Die Pille gilt seit mehr als 60 Jahren als eines der wirksamsten Verhütungsmittel. Aber immer mehr junge Frauen scheuen die hormonellen Risiken. Foto: thingamajiggs/stock.adobe.com
AOK-Analyse: Trend hin zu risikoärmeren Antibabypillen verstetigt sich
Der Anteil der bei den Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) versicherten Mädchen und Frauen, die kombinierte orale Kontrazeptiva (KOK), also Antibabypillen, zur Verhütung auf Kosten der Krankenkasse verschrieben bekommen, ist seit Jahren rückläufig. Diese Tendenz hat sich auch im vergangenen Jahr noch einmal verstärkt. Der Verordnungsanteil sank um vier Prozentpunkte auf 28 Prozent.
Frauen wollen weniger Nebenwirkungen
Das zeigt eine aktuelle Analyse der GKV-Verordnungsdaten, die dem Wissenschaftlichen Institut der AOK (WIdO) vorliegen. Damit verliert die klassische Pille als Verhütungsmittel in dieser Altersgruppe immer mehr an Bedeutung. Ebenso verstetigt sich der Trend hin zu risikoärmeren Pillen.
Wurden im Jahr 2013 in Baden-Württemberg noch 65 Prozent jener Präparate mit einem höheren Risiko für tiefe Beinvenenthrombosen und Embolien verordnet, waren es 2022 nur noch 46 Prozent. Die Pille wird für gesetzlich versicherte Mädchen und Frauen bis zum vollendeten 22. Lebensjahr von den Krankenkassen übernommen.
Pille ist besonders wirksam bei der Verhütung
Die Gründe für die Verstetigung dieser Entwicklung sieht Kerstin Dietrich, Apothekerin bei der AOK Baden-Württemberg, vor allem in der wachsenden Informiertheit und in einem größeren Bewusstsein der Mädchen und jungen Frauen um die Kehrseite der klassischen Pille. „Dass eine hormonelle Verhütung auch Risiken hat, wird gerade in den sozialen Medien immer stärker thematisiert“, so Dietrich.
Die Entscheidung für ein Verhütungsmittel bleibe eine individuelle Entscheidung, die nur unter gründlicher Abwägung der Risiken und des Nutzens getroffen werden sollte. Dazu gehöre aber auch der Fakt, dass die Pille seit mehr als 60 Jahren als eines der wirksamsten Verhütungsmittel gilt. Zudem würden Ärzte ihre Patientinnen auf Grundlage der medizinischen Vorerkrankungen und individuellen Lebensumstände beraten und über unterschiedliche Risiken, auch bezüglich Thrombose oder Embolie, aufklären.
Östrogene und Gestagene
Je nach Wirkstoffen und deren Kombination wird in Ein-, Zwei- oder Dreiphasen-Präparate unterschieden. Kombinierte hormonale Verhütungsmittel (KOK) wie die Pille enthalten immer zwei Arten von Hormonen: Östrogene und Gestagene. Im vergangenen Jahr wurden insgesamt 110 unterschiedliche KOK-Präparate verordnet. In Bezug auf Schwangerschaftsverhütung sind sämtliche Gestagene gleich wirksam.
Als risikoärmer gelten kombinierte orale Kontrazeptiva, die unter anderem die Gestagene Levonorgestrel, Norethisteron und Norgestimat enthalten. Für die risikoreicheren Präparate ist bei den Verordnungsanteilen von 2013 bis 2022 in Baden-Württemberg ein Rückgang um 19 Prozentpunkte von 65 auf 46 Prozent zu verzeichnen. Frauen, die Kombinationspräparate nicht vertragen, können alternativ die Minipille nehmen, die ausschließlich Gestagen enthält.
Verordnungsanteil der Minipille gestiegen
Der Verordnungsanteil der Minipille stieg bundesweit von 0,85 Prozent im Jahr 2013 auf 2,78 Prozent im Jahr 2022. Andere Verhütungsformen wie Vaginalring und Hormonpflaster machen einen Anteil von zwei Prozent aus. Dies entspricht einem geringen Anstieg von einem Prozent seit dem Jahr 2013. „Auch kontrazeptive Alternativen sind nicht risikolos“, sagt Dietrich. Vaginalringe und Hormonpflaster sind ebenso Hormonkombinationspräparate mit einem erhöhten thromboembolischen Risiko. Sogenannte intrauterine Kontrazeptiva wie die hormonfreie Kupferspirale oder die Levonorgestrel-Spirale spielen bei den Anwenderinnen in der Altersgruppe zwischen 15 und 22 Jahren jedoch keine Rolle. AOK