begünstigend wirkt beispielsweise, wenn die Beteiligten Teil eines festen Teams sind, in dem personelle Wechsel aus unterschiedlichen Gründen nicht oder nur eingeschränkt möglich sind. Daher tritt Mobbing besonders an Schulen, aber auch am Arbeitsplatz auf. Ausgangspunkt kann etwa ein schwelender Konflikt sein, wobei dieser nach und nach in den Hintergrund gerät und stattdessen die betroffene Person Zielscheibe für verschiedenste Schikanen und Herabsetzungen wird.

Was können Betroffene tun, an wen sollten sie sich wenden?

Hannah Huxholl: Betroffene sollten es unverzüglich im Betrieb melden, wenn sie erkennen, dass sie gemobbt werden. Ihre Ansprechpersonen sind Vorgesetzte oder Kontaktpersonen im Unternehmen wie die Betriebsärztin beziehungsweise der Betriebsarzt, die Interessenvertretung oder die Personalabteilung. Hier sollten sie Unterstützung bekommen, denn Arbeitgebende sind grundsätzlich ihren Beschäftigten gegenüber zur Fürsorge verpflichtet. Damit letztere plausibel aufzeigen können, dass sie gemobbt werden und wer dafür verantwortlich ist, empfiehlt sich ein Mobbing-Tagebuch zu führen. Darin sollten detailliert die Mobbingerfahrungen protokolliert werden.

Wie erkennen Führungskräfte Mobbing im Team, wie sollten sie handeln?

Hannah Huxholl: Sehr oft erfahren Führungskräfte eher spät von Mobbing in ihren Reihen, der Prozess ist schon fortgeschritten, der Handlungsbedarf akut. Sie müssen sich rasch einen Überblick verschaffen: Wer ist Täter oder Täterin? Wer ist von den Schikanen betroffen? Wichtig ist schließlich, klare Grenzen zu setzen, sich eindeutig zu positionieren und das Mobbing zu unterbinden. Außerdem sollten Arbeitsbedingungen hinterfragt werden: Warum kam es zu einem Machtgefälle, welches das Mobbing begünstigt hat? Warum fällt das Mobbing erst jetzt auf? Wie können Arbeitsbedingungen verändert werden, damit es nicht erneut zu Mobbing kommt?

Was muss man auf betrieblicher Ebene tun, um Mobbing entgegenzuwirken?

Hannah Huxholl: Betriebe sind klar in der Pflicht. Arbeitgebende müssen ihrer Fürsorgepflicht nachkommen und etwa dafür sorgen, dass Anfeindungen und Einschüchterungen gar nicht erst auftreten. Ansatzpunkt kann eine Gefährdungsbeurteilung insbesondere in Hinblick auf Gefährdungen durch psychische Belastung sein: Sind Rollenverteilungen klar definiert, sind Arbeitsabläufe transparent und ist die Arbeitsmenge angemessen?

Von großer Bedeutung sind Betriebsklima und Umfeld. Beschäftigte mit Ambitionen, eine unliebsame Person zu mobben, werden in einer kollegial geprägten Umgebung wenig Rückhalt finden. Beispielsweise können Betriebe gemeinsam mit den Beschäftigten Regeln des kollegialen, respektvollen Miteinanders festlegen. Das kann ein Verhaltens- und Wertekodex sein, zu dem sich alle bekennen und der im Alltag auch gelebt wird. Oder eine Dienst- bzw. Betriebsvereinbarung. Betriebe sollten solche Vereinbarungen aushängen und sie immer wieder in Erinnerung bringen. Es empfiehlt sich auch, Maßnahmen für den konkreten Umgang mit Mobbing zu definieren, eine Art Handlungsleitfaden. So kann im Fall der Fälle schnell reagiert werden. Sinnvoll ist außerdem, im Betrieb über interne oder externe Beratungsmöglichkeiten und Beschwerdestellen zu informieren.

Info

Mit dem Mobbing-Report 2024 hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) einen aktuellen Überblick über das Phänomen Mobbing in der Arbeitswelt veröffentlicht. Die dem Bericht zugrundeliegende Studie wurde von Margrit Löbner, Professorin für Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt am Institut für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin und Public Health der Universität Leipzig (ISAP), geleitet. Sie kann hier heruntergeladen werden. Das vollständige Interview mit Hannah Huxholl und Ergänzungen von Prof. Margrit Löbner lesen Sie auf der Website von #GewaltAngehen.    pm






Mobbing ist kein Kavaliersdelikt, sondern ein bewusstes, langes Verletzen

Mobbing im Betrieb bezeichnet wiederholte, systematische und feindselige Handlungen gegenüber einer Person am Arbeitsplatz mit dem Ziel, diese zu verletzen, zu demütigen oder auszugrenzen. Es kann sich in verbalen Angriffen, sozialer Isolation, Rufschädigung oder Schikanen äußern und erfolgt meist über einen längeren Zeitraum. Mobbing ist alles andere als ein Spaß oder ein Kavaliersdelikt. Darüber sollten sich Mobber im Klaren sein, denn sie schaden ihrem Opfer massiv; je länger, umso schwerwiegender sind die Auswirkungen.  tok

Psychische Auswirkungen von Mobbing

  1. Angststörungen
    • Betroffene entwickeln oft generalisierte Ängste oder Panikattacken.
    • Die Angst vor weiteren Mobbinghandlungen kann zu sozialem Rückzug führen.
  2. Depressionen
    • Anhaltendes Mobbing kann zu einem Gefühl der Wertlosigkeit und Hoffnungslosigkeit führen.
    • Oft verbunden mit Schlafstörungen, Antriebslosigkeit und Konzentrationsproblemen.
  3. Burnout-Syndrom
    • Dauerhafte seelische Überlastung durch Mobbing erhöht das Risiko für Burnout.
    • Symptome: emotionale Erschöpfung, Zynismus, Leistungsabfall.
  4. Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS)
    • In besonders schweren Fällen zeigen sich PTBS-ähnliche Symptome.
    • Flashbacks, Albträume, Vermeidungsverhalten.

Physische Auswirkungen von Mobbing

  1. Chronischer Stress
    • Erhöhter Cortisolspiegel kann langfristig das Immunsystem schwächen.
    • Folge: erhöhte Infektanfälligkeit und verzögerte Wundheilung.
  2. Kopfschmerzen und Migräne
    • Häufig psychosomatisch bedingt durch dauerhafte psychische Belastung.
  3. Magen-Darm-Beschwerden
    • Reizmagen, Übelkeit, Appetitlosigkeit oder Durchfall treten häufig auf.
  4. Herz-Kreislauf-Probleme
    • Erhöhtes Risiko für Bluthochdruck und Herzrhythmusstörungen.
  5. Schlafstörungen
    • Grübeln über Mobbingerfahrungen führt zu Einschlaf- oder Durchschlafproblemen.

Langfristige Folgen

  • Beruflicher Rückzug: Kündigungen, Frühverrentung.
  • Soziale Isolation: Verlust von sozialen Kontakten am Arbeitsplatz.
  • Verlust des Selbstwertgefühls: Langfristige Schädigung des Selbstbildes.
  • Gesellschaftliche Kosten: Krankmeldungen, Produktivitätsverlust, Behandlungskosten.