Nicht selten müssen Senioren nach einer Pneumokokken-Infektionen mit großer Atemnot stationär behandelt werden. Sind die unteren Atemwege betroffen, kann es eine Lungenentzündung geben. Noch lebensbedrohlicher werden die Infektionen, wenn sich daraus eine Hirnhautentzündung oder eine Blutvergiftung ergibt. Foto: Framestock/stock.adobe.com

Zi-Studie: Magere Pneumokokken-Impfquote bei Senioren im Südwesten – Mehr Zuspruch im Osten

Ältere Menschen sind besonders durch lebensbedrohliche invasive Pneumokokken-Erkrankungen gefährdet. Die Ständige Impfkommission (STIKO) beim Robert Koch-Institut (RKI) empfiehlt daher die Pneumokokken-Impfung für die Risikogruppe der ab 60-Jährigen. Die Impfinanspruchnahme in dieser Altersgruppe bewegt sich jedoch auf einem niedrigen Niveau. Neben individuellen spielen auch regionale Faktoren eine maßgebliche Rolle bei der Inanspruchnahme von Präventionsmaßnahmen wie Impfungen.

Vor diesem Hintergrund hat das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) in einer wissenschaftlichen Studie regionale Indikatoren identifiziert, die mit einer niedrigen Pneumokokken-Impfinanspruchnahme verbunden sind.

Sehr geringe Impfquote unter den Senioren

Von den insgesamt 8,18 Millionen gesetzlich Versicherten zwischen 60 und 67 Jahren haben im Jahr 2023 gut 338.000 (4,14 Prozent) eine Pneumokokken-Impfung erhalten. Der Anteil der geimpften Versicherten war in den östlichen Kreisen deutlich höher als in den westlichen (6,18 Prozent versus 3,60 Prozent). Spitzenwerte verzeichneten die Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen-Anhalt. Auf Kreisebene variierte der Anteil der geimpften Versicherten zwischen 8,98 Prozent im Kreis Jerichower Land (Sachsen-Anhalt) und 0,80 Prozent im Kreis Schwäbisch Hall (Baden-Württemberg).

Im Musterländle scheint es generell eine gewisse Pneumokokken-Impfmüdigkeit zu geben. Im Kernland von Vital-Region.de kommen Pforzheim und der Kreis Calw auf eine magere Impfquote von 1,6 Prozent. In den umliegenden Landkreisen wie dem Enzkreis (2,4 Prozent), den Landkreisen Böblingen (2,4 Prozent) und Ludwigsburg (2,5 Prozent) oder dem Landkreis Karlsruhe (3,2 Prozent) oder der Stadt Karlsruhe (4,1 Prozent) liegen die Impfquoten zwar deutlich höher, aber dennoch unter dem Bundesdurchschnitt von 4,3 Prozent.

Impfkampagnen an regionalen Eigenheiten orientieren

Neben der regionalen Verteilung zeigten drei sozioökonomische Faktoren – die Arbeitslosenquote, das Bildungsniveau und die Siedlungsdichte – einen statistisch signifikanten Zusammenhang mit der Pneumokokken-Impfinanspruchnahme. Dabei stieg der Anteil der Geimpften grundsätzlich mit einer Zunahme der Arbeitslosenquote. Beim Bildungsniveau zeigte sich allgemein ein negativer Zusammenhang: Regionen mit einem höheren Anteil an Personen mit Hauptschulabschluss zeigten demnach eine geringere Inanspruchnahme von Pneumokokken-Impfungen. In der regionalen Analyse variierten diese Zusammenhänge jedoch. Daher sollten sich Impfangebote und Impfkampagnen an den spezifischen regionalen Erkenntnissen orientieren.

Im Norden des Landes waren Impfungen besonders gering in Regionen mit höherer Arbeitslosigkeit; Bildungsabschluss und Siedlungsdichte zeigten dort gemischte Zusammenhänge. Im Osten des Landes waren Impfungen hingegen besonders gering in Regionen mit niedriger Arbeitslosenquote, aber auch niedrigem Bildungsniveau und höherer Siedlungsdichte. In Westdeutschland waren niedrige Impfraten vor allem in Gebieten mit höherer Arbeitslosenquote, einem niedrigeren Bildungsniveau und geringerer Siedlungsdichte zu verzeichnen. Die Zusammenhänge variierten je nach Region in Süddeutschland.

Die regionalen Zusammenhänge für die untersuchten Indikatoren für einzelne Kreise sind auf der Website des Versorgungsatlas abrufbar. Interessierte können sich auf Kreisebene darüber informieren, welche Personengruppen am ehesten von einer gezielten Ansprache profitieren könnten.

Arztpraxen der ideale Ort für eine Impfung

„Ziel muss es gerade in dieser besonders vulnerablen Altersgruppe der ab 60-Jährigen sein, die Impfinanspruchnahme rasch und effektiv zu verbessern. Auffällig an unserer Analyse ist, dass sie sehr deutliche regionale Unterschiede bei der Wahrnehmung der Impfung, aber auch regional sehr unterschiedliche Muster bei der Ursachenanalyse aufweist. Unsere Studienergebnisse legen daher nahe, dass zielgerichtete Impfkampagnen regional angepasst werden sollten, um eine effektivere Ansprache zu ermöglichen. Eine Blaupause, wie die Kommunikation mit den Zielgruppen am besten erreicht werden kann, liefert die Studie jedoch nicht. Festzuhalten bleibt aber, dass der größte Teil derjenigen, die Vorteile von einer Impfung erwarten dürfen, zur Behandlung ohnehin ihre Ärztinnen und Ärzte aufsuchen. Deshalb sind die Praxen auch der geeignete Ort für die Durchführung der Impfung“, sagte der Zi-Vorstandsvorsitzende Dr. Dominik von Stillfried.

Info

Diese Untersuchung ist eine ökologische Studie auf Ebene der Landkreise und kreisfreien Städte, die im Zi-Versorgungsatlas erschienen ist. Auf Grundlage der bundesweiten vertragsärztlichen Abrechnungsdaten gemäß § 295 Sozialgesetzbuch (SGB V) aus dem Jahr 2023 sowie öffentlich verfügbaren Daten aus dem INKAR-Datensatz (Indikatoren und Karten zur Raum- und Stadtentwicklung) des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung ist untersucht worden, ob Zusammenhänge zwischen Impfinanspruchnahme bei Personen zwischen 60 und 67 Jahren im Jahr 2023 und regionalen Indikatoren bestehen.    pm/tok