Wenn Parkinson-Patienten Sport machen wollen, sollte ein hohes Verletzungsrisiko vermieden werden. Ansonsten ist von Nordic Walking über Krafttraining bis Bogenschießen oder Tischtennis alles möglich. Sehr gut sind Sportarten in Teams oder Gruppen geeignet, da sie zusätzlich die Kommunikation und Interaktion fördern. Foto: Rido/stock.adobe.com

Lesertelefon-Aktion: Sport bei Parkinson hilft Körper, Geist und Seele

Menschen mit Parkinson können mit Sport und Bewegung ihre Kraft, Ausdauer und ihr Gleichgewicht verbessern – und damit ihre Beweglichkeit und Lebensqualität steigern. Gleichzeitig kann gezielte körperliche Aktivität auch die psychischen und kognitiven Risiken der Erkrankung verringern.

Anlässlich des Welt-Parkinson-Tags 2025 informierten Experten der Parkinson Stiftung zum Thema Parkinson und Sport in der Lesertelefon-Aktion SPRECHZEIT. Wichtige Fragen und Antworten gibt es hier im Überblick:

Wie finde ich heraus, welche Sportart für mich geeignet ist?

Dr. med. Katrin Christina Sczesni: Folgen Sie ihren individuellen Neigungen und Interessen, denn es gibt grundsätzlich nur wenige Einschränkungen, die Sie berücksichtigen sollten. Die wichtigste ist, ein hohes Verletzungsrisiko zu vermeiden. Ansonsten ist von Nordic Walking über Krafttraining bis Bogenschießen oder Tischtennis alles möglich. Sehr gut sind Sportarten in Teams oder Gruppen geeignet, da sie zusätzlich die Kommunikation und Interaktion fördern. So wirkt Sport auch gegen das Risiko, sich aufgrund der Erkrankung selbst zu isolieren.

Sind Sportarten wie Radfahren oder Schwimmen bei Parkinson nicht zu gefährlich?

Dr. med. Florian Lange: Nicht, wenn sie den eigenen Fähigkeiten und Bedürfnissen angepasst werden. Gleichgewichtsproblemen beim Radfahren lässt sich begegnen, indem Sie ein Rad mit speziellen Sicherheitsvorkehrungen oder ein stationäres Modell nutzen. Auch beim Schwimmen, das als gelenkschonende Sportart die Muskulatur stärkt und die Atmung fördert, lassen sich Risiken minimieren. Achten Sie auf rutschfeste Oberflächen, verwenden Sie Schwimmhilfen und trainieren Sie in betreuten Gruppen. Insgesamt gilt: Regelmäßige körperliche Aktivität verbessert nicht nur die Motorik, das Gleichgewicht und die Koordination, sondern stärkt auch das Selbstvertrauen und kann depressive Verstimmungen mildern. Zudem deuten Studien darauf hin, dass Bewegung den Krankheitsverlauf und das Demenzrisiko günstig beeinflussen kann.

Ich habe schon lange keinen Sport mehr gemacht – wie schaffe ich den Einstieg?

Dr. med. Christine Daniels: Nach längerer Sportpause ist im höheren Lebensalter ein sportmedizinischer Check sinnvoll. Nähere Informationen erhalten Sie über Ihre Krankenkasse, die in vielen Fällen auch einen Teil der Kosten übernimmt. Generell sollten Sie mit leichten Übungen beginnen und sich langsam steigern. Wichtig ist es dabei, auf die eigenen Grenzen zu achten und sich nicht zu überlasten. Einstiegsprogramme beinhalten beispielsweise ein tägliches Programm für zehn Minuten im Sitzen. Anleitung durch einen Physiotherapeuten, einen persönlichen Trainer oder zumindest die Unterstützung durch Gleichgesinnte ist zu empfehlen und erhöht den Spaß an der körperlichen Betätigung.

Bei mir wurde Parkinson erst vor kurzem diagnostiziert. Ich war schon immer sportlich aktiv. Worauf sollte ich achten?

Prof. Dr. med. Dirk Woitalla: Es kommt darauf an, ob und welche Einschränkungen durch die Erkrankung bestehen – und welche Sportarten Sie betreiben wollen. Da die Reaktionsfähigkeit insbesondere bei komplexen Bewegungen eingeschränkt sein kann, sollten Sie Sportarten wie alpinen Skilauf, Fallschirmspringen oder Mountainbiken wegen des hohen Verletzungsrisikos meiden. Aus therapeutischer Sicht sind Sportarten zu bevorzugen, bei denen Ausdauer und Beweglichkeit gefördert werden. Eine Entscheidungshilfe kann ein Gespräch mit einem Physiotherapeuten/einer Physiotherapeutin sein.

Ich habe Hemmungen, mit meinen Einschränkungen einen Tanzkurs zu besuchen. Wer bietet Sport für Parkinson-Patienten an?

Dr. med. Margret Rausch-Hertel: Es gibt eine Vielzahl von Sport- und Bewegungsangeboten speziell für Menschen mit Parkinson – auch Tanzkurse sind dabei. Eine gute Anlaufstelle sind die örtlichen Selbsthilfegruppen unter dem Dach der Deutschen Parkinson Vereinigung (www.dpv-bundesverband.de). Angebote finden sich auch bei örtlichen Vereinen oder über die Volkshochschulen. Besonders empfehlenswert ist das Angebot von PingPongParkinson: In rund 200 Stützpunkten in ganz Deutschland können Parkinson-Erkrankte Tischtennis spielen – ein Sport, der viele Symptome der Erkrankung positiv beeinflusst. Mehr dazu unter www.pingpongparkinson.de.

Wie oft und wie lange sollte ich als Parkinson-Patient Sport machen?

UnivProf. Dr. med. Brit Mollenhauer: Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt grundsätzlich 150 bis 300 Minuten moderate sportliche Betätigung pro Woche. Menschen mit Parkinson sollten insgesamt möglichst zwei bis drei Stunden trainieren. Die Gesamtdauer kann, je nach Fitness, durchaus in kleine Einheiten aufgeteilt werden. Neben den positiven Effekten auf Beweglichkeit, Kraft, Ausdauer und Gleichgewicht bringt Sport weitere Vorteile mit sich: So können zum Beispiel die durch Sport ins Blut freigesetzten Myokine Entzündungsprozesse hemmen und das Darmmikrobiom in Richtung einer guten Darmflora verändern.

Eigentlich wage ich bei meinem Zustand kaum an Sport zu denken. Wie packe ich es konkret an?

Dr. med. Thorsten Süß: Wie so häufig bei sportlicher Aktivität ist es am wichtigsten, zunächst einmal anzufangen. Suchen Sie sich Aktivitäten, die Sie kennen und die Ihnen Spaß machen. Vielleicht hilft es Ihnen auch, in der Gruppe zu trainieren? Dann können PingPongParkinson-Gruppen, die es inzwischen bundesweit gibt, ein guter Startpunkt sein. Um Frustrationen vorzubeugen, sollten Sie Belastungen schrittweise erhöhen. Für weitere Details informieren Sie sich gerne auf der Webseite der Parkinson Stiftung unter www.parkisonstiftung.de.

Mein Mann war vor seiner Erkrankung sportlich sehr aktiv, aber seit der Diagnose hat er sich sehr zurückgezogen. Wie kann ich ihn unterstützen?

Dr. med. Thorsten Süß: Besprechen Sie mit Ihrem Mann, welche Aktivitäten ihm früher am meisten Spaß gemacht haben und wie man diese Aktivitäten in ein Sportprogramm einbauen könnte. Vielleicht können Sie ihn bei den ersten Versuchen begleiten oder sogar mit ihm zusammen trainieren? Allgemein kann sportliche Aktivität – allein, aber vielleicht noch mehr in einer Gruppe – den Antrieb verbessern und einem sozialen Rückzug entgegenwirken.

Wie gehe ich mit Wirkungsschwankungen der Medikamente um, wenn ich Sport machen will?

UnivProf. Dr. med. Brit Mollenhauer: Das muss individuell zusammen mit dem behandelnden Arzt betrachtet werden, denn manche Patienten benötigen bei Sport mehr Levodopa, andere eher weniger. Wichtig ist, ausreichend Levodopa einzunehmen, um Sport tatsächlich machen zu können. Langfristig besteht dann die Chance, mit weniger Medikamenten auszukommen.

Ich bin schon sehr lange an Parkinson erkrankt. Macht Sport auch bei fortgeschrittener Erkrankung Sinn?

Dr. med. Christine Daniels: Auch im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung ist ein körperliches Training sehr wertvoll und eine feste Säule der Therapie. Das Verletzungsrisiko ist aber ernst zu nehmen. Übungen im Stand stellen höhere Anforderungen an das Gleichgewicht und können mit einer Sturzgefahr einhergehen, so dass diese oft nur mit einer Hilfsperson möglich sind. Es gibt aber auch zahlreiche Übungen im Liegen oder Sitzen. Da aufgrund der Gleichgewichtsstörung Radfahren oft nicht mehr möglich ist, stellt ein Fahrradergometer oder Heimtrainer eine gute Alternative dar.

Wo bekomme ich mehr Informationen über das Thema Sport bei Parkinson?

Prof. Dr. med. Dirk Woitalla: Auf der Internetseite der Parkinson Stiftung stellen wir eine Reihe von Videos bereit, die Themen wie Sport und Bewegung, dynamisches Gehen, Verbesserung des Gleichgewichts oder der Feinmotorik anschaulich behandeln. Wenn es um eine geeignete Sportart oder die Erstellung eines für Sie geeigneten Trainingsplans geht, sprechen Sie mit Ihrer Physiotherapeutin/Ihrem Physiotherapeuten. Sie kennen „Ihren“ Parkinson und helfen Ihnen, sicher und effektiv zu trainieren.

Die Experten in der SPRECHZEIT waren:

  • Dr. med. Christine Daniels; Fachärztin für Neurologie, Oberärztin an der Neurologischen Klinik und Poliklinik, Universitätsklinikum Würzburg
  • Dr. med. Florian Lange; Facharzt für Neurologie an der Neurologischen Klinik und Poliklinik, Universitätsklinikum Würzburg
  • UnivProf. Dr. med. Brit Mollenhauer; Fachärztin für Neurologie, Chefärztin der Paracelsus Elena Kliniken – Zentrum für Parkinson-Syndrome und Bewegungsstörungen, Kassel; Professorin der Universitätsmedizin Göttingen, Abteilung Neurologie
  • Margret Rausch-Hertel; Fachärztin für Neurologie, Oberärztin, Paracelsus Elena Kliniken – Zentrum für Parkinson-Syndrome und Bewegungsstörungen, Kassel
  • Dr. med. Katrin Christina Sczesni; Fachärztin für Neurologie, Oberärztin an der Neurologischen Klinik der Katholischen Kliniken der Ruhrhalbinsel, Essen (St. Josef-Krankenhaus Kupferdreh)
  • Dr. med. Thorsten Süß; Facharzt für Neurologie, Leitender Oberarzt am Neurologischen Fachkrankenhaus für Bewegungsstörungen/Parkinson, Beelitz-Heilstätten
  • Prof. Dr. med. Dirk Woitalla; Vorstandsmitglied der Parkinson Stiftung, Facharzt für Neurologie, Chefarzt Neurologische Klinik der Katholischen Kliniken der Ruhrhalbinsel, Essen (St. Josef-Krankenhaus Kupferdreh)

Info

Die Heilung von Parkinson zu ermöglichen – mit dieser Vision setzt sich die Parkinson Stiftung mit Sitz in Berlin für die Belange von Menschen mit Parkinson ein. 2019 von der Deutschen Gesellschaft für Parkinson und Bewegungsstörungen gegründet, unterstützt sie die gemeinsame Forschung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern weltweit.

Ihr Ziel sind ein regelmäßiger Wissenstransfer und der Austausch zwischen den beteiligten Akteuren, der Forschung und den Betroffenen. Mit einer Online-Akademie, Broschüren und einer Podcast-Reihe macht die Stiftung den aktuellen Stand der Wissenschaft für Patienten sowie deren Angehörige verfügbar. Die Parkinson Stiftung finanziert ihre Arbeit überwiegend aus Spenden und Zuwendungen. Mehr Infos unter www.parkinsonstiftung.de

Was Betroffene und ihr Umfeld über Sport und Parkinson wissen sollten, hat die Parkinson Stiftung in einer neuen Broschüre zusammengefasst. Sie informiert über den Nutzen von gezielten Bewegungsprogrammen, gibt Tipps zu geeigneten Sportarten, zum Einstieg und zum Trainingsplan. Ergänzt wird das Angebot durch einen Praxisteil, der Übungen zur Verbesserung von Kraft, Ausdauer, Gleichgewicht und Beweglichkeit in Bild und Text vorstellt. Die Broschüre ist ab Mai 2025 unter www.parkinsonstiftung.de zur Bestellung oder zum Download verfügbar.    pm