Physiotherapie, Podologie, aber auch Ergotherapie sind mit zunehmender Pflegebedürftigkeit und steigendem Versorgungsbedarf wichtige Bausteine der Behandlung. Foto: Halfpoint/stock.adobe.com

Überdurchschnittlich viele Heilmittel-Verordnungen für Pflegebedürftige – Umsatz steigt um 5,3 Prozent

Pflegebedürftige Menschen ab 65 Jahre erhalten aufgrund ihres Gesundheitszustandes in Baden-Württemberg überproportional viele Behandlungen mit Heilmitteln. So entfielen 2022 von den rund 862.012 Heilmittel-Verordnungen für über 64-jährige Versicherte der AOK Baden-Württemberg knapp 50,3 Prozent (434.941 Verordnungen) auf pflegebedürftige Versicherte. Das zeigt der aktuelle Heilmittelbericht des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO).

Finanzielle Belastung von Pflegeheim-Bewohnern erreicht neuen Spitzenwert

Je höher der Pflegegrad, desto mehr Heilmittel werden beansprucht

Obwohl jeder vierte Versicherte der AOK Baden-Württemberg über 65 Jahre (27,7 Prozent) innerhalb des Jahres 2022 für mindestens einen Tag Leistungen der Pflegeversicherung bezog, entfielen fast 53,4 Prozent der Heilmittelbehandlungen (4 Millionen) und 62,8 Prozent der Ausgaben (rund 166 Millionen Euro) für diese Altersgruppe auf Pflegebedürftige. „Physiotherapie, Podologie, aber auch Ergotherapie sind mit zunehmender Pflegebedürftigkeit und steigendem Versorgungsbedarf wichtige Bausteine der Behandlung. Dies führt dazu, dass auf 2,3 Prozent aller unserer Versicherten 28,1 Prozent aller Heilmittelausgaben entfallen“, kommentiert René Thiel, Geschäftsbereichsleiter Abrechnung bei der AOK Baden-Württemberg, die Ergebnisse des aktuellen Heilmittelberichts.

Fast jeder zweite pflegedürftige Versicherte der AOK Baden-Württemberg ab 65 Jahre (42 Prozent) erhielt im Jahr 2022 mindestens eine Behandlung aus den Bereichen Physiotherapie, Ergotherapie, Podologie oder Sprachtherapie. Je höher der Pflegegrad, desto mehr Heilmittel werden in Anspruch genommen. Ab dem Alter von 80 Jahren sinkt die Behandlungsrate dann jedoch wieder. Der häufigste Grund für eine Heilmittelverordnung bei Pflegebedürftigen im Südwesten waren Symptome, die das Nervensystem und das Muskel-Skelett-System betreffen: Diese Diagnose war im Jahr 2022 bei 14,5 Prozent der pflegebedürftigen Heilmittelpatientinnen und -patienten (21.614 Versicherte) der Behandlungsanlass. Dahinter folgen mit 6,6 Prozent der Anteil der Patienten mit sonstigen Krankheiten der Wirbelsäule und des Rückens (14.244 Versicherte) und mit 6 Prozent der Anteil der Patienten mit Diabetes mellitus (14.735 Versicherte).

Der weit überwiegende Teil der pflegebedürftigen Versicherten im Südwesten ab 65 Jahre mit einer Heilmittelbehandlung erhielt Physiotherapie (36,4 Prozent), gefolgt von Podologie-Behandlungen (7,4 Prozent). Am häufigsten abgerechnet wurde in Baden-Württemberg die „normale“ Krankengymnastik (43,4 Prozent aller Behandlungen), mit großem Abstand gefolgt von der Manuellen
Lymphdrainage (15,8 Prozent) und von Krankengymnastik auf neurologischer Basis (13,3 Prozent).

Mehr Heilmittel-Bedarf bei Menschen mit ambulantem Pflegedienst

Schaut man differenziert nach Pflegesituation auf die Heilmittelverordnungen, zeigt sich in Baden-Württemberg: Bei Menschen, die von einem ambulanten Pflegedienst zu Hause gepflegt werden, ist die Behandlungsrate mit Heilmitteln am höchsten. In dieser Gruppe erhielten 47,8 Prozent der Pflegebedürftigen eine Heilmitteltherapie. Von den vollstationär versorgten Pflegeheim-Bewohnenden erhielten 43,9 Prozent mindestens eine Behandlung. Bei den Menschen in häuslicher Pflege ohne professionelle Unterstützung durch einen Pflegedienst war die Behandlungsrate von 40,2 Prozent dagegen deutlich niedriger. „In der differenzierten Betrachtung fällt auf, dass vor allem Menschen mit dem höchsten Pflegegrad 5, die im Pflegeheim leben, seltener mit Heilmitteln therapiert werden – möglicherweise, weil sie sich oftmals in der letzten Lebensphase befinden oder zu fragil und krank sind, um von einer Heilmitteltherapie zu profitieren“, so Thiel.

Laut Heilmittelbericht wurden für die rund 4,5 Millionen Versicherten der AOK Baden-Württemberg im Jahr 2022 insgesamt rund 2 Millionen Heilmittelverordnungen abgerechnet. Dahinter stehen rund 2,5 Millionen Leistungen und gut 17 Millionen einzelne Behandlungen. Je 1.000 Versicherte der Südwestkasse wurden 549 Leistungen abgerechnet, was einem Rückgang um 4,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Die Ausgaben der AOK Baden-Württemberg inklusive den Zuzahlungen der Patientinnen und Patienten hatten 2022 ein Volumen von rund 592 Millionen Euro; 2013 waren es noch rund 337 Millionen Euro. Je 1.000 Versicherte der AOK Baden-Württemberg wurden im Jahr 2022 Therapien im Wert von 131.623 Euro abgerechnet; der Heilmittelumsatz liegt damit 5,3 Prozent höher als im Jahr 2021. „Damit erreichen die Heilmittel-Ausgaben einen neuen Höchstwert. Wenn man sich die Entwicklung der vergangenen zehn Jahre anschaut, dann haben sich die Ausgaben in diesem Zeitraum nahezu verdoppelt“, sagt Thiel.   AOK

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