Insgesamt hat sich der Anteil der Adipositas-Diagnosen in Baden-Württemberg von 2012 auf 2022 um rund 21 % erhöht. Damit hat Baden-Württemberg im Ländervergleich trotzdem noch die niedrigste Steigerungsrate. Eine Diät alleine reicht oft nicht aus, um Adipositas zu bekämpfen. Foto: zinkevych/stock.adobe.com

Risikoreiche Adipositas: Immer mehr stark Übergewichtige in Baden-Württemberg

Auch gute Vorsätze fürs neue Jahr gefasst? Zu den Klassikern zählt der Wunsch, sein Gewicht zu reduzieren. Doch bei immer mehr Menschen in Baden-Württemberg reichen ein paar Pfunde nicht aus. Bei jedem elften Einwohner im Südwesten wurde Adipositas diagnostiziert, darunter bei mehr Frauen als Männern.

Insgesamt hat sich der Anteil der von Adipositas Betroffenen von 2012 auf 2022 um rund 21 Prozent erhöht (plus 26,6 Prozent bei Männern zu plus 18,5 Prozent bei Frauen). Damit liegt Baden-Württemberg jedoch deutlich unter dem bundesweiten Anstieg von gut 30 Prozent (41 Prozent bei Männern und 26 Prozent bei Frauen) und hat im Ländervergleich die niedrigste Steigerungsrate. Das zeigt eine Datenerhebung der KKH Kaufmännische Krankenkasse.

Viele Ursachen für Adipositas möglich

Bei Adipositas, auch Fettleibigkeit genannt, handelt es sich um eine Ernährungs- und Stoffwechselerkrankung, bei der das Übergewicht über das von Experten definierte Normalmaß hinausgeht. Betroffene Erwachsene haben einen Body-Mass-Index von 30 und mehr. „Viele denken bei den Ursachen für Übergewicht lediglich an ungesunde Ernährung und Bewegungsmangel“, sagt Dr. Sonja Hermeneit, Ärztin bei der KKH. Dabei gibt es eine Reihe weiterer Faktoren, die das Gewicht beeinflussen und zu Adipositas führen können.

„Dazu zählen Schlafstörungen, Stress, psychische Belastungen oder Erkrankungen, Schichtarbeit, die Einnahme bestimmter Medikamente wie Antidepressiva und Cortison, aus dem Takt geratene Hormone, Stoffwechselerkrankungen oder auch genetische Faktoren.“ Adipositas zieht sich durch alle Altersklassen.

Hohes gesundheitliches Risiko

Wichtig zu wissen: Das Körpergewicht beeinflusst das Risiko für ernstzunehmende Folgeerkrankungen, allen voran für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Brust-, Darm- und andere Krebsarten, Diabetes Typ 2 sowie chronische Atemwerkserkrankungen. Nicht zuletzt kann Fettleibigkeit die Lebensqualität mindern, die körperliche Belastbarkeit reduzieren, zu gesellschaftlicher Ausgrenzung, Einsamkeit und Ängsten führen, und sie kann die Lebenserwartung senken.

„Betroffene sind sich der gesundheitlichen Risiken meist sehr bewusst und wollen etwas dagegen unternehmen“, weiß Ärztin Hermeneit. „Doch ob im Fitness-Studio oder in der Arztpraxis, noch immer haben sie vielerorts mit Vorurteilen zu kämpfen: dick, faul, selbst schuld.“

Diskriminierung erschwert Abnehmen

Wissenschaftlich sind solche Vorurteile und Annahmen, wie etwa eine einfache Änderung des Lebensstils reiche aus, längst überholt. Doch im privaten wie beruflichen Alltag werden Betroffene oft noch immer diskriminiert und ziehen sich deshalb zurück. „Es ist ein Teufelskreis“, so Sonja Hermeneit. Ihr Appell: „Niemand sollte versuchen, dem herrschenden Schönheitsideal zu entsprechen. Hungerkuren belasten den Stoffwechsel und bringen keine dauerhafte Wirkung.“

Adipositas ist eine Erkrankung, die viele Ursachen haben kann. Ratsam ist deshalb zunächst eine Abklärung beim Hausarzt. Bestehen aufgrund des Gewichts gesundheitliche Risiken, kann dann individuell gemeinsam festgelegt werden, ob und welche Gewichtsabnahme in welchem Zeitraum medizinisch sinnvoll ist und welche Hilfsmittel dafür genutzt werden können. Die KKH unterstützt Versicherte bei der Behandlung, fördert beispielsweise eine nachhaltige Umstellung auf eine ausgewogene und vollwertige Ernährungsweise, regelmäßige sportliche Aktivitäten, Verhaltenstherapie und damit die körperliche wie seelische Gesundheit.

Info

Die KKH hat bundesweit Daten zur Häufigkeit von Adipositas (E 66 nach ICD-10) für die Jahre 2012 und 2022 ausgewertet. Rund 188.000 Versicherte erhielten 2022 bundesweit die Diagnose Fettleibigkeit (darunter rund 117.000 Frauen und rund 71.000 Männer). Damit stieg der Anteil von 2012 auf 2022 bundesweit insgesamt von 8,6 auf 11,2 Prozent, bei den Frauen von 9,9 auf 12,5 Prozent und bei den Männern von 6,8 auf 9,6 Prozent. Laut Deutscher Adipositas Gesellschaft leiden schätzungsweise 16 Millionen Menschen hierzulande unter der Erkrankung.    pm