Noch nie gab es so gute Schutzmöglichkeiten gegen eine RSV-Infektion und ihre üblen Folgen wie im Jahr 2023. Unter den Arzneimittel-Neueinführungen sind zwei Impfstoffe und ein vorbeugend einsetzbares Antikörpermedikament. Obwohl aus Deutschland viele Impulse für die medizinische Forschung kommen, fühlt sich die Pharmaindustrie dennoch vom Staat ausgebremst. Foto: Nhan/stock.adobe.com
Arzneimittel 2023: Forschende Pharmaindustrie hat geliefert, aber fühlt sich trotzdem ausgebremst
30 Medikamente mit neuem Wirkstoff haben Pharmaunternehmen 2023 in Deutschland eingeführt – sie bieten den Patienten in der Bundesrepublik innovative Möglichkeiten der Krankheitsvorbeugung und -behandlung. Doch die Zahl der neuen Präparate hätte aus Sicht der Industrie höher ausfallen können.
Gute Fortschritte bei RSV und Dengue-Fieber
RSV ist ein Virus, das Lunge und Atemwege befällt. Erkältungsähnliche Symptome sind typisch – doch insbesondere für junge Säuglinge, ältere Erwachsene sowie chronisch Kranke kann RSV auch lebensgefährlich werden. Seit 20. November erlebt Deutschland wieder eine Erkrankungswelle. Die gute Nachricht ist: Noch nie gab es so gute Schutzmöglichkeiten wie dieses Jahr. Denn unter den Arzneimittel-Neueinführungen sind „zwei Impfstoffe und ein vorbeugend einsetzbares Antikörpermedikament. Damit können insbesondere Menschen ab 60 Jahre und Kinder, die noch keine RSV-Saison erlebt haben, geschützt werden“, so der Verband der forschenden Pharma-Unternehmen (vfa) mit Blick auf seine Innovationsbilanz für 2023.
Neu ist in Sachen Prävention auch, dass erstmals eine Impfung gegen das Dengue-Fieber verfügbar ist. Diese Viruskrankheit tritt vor allem in subtropischen und tropischen Regionen auf – und zunehmend auch in Europa. Laut Weltgesundheitsorganisation wurde die Aedes-Mücke, Überträgerin des Virus, bereits in 24 europäischen Ländern registriert und es gab lokale Ansteckungen, zum Beispiel in Frankreich und Spanien. Die Klimakrise sorgt dafür, dass sich die Mücke auch in unseren Breiten zunehmend wohler fühlt.
Mit Innovationen gegen Krebs
Besonders groß was der medizinische Fortschritt in diesem Jahr für Krebspatienten: 12 von 30 Medikamenten kamen gegen unterschiedliche Tumorarten heraus. Darunter:
- 3 Arzneimittel zur Behandlung des Multiplen Myeloms – eine Erkrankung des Knochenmarks
- 3 Präparate zur Diagnose und Therapie von Prostatakrebs – es ist der häufigste bösartige Tumor in der männlichen Bevölkerung
- 1 Medikament gegen das Mammakarzinom – es ist Krebs Nummer 1 bei Frauen.
Unter den neuen Onkologika ist übrigens auch eine Gentherapie. Den Menschen in Deutschland stehen inzwischen insgesamt 16 Gen- und Zelltherapien zur Verfügung, die gegen verschiedene seltene Erkrankungen gerichtet sind – was lange Zeit reine Science-Fiction war, kommt zunehmend in der Realität an.
2023: „Gesetz bremst medizinischen Fortschritt“
In der Statistik der 30 Neueinführungen sind zwei Medikamente nicht mitgezählt, welche die herstellenden Unternehmen „nach nur wenigen Monaten wieder vom Markt genommen haben“, betont der vfa. Hinzu kommen weitere in Europa zugelassene Arzneimittel, die hierzulande gar nicht erst eingeführt wurden. Vfa-Präsident Han Steuel kritisiert deutlich das Ende 2022 beschlossene GKV-Finanzstabilisierungsgesetz „mit seinen Eingriffen in das Erstattungssystem“. Es habe dazu „beigetragen, Unternehmen von der Vermarktung einzelner Medikamente in Deutschland abzubringen. […] Das dürfte sich fortsetzen, bis in Deutschland wieder Marktbedingungen herrschen, die verlässlich medizinischen Fortschritt anerkennen.“ In den Jahren 2021 und 2022 wurden 46 und 49 Medikamente mit neuem Wirkstoff in Deutschland eingeführt.
Trotz erschwerter Bedingungen haben forschende Pharmaunternehmen auch 2023 wieder geliefert. Und sie haben nicht nur Neuheiten auf den Markt gebracht. „Gleich 24-mal haben sie […] vorhandene Medikamente für weitere Krankheiten anwendbar gemacht“, so der vfa. Auch davon profitieren die Menschen in Deutschland. Pharma-Fakten.de