Unsere biologische Uhr im Gehirn, oft auch als innere Uhr bezeichnet, steuert grundlegende Körperfunktionen wie Hormonsekretion, Stoffwechsel und die Regulierung des Schlaf-Wach-Rhythmus. Wird die innere Uhr gestört, kann das zu gesundheitlichen Problemen führen. Foto: Pete - KI-generiert/stock-adobe.com

Tag-Nacht-Rhythmus: Unsere innere Uhr im Gehirn gibt den Zellen den Takt vor

„Der tickt doch nicht ganz richtig!“ Wer so etwa über eine andere Person sagt, spricht in der Regel ein gestörtes Verhalten an, ein vermeintlich unsinniges oder fehlerhaftes Tun an. Dass Menschen tatsächlich eine innere Uhr haben, ist inzwischen bekannt. Dass diese zuweilen „nicht ganz richtig“ tickt, kann zum gesundheitlichen Problem werden.

So hängen zum Beispiel Störungen der biologischen Uhr mit der Entwicklung depressiver Symptome zusammen, wie jüngst Ärzte und Forscher des Universitätsklinikums Freiburg und des Instituts für Neurowissenschaften (INCI) Strasbourg im Tiermodell herausgefunden haben. Aber was genau ist die innere Uhr des Menschen? Diese und andere Fragen beantwortet Dr. Ursula Marschall, Leitende Medizinerin bei der BARMER.

Wieso haben wir eine innere Uhr?

Dr. Ursula Marschall: „Woran liegt es eigentlich, dass Menschen in aller Regel am Tag aktiv sind und in der Nacht schlafen? Nur daran, dass es bei Tageslicht ungleich einfacher ist, den Alltag zu gestalten? Mitnichten. Tatsächlich hat sich der menschliche Körper im Laufe der Evolution an einen Tag-Nacht-Rhythmus angepasst. Tagsüber ist er aktiv, während nachts die Regeneration und Zellteilung ansteht. Gesteuert wird dies nicht nur durch eine einzige innere Uhr, sondern durch sehr viele in den menschlichen Zellen.“

Und wo tickt diese innere Uhr?

Dr. Ursula Marschall: „Die zentrale Uhr aber sitzt im Gehirn. Sie meldet dem Körper, ob es Tag oder Nacht ist, synchronisiert die inneren Uhren der Zellen und gibt ihnen den Takt vor. Auf diesem Wege können die inneren Uhren dann im Tages- und Nachtverlauf viele wichtige Körperprozesse steuern. Dabei handelt es sich zum Beispiel um den Blutdruck, die Hormonausschüttung, Hunger- und Sättigungsgefühl sowie die Aktivität des Stoffwechsels.“

Seit wann erforscht man die innere Uhr des Menschen?

Dr. Ursula Marschall: „Bereits seit den 60er-Jahren des letzten Jahrhunderts gab es Versuche, um den Biorhythmus zu erforschen. Als Pionier dieser Disziplin, der sogenannten Chronobiologie, gilt Jürgen Aschoff. In einem Bunker untersuchte der deutsche Wissenschaftler mehrere Wochen lang Freiwillige in totaler Isolation. Dabei stellte sich heraus, dass sich der normale Tag-Nacht-Rhythmus der Probanden zwar etwas verschob, aber nicht durcheinander kam. Die Schlussfolgerung lag nahe, dass der Körper über einen licht-unabhängigen Regelmechanismus verfügt. Die innere Uhr der Probanden folgte offenbar einem individuellen, genetisch festgelegten Rhythmus. Die eigentliche Herausforderung war damals der Moment, in dem die Testpersonen den Bunker verließen. Dann musste sich ihr Rhythmus erst wieder mit dem Sonnenlicht und der Umwelt synchronisieren.”   pm

Was steuert die biologische Uhr und was kann sie beeinflussen?

Die biologische Uhr des Menschen, auch als zirkadianer Rhythmus bekannt, ist ein internes Zeitmesssystem, das viele physiologische Prozesse im Körper steuert. Sie reguliert verschiedene Funktionen wie Schlaf-Wach-Zyklen, Hormonproduktion, Körpertemperatur und Stoffwechsel. Die biologische Uhr funktioniert durch die Synchronisation von biologischen Prozessen mit dem 24-Stunden-Zyklus der Erde. Sie wird hauptsächlich durch Licht und Dunkelheit beeinflusst. Licht, insbesondere das blaue Licht, spielt eine entscheidende Rolle bei der Regulierung des Schlafhormons Melatonin, das in der Dunkelheit produziert wird und den Schlaf fördert. Die Hauptstruktur, die die biologische Uhr steuert, ist der suprachiasmatische Nucleus (SCN) im Hypothalamus des Gehirns. Der SCN ist eigentlich autonom rhythmisch aktiv, wird aber mit dem täglichen Hell-Dunkel-Wechsel synchronisiert. 

Die biologische Uhr steuert eine Vielzahl von Prozessen, darunter:

  • Schlaf-Wach-Rhythmus: Bestimmt, wann wir müde sind und wann wir wach sind.
  • Hormonproduktion: Reguliert die Ausschüttung von Hormonen wie Melatonin und Cortisol.
  • Körpertemperatur: Beeinflusst die Körpertemperatur, die im Laufe des Tages schwankt.
  • Stoffwechsel: Beeinflusst, wie der Körper Nährstoffe verarbeitet und Energie nutzt.

Die biologische Uhr kann beeinflusst werden, jedoch ist dies oft mit Herausforderungen verbunden. Faktoren, die die biologische Uhr verändern können, sind:

  • Licht: Künstliches Licht, insbesondere in den Abendstunden, kann den zirkadianen Rhythmus stören.
  • Reisen über Zeitzonen: Jetlag tritt auf, wenn die innere Uhr nicht mit der neuen Zeitzone übereinstimmt.
  • Schichtarbeit: Unregelmäßige Arbeitszeiten können den natürlichen Rhythmus stören.
  • Lebensstil: Ernährung, Bewegung und Stress können ebenfalls Einfluss auf die biologische Uhr haben.

Um die biologische Uhr zu regulieren, können Strategien wie eine regelmäßige Schlafenszeit, ausreichende Tageslichtexposition und die Vermeidung von Bildschirmzeit vor dem Schlafengehen hilfreich sein.   tok