Wie arbeitet unser Gehirn den ganzen Tag über? Wie können wir es dabei unterstützen und davon profitieren? Antworten darauf gibt Kognitionswissenschaftler und Wissenschaftsjournalist Bent Freiwald am 13. November im „Autorenforum Medizin: Bent Freiwald” im PZ-Forum der Pforzheimer Zeitung. Foto: ImageFlow(stock.adobe.com

Bent Freiwald im PZ-Forum: Wie unser Gehirn den Alltag meistert – und wie wir es dabei unterstützen können

Es gibt Bücher, die man mal eben so nebenher auf der Couch oder auf einer langweiligen Zugfahrt durchblättert – und solche, die man danach im Alltag nicht mehr aus dem Kopf bekommt. „Wer denkt, ist klar im Vorteil“ von Bent Freiwald gehört klar zur zweiten Sorte. Der Kognitionswissenschaftler und Wissenschaftsjournalist nimmt einen mit durch einen ganz normalen Arbeitstag für das Gehirn. Erleben kann man das am Donnerstag, 13. November, 19 Uhr im „Autorenforum Medizin: Bent Freiwald“ im PZ-Forum der Pforzheimer Zeitung.

Was passiert bei uns eigentlich den ganzen Tag lang im Gehirn? Wann machen die grauen Zellen eine Pause? Vom nächtlichen Traum über den ersten Kaffee, den Weg zur Arbeit, die Meetings, das Durchhänger-Tief bis zum Feierabendbier und dem späten Doomscrolling am Handy – Freiwald klärt uns auf, wie und warum wir so den ganzen Tag lang ticken. Und wie wir diese Erkenntnisse für uns nutzen können. Das Buch liest sich locker, ist witzig erzählt – und basiert dennoch auf handfester Forschung. Und das vermittelt der Autor auch live im PZ-Forum.

Was steckt medizinisch drin?

• Schlaf und Träume: Die Nachtruhe fürs Gehirn hat eigentlich weniger mit Ruhe zu tun: Tiefschlaf und REM-Phasen festigen nicht nur Erinnerungen, sondern „sortieren“ auch Emotionen. Wer dauerhaft gestresst ins Bett geht, schläft messbar schlechter – und ist am nächsten Tag weniger konzentriert.
• Koffein richtig nutzen: Kaffee blockiert Adenosinrezeptoren und macht kurzfristig wacher. Klinisch relevant: Ein „Caffeine Cutoff“, also kein Kaffeegenuss sechs bis acht Stunden vor dem Schlaf hilft, die Schlaflatenz nicht zu verlängern.
• Bewegung im Alltag: Schon der zügige Fußweg zur Arbeit hebt die Stimmung (Dopamin/Endorphine) und verbessert die Exekutivfunktionen. Mikrobewegungen und kurze Aktivpausen steigern die Durchblutung – und damit auch die Denkleistung.
• Konzentration und Meetings: Multitasking ist ein Mythos. Wer monotone Tasks bündelt, Pomodoro-Intervalle (25-minütige Arbeitsphasen, die von 5-minütigen Pausen gefolgt werden) nutzt und Reize reduziert, schützt sein Arbeitsgedächtnis vor Überlastung.
• Powernap statt Mittagskoma: Ein 10- bis 20‑minütiger Nap kann Reaktionszeit und Lernleistung verbessern, ohne „Sleep Inertia“ (Schlafträgheit, Schlaftrunkenheit) auszulösen.
• Musik und Fokus: Rhythmische, textarme Musik kann die Aufmerksamkeitssteuerung erleichtern. Gesanglastige oder sehr variable Tracks stören eher.
• Disziplin ist trainierbar: Disziplinierte Menschen bauen auf Rituale und „Reibungsarmut“: Sie machen Gutes leichter (Sporttasche gepackt) und Schlechtes schwerer (Handy außer Reichweite). Klingt nach klassischer Verhaltenstherapie – nur eben alltagstauglich verpackt.
• Alkohol am Abend: Der Feierabenddrink mag beim Einschlafen helfen, zerschießt aber die REM‑Phasen. Ergebnis: fragmentierter Schlaf, schlechtere Gedächtniskonsolidierung.
• Handy und Aufmerksamkeit: Dauerscrollen füttert das Belohnungssystem mit unvorhersehbaren Reizen. Konsequenz: Weniger tiefe Fokusphasen und mehr „kognitiver Jetlag“.
• Hunger und Hirn: Das Gehirn verrechnet Signale aus Magen, Darm und Hormonen (Ghrelin, Leptin, Insulin) zu einem Sättigungs‑ und Hungergefühl – praktisch vielleicht für Entscheidungen am Buffet, weniger praktisch bei Stress.

Kognitionswissenschaftler und Wissenschaftsjournalist Bent Freiwald präsentiert am 13. November, 19 Uhr im „ Autorenforum Medizin“ im PZ-Forum auf leicht verständliche Art wissenschaftliche Erkenntnisse aus seinem Buch „Wer denkt, ist klar im Vorteil“. Foto: ©Markus Tedeskino

Relevanz für den Alltag

Freiwald erklärt die Dauerleistung unseres Gehirns und zeigt dabei auch auf, was das für den Rest des Körpers bedeutet. Und er macht uns Mut: Wer jene Mechanismen kennt, trifft bessere Mikro‑Entscheidungen: Kaffee früher – nicht später. Wege zu Fuß. Meetings kürzer oder asynchron. Mittags ein kurzes Nickerchen. Abends Alkohol seltener und das Handy öfter auf Abstand. Das klingt banal, addiert sich aber zu merkbar besserem Schlaf, stabilerer Stimmung und mehr Fokus auf Wichtigeres.

Freiwald unterhält, aber er vereinfacht nicht blind. Seine lebendigen Beispiele aus dem Alltag kommen mit Hintergrundwissen und klaren, evidenzbasierten Einordnungen. Und er reimt sich auch nichts Halbgares zu heißen Insiderinfos zusammen, sondern benennt explizit, Wenn etwas noch nicht im Detail geklärt ist, wenn die Forschung erst noch eindeutige Ergebnisse liefern muss.

„Wer denkt, ist klar im Vorteil“ ist Brain‑Literatur ohne Besserwisserei: leichtfüßig, aber wissenschaftsnah. Wer seinen Kopf im Alltag ein bisschen schlauer nutzen will, findet hier eine erstaunlich praxistaugliche Bedienungsanleitung. tok

Ticket-Info

Live erleben kann man Bent Freiwald am Donnerstag, 13. November, 19 Uhr im „Autorenforum Medizin“ im PZ-Forum der Pforzheimer Zeitung, Ecke Post-/Luisenstraße 12 in 75172 Pforzheim.

Ihre Eintrittskarten können Sie telefonisch unter (07231) 933125 reservieren. Online-Tickets für die Veranstaltung erhalten Sie hier.

Buch-Info

Autor: Bent Freiwald (Jg. 1993), Kognitionswissenschaftler und Wissenschaftsjournalist („Krautreporter“), betreibt den Newsletter/Podcast „Das Leben des Brain“ (unter anderem ausgezeichnet beim „Goldenen Blogger“ 2023).  

Titel: „Wer denkt, ist klar im Vorteil. Wie du dein Gehirn im Alltag smarter nutzt“

Verlag: Kiepenheuer & Witsch | Umfang: 304 Seiten | ISBN: 978-3-462-00985-9

Preis: 20 Euro

Foto: Verlag KiWi-Paperback/Kiepenheuer & Witsch