
Es gibt verschiedene Glückshormone, aber die einzelnen Botenstoffe machen nicht im Alleingang glücklich. Vielmehr zeigen Studien, dass Veränderungen in diesen Systemen mit positiven oder negativen emotionalen Zuständen zusammenhängen. Aber wer denkt da schon daran, wenn er lachen muss oder euphorisch ist. Foto: Iuliia Metkalova/stock.adobe.com
Chemie des Wohlgefühls: Was Glückshormone wie Serotonin, Dopamin & Co. wirklich leisten
Glück ist kein Zufall. Zumindest nicht im menschlichen Körper. Ob wir uns nach einem Spaziergang beschwingt fühlen, nach einem guten Gespräch innerlich warm werden oder nach sportlicher Anstrengung zufrieden auf dem Sofa landen – hinter all dem steckt ein fein abgestimmtes Zusammenspiel sogenannter Glückshormone. Medizinisch korrekt heißen sie Neurotransmitter und Hormone, und sie beeinflussen nicht nur unsere Stimmung, sondern auch Motivation, Schmerzempfinden, Lernen und sogar das Immunsystem.
Was meint die Wissenschaft mit Glückshormonen?
Der Begriff Glückshormone ist kein fest definierter Fachausdruck der Medizin oder Neurowissenschaften, sondern eine populärwissenschaftliche Vereinfachung. In der Forschung spricht man stattdessen von Neurotransmittern und Neuropeptiden, die an der Regulation von Emotionen, Motivation, Belohnung und sozialem Verhalten beteiligt sind. Der umgangssprachliche Begriff hat sich dennoch etabliert, weil er komplexe neurobiologische Zusammenhänge verständlich zusammenfasst – vorausgesetzt, er wird nicht missverständlich verwendet.
Wichtig ist dabei die wissenschaftliche Einordnung: Einzelne Botenstoffe machen nicht im Alleingang glücklich. Vielmehr zeigen Studien, dass Veränderungen in diesen Systemen mit positiven oder negativen emotionalen Zuständen zusammenhängen. Glück im medizinischen Sinn ist kein eindeutig definierter Zustand, sondern ein Sammelbegriff für unterschiedliche Formen von Wohlbefinden. Die Neurobiologie kann vor allem kurzfristige positive Gefühle und Belohnungserleben messen, nicht jedoch Sinn, Lebenszufriedenheit oder persönliches Glück als Ganzes.
Die wichtigsten Glücksbotenstoffe
Serotonin gilt als Stimmungsstabilisator. Es sorgt für innere Ruhe, Zufriedenheit und emotionales Gleichgewicht. Ein stabiler Serotoninspiegel wird mit geringerer Depressionsanfälligkeit, besserem Schlaf und einem gesunden Appetit in Verbindung gebracht. Gebildet wird Serotonin vor allem im Magen-Darm-Trakt, aber seine Wirkung entfaltet es im Gehirn.
Dopamin ist der Motivator unter den Glückshormonen. Es wird ausgeschüttet, wenn wir Ziele erreichen, Erfolge erleben oder etwas Neues lernen. Dopamin treibt uns an, macht neugierig und sorgt dafür, dass wir uns an positive Erfahrungen erinnern. Medizinisch relevant ist Dopamin auch, weil Störungen im Dopaminsystem unter anderem bei Parkinson oder Suchterkrankungen eine Rolle spielen.
Endorphine sind körpereigene Schmerzmittel. Sie werden bei Stress, sportlicher Belastung oder auch beim Lachen freigesetzt. Endorphine können Schmerzen lindern und gleichzeitig ein Gefühl von Euphorie erzeugen. Bekannt ist dieses Phänomen als „Runner’s High“.
Oxytocin wird oft als Bindungshormon bezeichnet. Es stärkt soziale Beziehungen, fördert Vertrauen und wird bei Nähe, Berührung und positiven sozialen Interaktionen ausgeschüttet. Auch während der Geburt und beim Stillen spielt Oxytocin eine zentrale Rolle.
Glück ist mehr als gute Laune
Aus medizinischer Sicht sind Glückshormone weit mehr als bloße Stimmungsaufheller. Sie beeinflussen Herz-Kreislauf-Funktionen, Stressreaktionen und Entzündungsprozesse. Chronischer Stress kann dieses fein austarierte System stören – mit Folgen für Psyche und Körper. Umgekehrt zeigen Studien, dass stabile soziale Beziehungen, Bewegung und strukturierte Tagesabläufe messbar positive Effekte auf die Hormonbalance haben.
Kann man Glückshormone gezielt fördern?
Die Wissenschaft ist sich einig: Wunderrezepte gibt es nicht. Aber bestimmte Lebensgewohnheiten wirken nachweislich günstig auf das neurochemische Gleichgewicht. Regelmäßige körperliche Aktivität steigert Endorphin- und Serotoninwerte. Tageslicht beeinflusst die Serotoninbildung positiv. Soziale Nähe und verlässliche Beziehungen fördern Oxytocin. Entscheidend ist dabei nicht der kurzfristige Kick, sondern die langfristige Stabilität.
Gut zu wissen…
- Ob Poeten oder Philosophen schon an diesen selten einmal euphorisch besungenen Ort dachten, als sie über Wesen und Ursprung des Glücks geschrieben haben? Rund 90 Prozent des körpereigenen Serotonins entstehen nämlich im Darm.
- Spaß haben auf Krankenschein, etwa live bei einer Comedy-Show? Warum nicht? Lachen kann die Endorphinausschüttung messbar erhöhen. Das kann euphorisch machen und auch Schmerzen lindern.
- Schon kurze soziale Berührungen können Kuschelhormon Oxytocin freisetzen. Darunter zählen aber nicht die unfreiwilligen Schulterrempler in überfüllten Bussen und S-Bahnen.
Wenn das Gleichgewicht aus dem Lot gerät
Medizinisch relevant wird das Thema Glückshormone besonders dann, wenn es zu Störungen kommt. Depressionen, Angststörungen oder chronische Schmerzen stehen häufig mit Veränderungen im Neurotransmitterhaushalt in Verbindung. Entsprechend setzen viele Therapien von Psychotherapie bis zu Medikamenten enau hier an. Wichtig ist: Eine fachliche Diagnose und Behandlung kann durch Selbstoptimierung nicht ersetzt werden. tok