Insbesondere das ungesunde viszerale Bauchfett gilt als Krebstreiber, nicht so sehr die Fettpölsterchen an Po und Beinen. Foto: Africa Studio/stock.adobe.com
Übergewicht steigert Krebsrisiko – Jährlich 30.000 neue Krebsfälle durch Adipositas
Starkes Übergewicht zählt zu den wichtigsten vermeidbaren, aber wenig bekannten Krebsrisikofaktoren. Jedes Jahr gehen in Deutschland etwa 30.000 Krebsfälle auf das Konto von Übergewicht und Fettleibigkeit.
Anlässlich der 5. Nationalen Krebspräventionswoche setzten sich die Deutsche Krebshilfe, das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) und die Deutsche Krebsgesellschaft (DKG) für Rahmenbedingungen ein, die es Menschen leichter machen, ein gesundes Körpergewicht zu halten oder zu erlangen. Werbeeinschränkungen für besonders übergewichtsfördernde Produkte sowie eine höhere Besteuerung stark fett- und zuckerhaltiger Lebensmittel müssen ein erster Schritt sein, um dieses Ziel zu erreichen, fordern die drei Krebsorganisationen.
7 % der Krebsneuerkrankungen durch Übergewicht
Kurzatmigkeit oder Gelenkbeschwerden und vielleicht noch Diabetes – das sind gesundheitliche Beeinträchtigungen, die viele Menschen mit Übergewicht und Fettleibigkeit in Verbindung bringen. Deutlich weniger bekannt ist, dass Übergewicht und besonders Fettleibigkeit, medizinisch als Adipositas bezeichnet, auch nicht zu unterschätzende Krebsrisikofaktoren sind. DKFZ-Forscher haben 2018 berechnet, dass fast 7 % der Krebsneuerkrankungen in Deutschland auf das Konto des Übergewichts gehen.
„Das bedeutet, dass jedes Jahr etwa 30.000 Menschen in Deutschland bedingt durch ihr Übergewicht an Krebs erkranken. Das sind 30.000 vermeidbare Krebsfälle“, sagt Prof. Dr. Dr. h.c. Michael Baumann, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Krebsforschungszentrums.
Vermeidbare Risikofaktoren
„Ich begrüße es sehr, dass die diesjährige Nationale Krebspräventionswoche Übergewicht und Adipositas als vermeidbare Risikofaktoren für eine Krebserkrankung in den Mittelpunkt stellt. Viele Menschen wissen, dass Rauchen und Alkoholkonsum bedeutsame Risikofaktoren für eine Krebserkrankung darstellen. Viel weniger bekannt dürfte sein, dass starkes Übergewicht und Adipositas das Risiko für eine Reihe von häufigen Krebserkrankungen wie Brustkrebs und Darmkrebs erhöhen“, sagt Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach.
Und, so Lauterbach weiter: „Durch die Beseitigung oder noch besser die Vermeidung dieser Risikofaktoren durch gesunde Ernährung und ausreichend Bewegung reduzieren wir nicht nur das Risiko für eine Krebserkrankung, sondern auch für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, den Typ-2-Diabetes und Gelenkerkrankungen.“
Prävention fängt im Kindesalter an
Doch ein gesundes Körpergewicht zu halten, ist nicht leicht in einer Welt voller Verführung durch hochkalorische Lebensmittel. „Höchste Priorität sollten daher präventive Maßnahmen haben, die es den Menschen leichter machen, sich ausgewogen zu ernähren und damit ihr Körpergewicht zu halten“, sagt Gerd Nettekoven, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krebshilfe. „Die Prävention von Übergewicht muss bereits im Kindesalter ansetzen, denn hier hat Übergewicht oftmals seinen Ursprung.“
Als wichtige Anreize für eine gesunde Ernährung gelten unter anderem ein Verbot von an Kinder gerichteter Werbung für übergewichtsfördernde Lebensmittel oder eine „gesunde Mehrwertsteuer“. Diese sieht eine höhere Besteuerung für stark zucker- oder fett- oder salzhaltige Nahrungsmittel vor, während Obst und Gemüse nicht besteuert werden. Auch verbraucherfreundliche Nährwertkennzeichnungen sowie ausgewogene Ernährungsangebote an Schulen könnten einen wichtigen Beitrag leisten.
Werbeverbot muss umgesetzt werden
Einige europäische Länder haben solche Präventionsmaßnahmen bereits umgesetzt: So besteuern beispielsweise England und Frankreich stark gezuckerte Limonaden, Portugal verbietet an Kinder gerichtete Werbung für ungesunde Lebensmittel. „In Deutschland haben wir dringenden Handlungsbedarf“, sagt Prof. Dr. Michael Ghadimi, Präsident der Deutschen Krebsgesellschaft. „Die Umsetzung des im Koalitionsvertrag beschlossenen Verbots von an Kinder gerichteter Werbung für Lebensmittel mit hohem Zucker- und Fettgehalt wäre ein wichtiger erster Schritt für die Krebsprävention.“
Um welche Krebsarten geht es?
Brustkrebs nach den Wechseljahren, Darmkrebs, Gebärmutterkrebs, Speiseröhrenkrebs und Nierenzellkrebs treten bei fettleibigen Menschen erheblich häufiger auf als bei Normalgewichtigen. Außerdem erkranken adipöse Menschen häufiger an Leber- oder Bauchspeicheldrüsenkrebs, an Eierstockkrebs oder an einem Multiplen Myelom. Studiendaten weisen auf einen Zusammenhang von Dosis und Wirkung: Je stärker ausgeprägt die Fettleibigkeit ist, desto höher das Krebsrisiko. Allerdings spielt das Übergewicht nicht bei allen Krebsarten eine gleich starke Rolle: Bei Gebärmutter- und Nierenkrebs oder bei Adenokarzinomen der Speiseröhre ist sogar fast die Hälfte aller Fälle durch Adipositas bedingt.
Wie treibt Fettleibigkeit die Krebsentstehung an?
Insbeondere das viszerale Bauchfett, das die inneren Organe umgibt, produziert viele entzündungsfördernde Botenstoffe. Sind sie dauerhaft erhöht, so entstehen chronische Entzündungen, die krebsfördernd wirken.
Die Fettzellen im Körper produzieren außerdem das Sexualhormon Östrogen, das wachstumsfördernd ist. Auch Krebszellen können dadurch zum Wachstum angeregt werden.
Übergewichtige Menschen produzieren mehr Insulin als Normalgewichtige. Insulin dient für viele Krebszellen als Wachstumsfaktor, weshalb ein durchgängig hoher Insulinspiegel das Krebswachstum antreiben kann.
Schlanke Kranke?
Insbesondere das ungesunde viszerale Bauchfett gilt als Krebstreiber, nicht so sehr die Fettpölsterchen an Po und Beinen. Deshalb haben oftmals auch Personen mit einigermaßen schlanker Statur ein erhöhtes Krebsrisiko, ohne davon zu ahnen. Das viszerale Fett ist stoffwechselaktiv und produziert entzündungsfördernde Botenstoffe. Die gute Nachricht: Wem es gelingt, sein Körpergewicht zu reduzieren, der reduziert damit gleichzeitig auch sein viszerales Bauchfett. Intensives Training kann beim Abbau des viszeralen Fetts helfen.
Weitere Informationen zur Krebspräventionswoche unter:
www.dkfz.de/krebspraeventionswoche
www.krebsgesellschaft.de/krebspraeventionswoche_2023.html
www.krebshilfe.de/informieren/ueber-krebs/krebs-vorbeugen/krebspraeventionswoche/
#WenigerIstWeniger
Zur Nationalen Krebspräventionswoche initiieren die drei Krebsorganisationen eine Social-Media-Kampagne, die dazu ermuntern soll, auf ein gesundes Körpergewicht zu achten. Die Botschaft: weniger Übergewicht, weniger Krebsrisiko!
Zwei Poster zur Kampagne #WenigerIstWeniger stehen zum Abdruck zur Verfügung unter: https://www.dkfz.de/de/nationale-krebspraeventionswoche/download/NKPW-Plakate.zip
DKFZ/Krebshilfe/DKG