72 Prozent der befragten Mitarbeitenden in 100 Büros in Österreich leiden unter Symptomen wie Kopfschmerzen, Müdigkeit oder gereizten Atemwegen. Das sind Beschwerden, für die eine schlechte Raumluft die Ursache sein könnte. Eine ganzheitliche Bewertung der Schadstoffbelastungen könnte hier Abhilfe schaffen. Foto: Juliaap/stock.adobe.co

72 Prozent der Mitarbeiter haben Beschwerden durch schlechte Raumluft im Büro

Die Luftqualität in Büros beeinflusst nicht nur die Leistungsfähigkeit, sondern auch die Gesundheit der Mitarbeitenden. Trotz dieser Bedeutung wird das Raumklima oft vernachlässigt. Eine erstmalig in diesem Umfang in Mitteleuropa durchgeführte Messaktion der Plattform „MeineRaumluft“ in Zusammenarbeit mit dem Institut für Ökologie, Technik und Innovation (OETI) lieferte nachdenklich stimmende Ergebnisse.

Trocken Raumluft und flüchtige organische Verbindungen

Die Messergebnisse aus den Büros in Österreich und die daraus entstandenen Analysen zeigen klaren Handlungsbedarf auch für Deutschland auf. Zwischen April und Juni 2024 wurden 100 Büros in Österreich auf ihre Luftqualität untersucht. Die Ergebnisse bestätigen, dass in vielen Büros die Luft zu trocken ist oder belastende Schadstoffe vorkommen.

Luftfeuchtigkeit: In einem Viertel der untersuchten Büros war die Luft zu trocken, was Augen und Atemwege (Nase, Bronchien) reizt und den körpereigenen Schutzmechanismus schwächt. Gerade im Winter erhöht eine schwache Abwehrkraft die Gefahr, sich eine Erkältung einzufangen. Die ideale Luftfeuchtigkeit in Innenräumen wird mit 40 % bis 60 % angesehen. Darüber könnte es zur Schimmelbildung kommen.

Schadstoffe (TVOC): In 15 Prozent der Büros wurden eine hygienisch auffällige Konzentration flüchtiger organischer Verbindungen (TVOC) gemessen, in 6 Prozent der Büros war die Situation sogar „hygienisch bedenklich“. Diese flüchtigen organischen Verbindungen stammen oft von Farben, Möbeln oder Reinigungsmitteln. Sie liegen zum Beispiel auch in der Luft, wenn neue Teppichböden ausgasen, oder in der Nähe flüchtige ⁠Nebenprodukte⁠ aus industriellen und gewerbemäßigen Vorgängen anfallen. Viele stören sich an solchen Gerüchen. Kopfschmerzen und Konzentrationsprobleme gehören zu den häufigsten Beschwerden der Mitarbeitenden. 

Feinstaub: Zwar lagen die Feinstaubwerte im Rahmen der Vorschriften, doch insbesondere Drucker und Kopierer erhöhen die Feinstaubbelastung. Die gute Nachricht der Messaktion der Plattform „MeineRaumluft“: In keinem Fall wurden die Feinstaub-Grenzwerte für PM2,5 überschritten wurden. Das war nur für PM10 einmal der Fall.

Formaldehyd: Formaldehyd als gasförmige Substanz führt vorwiegend zu lokalen Reizwirkungen der oberen Atemwege und der Augen. Die farblose, hochreaktive, stechend riechende gasförmige Verbindung gilt als wahrscheinlich krebserzeugend und keimzellmutagen beim Menschen. Formaldehyd wird zum Beispiel über Bodenbeläge, Möbel und Dämmstoffe an die Raumluft abgeben. Bei der Messaktion in den 100 Büros in Österreich konnte in keinem Fall Formaldehyd nachgewiesen werden. Auch ohne auffällige Werte bleibt Formaldehyd in vielen Möbeln ein potenzieller Schadstoff.

Der Cocktail-Effekt: Das unsichtbare Risiko

Luftschadstoffe werden meist einzeln untersucht, doch häufig treten sie in Mischungen auf. Dieser sogenannte Cocktail-Effekt beschreibt, dass die gleichzeitige Anwesenheit mehrerer Schadstoffe – auch wenn sie einzeln betrachtet unbedenklich erscheinen – die gesundheitliche Belastung für den Körper erheblich erhöhen kann. Die gleichzeitige Belastung durch TVOC, Feinstaub und Formaldehyd könnte die negativen Effekte auf das Wohlbefinden und die Gesundheit der Mitarbeitenden verstärken.

Peter Skala von der Plattform „MeineRaumluft“ fordert daher eine ganzheitliche Bewertung der Luftqualität: „Die Risikobewertung einzelner Schadstoffe greift zu kurz. Der Cocktail-Effekt in Büros sollte viel stärker erforscht und beachtet werden.“ Die Initiative ruft Unternehmen und Gesundheitsforschung dazu auf, die Gesamtheit der Belastungen im Innenraum ernst zu nehmen und ihre Auswirkungen breit zu kommunizieren.

Gute Luft für Gesundheit und Produktivität

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die Luftqualität in vielen Büros optimiert werden muss. 72 Prozent der befragten Mitarbeitenden leiden unter Symptomen wie Kopfschmerzen, Müdigkeit oder gereizten Atemwegen – Beschwerden, die auf schlechte Raumluft zurückzuführen sein können. Wenn fast drei von vier Mitarbeitern in den Büros über Probleme durch Raumluft klagen, sollte dies Anlass zu schnellen Reaktionen sein. Eine ganzheitliche Bewertung der Schadstoffbelastungen könnte hier Abhilfe schaffen und langfristig die Gesundheit und das Wohlbefinden der Mitarbeitenden sichern. pm/tok

Info

„MeineRaumluft“ ist eine in Österreich und Deutschland tätige und unabhängige Plattform, die sich zum Ziel gesetzt hat, eine breite Öffentlichkeit sowie Themenexperten und relevante Branchen in allen Fragen rund um das Thema „Gesundes Raumklima“ zu sensibilisieren und damit zu einer wesentlichen Verbesserung des Raumklimas beizutragen. Mehr Infos unter MeineRaumluft.de