Eine Nachtfahrt ist für viele Senioren der Altersklasse Ü70 ein Unsicherheitsfaktor. Das dürfte an im Alter zunehmenden Sehproblemen liegen. Foto: Ainur/stock.adobe.com

Mehrheit der deutschen Autofahrer für Gesundheitsuntersuchungen im Alter

Knapp zwei Drittel der Autofahrer in Deutschland halten regelmäßige Gesundheitsuntersuchungen zur Überprüfung der Fahrtauglichkeit für sinnvoll. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage, die das Meinungsforschungsinstitut YouGov im Auftrag von Continental unter 2055 Bundesbürgern vom 11. bis 13. März 2024 durchgeführt hat. Dabei wird deutlich: Die Zustimmung sinkt mit zunehmendem Alter der Befragten.

Junge Autofahrer am häufigsten für Fahrer-Gesundheitschecks

Während in der Gruppe der 18- bis 29-Jährigen 75 % den Vorschlag gutheißen, ist es bei den über 70-Jährigen nur rund die Hälfte. Noch größer wird die Abweichung zwischen den Generationen bei der Frage, ob die Gültigkeit der Fahrerlaubnis für Menschen ab 70 Jahren befristet und ihre Verlängerung an einen Gesundheitscheck geknüpft werden soll. 73 % der über 70-Jährigen lehnen das ab. Bei den unter 50-Jährigen hingegen stimmen dem Vorschlag mehr als zwei Drittel zu. Rund die Hälfte (49 %) der Befragten, die gesundheitliche Untersuchungen sinnvoll finden, spricht sich für eher kürzere Untersuchungsintervalle von höchstens zwei Jahren aus.

Über alle Altersgruppen hinweg offenbart sich, dass der zunehmende Einsatz moderner Fahrerassistenzsysteme das Sicherheitsgefühl am Steuer steigert. „Die Ergebnisse zeigen: Assistenzsysteme unterstützen Fahrerinnen und Fahrer im Straßenverkehr. Sie assistieren ihnen buchstäblich. Wir sehen vor allem: Die Akzeptanz von Fahrerassistenzsystemen steigt mit ihrer Verfügbarkeit in Fahrzeugen. Mit ihrer zunehmenden Verbreitung wird die Akzeptanz weiter steigen“, ordnet Gilles Mabire, Chief Technology Officer (CTO) Automotive bei Continental, die Umfrageergebnisse ein.

Sicherheit und Unabhängigkeit für Mehrheit im Mittelpunkt

Den Umfrageergebnissen zufolge sind einer großen Mehrheit beim Autofahren Sicherheit und Unabhängigkeit besonders wichtig – mit Abstand am meisten den über 70-Jährigen. Ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung wird in Deutschland in den kommenden Jahrzehnten weiter zunehmen. Damit steigt das Risiko, dem Senioren im Straßenverkehr ausgesetzt sind, und auch das Risiko, dem sie andere Verkehrsteilnehmer durch die zunehmende altersbedingte Einschränkung der eigenen Fahrtauglichkeit aussetzen. 2022 waren laut Statistischem Bundesamt rund 37 % der Verkehrstoten in Deutschland über 65 Jahre alt, obwohl ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung rund 22 % betrug. Hinzu kommt, dass laut Statistik ältere Autofahrer besonders bei schweren Unfällen häufiger die Hauptverursacher sind.

Demografische Entwicklung sorgt für politische Diskussionen

Handlungsbedarf sah vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung die EU-Kommission. Sie schlug 2023 vor, dass Führerscheinbesitzer über 70 Jahre künftig alle fünf Jahre entweder eine Selbsteinschätzung zur Fahrtauglichkeit ausfüllen oder sich ärztlich untersuchen lassen müssen, um zu bestätigen, dass sie noch fit genug zum Fahren sind.

Der Vorschlag sah ursprünglich sogar vor, dass alle Autofahrer in der EU ihre Fahrerlaubnis im 15-Jahre-Rhythmus neu beantragen und dafür medizinische Tests oder eine Selbstauskunft vorlegen sollten. Nach längerer Debatte sprach sich die EU im Februar 2024 abschließend jedoch gegen EU-weite verpflichtende Gesundheitschecks aus. Die EU-Mitgliedstaaten dürfen weiterhin jeweils selbst für ihr Land entscheiden, ob medizinische Untersuchungen und gegebenenfalls welche für Autofahrer sinnvoll sind. In Deutschland lehnt die Bundesregierung eine Testpflicht ab.

In anderen europäischen Ländern sind Gesundheitschecks hingegen vorgeschrieben. So müssen beispielsweise in Spanien Autofahrer ab 65 Jahren den Führerschein alle fünf Jahre erneuern lassen und dabei die Fahrtüchtigkeit medizinisch belegen. Der Gesetzgeber in Dänemark verlangt ab 75 Jahren ein ärztliches Attest, wenn der Führerschein verlängert werden soll. Ab 80 muss der Antrag jedes Jahr gestellt werden. Autoführerscheine in Italien sind sogar generell nur für eine bestimmte Zeit gültig. Ab einem Alter von 50 Jahren müssen sie alle fünf Jahre erneuert werden, ab 70 alle drei Jahre, ab 80 alle zwei. Eine medizinische Untersuchung geht dort einer möglichen Verlängerung des Führerscheins voran.

Technologischer Fortschritt stärkt das Sicherheitsgefühl

Fahrerassistenzsysteme sind als Hilfen für sichereres Fahren breit anerkannt und gewinnen weiter an Bedeutung. Einige von ihnen werden ab Juli 2024 in der EU bei Neuwagen sogar Pflicht. Fahrerassistenzsysteme verbessern das Sicherheitsgefühl im Auto, so die Rückmeldung der Mehrheit der Befragten. Am besten schneidet über alle Altersgruppen gemittelt die Rückfahrkamera ab (40 %), gefolgt von Abbiege- und Notbremsassistent (jeweils 32 %), Tempomat (31 %), Einparkhilfe (29 %), Spurhalte- sowie Lichtassistent (jeweils 28 %). Auffällig ist, dass Fahrer neuerer Autos (Baujahr 2021 bis heute) in Deutschland Fahrerassistenzsysteme eher als eine Unterstützung für die Fahrsicherheit ansehen als Personen mit älteren Autos (2020 und älter). Bei der Rückfahrkamera zum Beispiel beträgt der Unterschied bei der Zustimmung 65 % zu 44 %, beim Abbiegeassistenten 46 % zu 33 % und beim Notbremsassistenten 53 % zu 31 % (jeweils Baujahr 2021 und jünger im Vergleich zu Baujahr 2011 bis 2020) – ein Indiz dafür, dass die eigene Nutzung die Wertschätzung für Fahrerassistenzsysteme erhöht, die in neueren Modellen stärker verfügbar und damit erlebbar sind.

Kurz: Je neuer das Fahrzeug, desto größer die Zustimmung zur Sicherheitswirkung von Fahrerassistenzsystemen. „Wir betrachten dieses Ergebnis als Bestätigung unserer Arbeit und als Auftrag, das Vertrauen in neueste Sicherheitstechnologie weiter auszubauen und, wo erforderlich, auch aufzubauen. Continental setzt auf technologischen Fortschritt, um Lösungen für eine zunehmend sichere, intelligente und nachhaltige Mobilität zu entwickeln“, betont Mabire.

Unfallstatistik belegt Risikosenkung durch Assistenzsysteme

Die Unfallstatistik belegt, dass die von älteren Autofahrern bevorzugten Fahrerassistenzsysteme geeignet sind, das Unfallrisiko in dieser Gruppe zu senken. Denn sie wirken Ursachen entgegen, die laut Statistischem Bundesamt besonders oft zu Unfällen mit Senioren am Steuer führen – wie etwa Fehlverhalten beim Abbiegen, Rückwärtsfahren, Ein- und Anfahren oder Abstandhalten.

Welche Eigenschaften Fahrzeugfunktionen haben sollten, um ihre Akzeptanz und das Sicherheitsgefühl der Autofahrer zu steigern, ist für Entwickler eine wichtige Frage. In der Continental-Umfrage äußert eine klare Mehrheit in allen Altersgruppen – und hier mit den Spitzenwerten unter den Befragten mit neueren Autos ab Baujahr 2021 –, dass sie sich sowohl durch die Bedienbarkeit als auch den Funktionsumfang von Fahrerassistenzsystemen in modernen Pkw persönlich sicherer fühlt. Dabei ist sowohl den jüngeren Altersgruppen als auch den Befragten über 70 Jahre wichtig, dass Fahrzeugfunktionen wie Fahrerassistenzsysteme, aber auch die Klimaanlage und das Infotainment, einfach zu bedienen sind.

Schlüsselfaktoren für Unsicherheit beim Autofahren

Die Umfrageergebnisse decken auf, welche Faktoren Autofahrer im Verkehr als besonders unangenehm wahrnehmen. Demnach lösen in allen Altersgruppen vor allem ungünstige Witterung (50 %), andere Verkehrsteilnehmer (49 %) sowie schlechte Sicht (48 %) die größte Unsicherheit beim Autofahren aus. Der Altersgruppe 70 plus machen außerdem Nachtfahrten überdurchschnittlich (42 %) zu schaffen – ein möglicher Hinweis auf die häufig nachlassende Sehkraft bei Senioren.

Info

„Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung sehen wir den Bedarf und tragen mit unserer Expertise auch dazu bei, individuelle Mobilität bis ins hohe Alter mit einem hohen Sicherheitsstandard zu verbinden“, erläutert CTO Gilles Mabire. Fahrerassistenzsysteme spielen dabei eine immer wichtigere Rolle. Continental trägt technologisch aktiv dazu bei, wenn ab dem 7. Juli innerhalb der EU bei Neuwagen einige Fahrerassistenzsysteme Pflicht werden. Sensoren, Software und eine intelligente Vernetzung sind die Basis für Fahrerassistenzsysteme. Allein 2023 hat Continental mehr als 39 Millionen Kameras, Radar- und LiDAR-Sensoren für assistierte und automatisierte Fahrfunktionen produziert. pm