Das Comeback des Keuchhustens: Tschechien verzeichnet die höchsten Fallzahlen seit 60 Jahren; Daten aus Dänemark zeigen für Ende 2023 und Anfang 2024 einen Anstieg der Erkrankungen, wie es ihn in den vergangenen zehn Jahren nicht gegeben hat. Auch in Deutschland sieht die Keuchhusten-Situation offenbar nicht viel besser aus. Foto: kostyha/stock.adobe.com
Immer mehr Keuchhusten-Fälle: Hohe Ansteckungsrate, stark unterschätzte Gefahr
In einigen Ländern Europas sind immer mehr Menschen von Keuchhusten betroffen. Eine Kinderkrankheit? Von wegen: Zwei Drittel aller Fälle treten bei Erwachsenen auf, „jeder Fünfte davon gehört zur Altersgruppe Ü-60“, erklärte Dr. Daniel Heinze von GlaxoSmithKline GmbH & Co. KG (GSK) während eines digitalen Pressegesprächs des Biopharma-Unternehmens. Prof. Dr. Jörg Schelling, Facharzt für Allgemeinmedizin, machte deutlich, wie gefährlich die Erkrankung sein kann, gerade für Risikopatienten. „Die Impfung ist die bestmögliche Maßnahme“, um sich zu schützen, betonte er.
Medien sprechen bereits von Keuchhusten-„Epidemie“
Tschechien verzeichnet die höchsten Fallzahlen seit 60 Jahren; Daten aus Dänemark zeigen für Ende 2023 und Anfang 2024 einen Anstieg der Erkrankungen, wie es ihn in den vergangenen zehn Jahren nicht gegeben hat. Medien berichteten von einer „Epidemie“ im Nachbarland der Bundesrepublik. „Auch in Deutschland sieht es leider nicht viel besser aus“, sagte Dr. Daniel Heinze, Senior Medical Advisor für Erwachsenen-Impfstoffe bei GSK, mit Blick auf die Keuchhusten-Situation.
Laut Robert Koch-Institut (RKI), so berichtet es das Onlineportal Pharma-Fakten.de, gab es in den ersten 17 Wochen von 2024 einen Anstieg um 173 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. In den meisten Ländern wurden während der COVID-19-Pandemie – aufgrund von Maßnahmen wie Lockdowns – kaum respiratorische Krankheiten registriert. „Wenn man die Fälle, die es 2024 in Deutschland bereits gab, auf das Gesamtjahr hochrechnet, dann ist man bei präpandemischen Dimensionen angekommen“, so der Experte.
Keuchhusten – eine unterschätzte Gefahr und Belastung
Keuchhusten (Pertussis) ist hochansteckend; in Europa führt ein einziger Fall zu fünf Neuinfektionen. „Die anfänglichen Symptome erinnern an eine banale Erkältung: Betroffene fühlen sich schwach, haben Halsschmerzen oder Schnupfen. Erst nach rund zwei Wochen folgen stakkatoartige, schmerzhafte Hustenschübe. Diese ähneln wiederum einem Reizhusten oder einer Bronchitis“, heißt es seitens GSK.
Häufig fehlen Symptome sogar gänzlich – das Problem: „Wir haben ganz oft eine viel zu späte Diagnosestellung, wir haben eine enorm hohe Dunkelziffer“, unterstrich Allgemeinmediziner Prof. Dr. Schelling. Keuchhusten kann so unwissentlich weitergegeben werden. Vielfältige Komplikationen sind möglich. Dr. Heinze weiß: „Bei Säuglingen kann es oft zu Hospitalisation kommen und zu Apnoen, bis hin zu Tod. Bei Erwachsenen sind die häufigsten Komplikationen: Lungenentzündungen, Harninkontinenz durch das starke Husten und Rippenfrakturen.“
In vielen Fällen sei Pertussis zwar nicht lebensbedrohlich; aber die bakterielle Infektionskrankheit könne die Lebensqualität „signifikant“ beeinflussen, führte Schelling aus. Er nannte Beispiele: „Bei einer Patientin mit Osteoporose, bei der die Knochen schon vorgeschädigt sind, sind zusätzliche Rippenfrakturen extrem belastend“. Das habe Auswirkungen „über Monate oder länger hinaus“. Und auch über eine mögliche Inkontinenz werde „viel zu wenig gesprochen“ – sie schränke unter anderem das Sozialleben massiv ein.
Säuglinge ohne Impfschutz besonders gefährdet
Besonders durch Pertussis gefährdet sind Säuglinge, die noch keinen eigenen Impfschutz haben, sowie ältere Erwachsene, bei denen das Immunsystem nachlässt. Zudem spielen bestimmte Grunderkrankungen eine Rolle: „Eine aktuelle Analyse der bestätigten Keuchhusten-Fälle in Deutschland von 2015 bis 2019 zeigt, dass insbesondere chronische Atemwegserkrankungen, wie COPD oder Asthma, das Pertussis-Risiko stark erhöhen“, erklärte Schelling, der an der im Fachblatt „Infectious Diseases and Therapy“ erschienenen Studie mitgewirkt hat.
Demnach haben Asthma-Patienten eine 2,7-fach erhöhte Wahrscheinlichkeit für eine Keuchhusten-Diagnose im Vergleich zu Personen ohne Asthma. Die Untersuchung veranschaulicht zudem, dass bei einer chronischen Grunderkrankung eher Komplikationen auftreten – am häufigsten sind dann Krankenhausaufenthalte, Atembeschwerden und Lungenentzündungen.
Impfstatus überprüfen lassen und Immunisierung in der Schwangerschaft
„Umso wichtiger, dass gerade ältere Menschen mit Grunderkrankungen den eigenen Impfstatus überprüfen lassen und so sicherstellen, dass sie vor einer Keuchhusten-Infektion geschützt sind”, betonte der Allgemeinmediziner. Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt – abgesehen von den Säuglingen und Kleinkindern – allen Erwachsenen ab dem 18. Lebensjahr, bei ihrer nächstfälligen Auffrischimpfung gegen Tetanus und Diphtherie einmalig mit einer Kombinationsvakzine gegen Keuchhusten geimpft zu werden. Doch die Impfquote liegt in dieser Bevölkerungsgruppe nur bei rund 50 Prozent.
Zudem kann eine Immunisierung in der Schwangerschaft den Säugling schützen. Schelling findet: „Kein Baby auf dieser Welt und in Deutschland soll an Keuchhusten versterben“. Die Impfung spielt da eine große Rolle, „sowohl in der Schwangerschaft“ als auch „zeitnah“ als Baby beziehungsweise Kind.
Die Schutzrate der Impfung sei gut, aber die Immunität lasse nach einer gewissen Zeit nach. Nichtsdestotrotz sei dies „die bestmögliche Maßnahme“, um Krankheit und Komplikationen so gut es geht zu verhindern. Und das Gute ist: Die Keuchhusten-Impfung kann auch zeitgleich mit anderen Impfungen, wie etwa gegen Gürtelrose, verabreicht werden. Der Allgemeinmediziner ergänzte: „Sie haben zwei Oberarme. Dann sollten die Kolleginnen und Kollegen die Gelegenheit nutzen, eine links und eine rechts zu impfen.“ Überhaupt sprach er sich für eine positive Grundhaltung zur Impfung von Arzt- und Patientenseite aus. Er weiß: Menschen vertrauen häufig auf den Rat von Medizinern. Er verwies auf Daten, die zeigen: Selbst wenn die Patienten negativ eingestellt waren, ließen sich nach ärztlicher Empfehlung 70 Prozent von ihnen impfen. pm/pharma-fakten